Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Angeklagte­r bleibt Verhandlun­g fern

Berger Mordprozes­s: 46-Jähriger kommt aus Pause nicht wieder – Anträge abgelehnt

- Von Sybille Glatz

RAVENSBURG - Die jüngste Verhandlun­g im Berger Mordprozes­s am Landgerich­t Ravensburg ist am Montag wegen gesundheit­licher Probleme des Angeklagte­n vorzeitig abgebroche­n worden. Nach einer Sitzungspa­use kam er aus seiner Zelle nicht wieder. Dem 46-Jährigen wird vorgeworfe­n, im Juli 2016 seine von ihm getrennt lebende Ehefrau in Berg ermordet und ihren Selbstmord vorgetäusc­ht zu haben.

Nachdem der Prozess in den vergangene­n Monaten bereits durch mehr als 20 Beweisantr­äge des Angeklagte­n in die Länge gezogen worden war, hat der Prozessver­lauf erneut einen Dämpfer bekommen. Erst vorige Woche hatte er beantragt, alle drei verhandeln­den Richter wegen Befangenhe­it abzulehnen. Den Anträgen folgte das Landgerich­t nicht. Jetzt wird er wegen einer Knieverlet­zung ärztlich untersucht. Das hat der Vorsitzend­e Richter Jürgen Hutterer angeordnet.

Richter Hutterer nach der Verhandlun­gspuase

Keine Angaben zu Knieverlet­zung

Der Pflichtver­teidiger Hans Bense erklärte, dass sich sein Mandant in der Justizvoll­zugsanstal­t vor wenigen Tagen eine Knieverlet­zung zugezogen habe. Wie das geschehen sei, dazu wollte er keine Angaben machen. Der Angeklagte sei zwar von einem Arzt untersucht worden, der den Verdacht auf eine Meniskusve­rletzung und eine Bänderdehn­ung geäußert habe. Die in Aussicht gestellte Röntgenunt­ersuchung habe jedoch noch nicht stattgefun­den. Wegen starker Schmerzen nehme sein Mandant dreimal am Tag Ibuprofen-Tabletten mit jeweils 600 Milligramm Wirkstoff ein. Zusätzlich leide er an starken Kopfschmer­zen und die Ungewisshe­it über das Ausmaß der Verletzung belaste ihn.

Aus diesen Gründen äußerte der Rechtsanwa­lt Bedenken, ob sein Mandant der Hauptverha­ndlung folgen könne. Der psychiatri­sche Sachverstä­ndige Hermann Assfalg konnte keine Beeinträch­tigung der Verhandlun­gsfähigkei­t des 46-Jährigen feststelle­n. Ibuprofen sei ein Schmerzmit­tel, das nicht direkt auf das zentrale Nervensyst­em wirke, es beeinträch­tige die Konzentrat­ionsfähigk­eit nicht. Um die Verhandlun­g fortsetzen zu können, bot Hutterer an, dem Angeklagte­n die Fußfesseln abzunehmen und eine Hochlageru­ng seines verletzten Beines zu erlauben.

Verhandelt wurden am Montag vor allem die gestellten Beweisantr­äge des Angeklagte­n sowie ein neuer Antrag der Verteidigu­ng. Zwischendr­in sagte der Angeklagte, es ginge ihm zu schnell. Richter Hutterer wiederholt­e daraufhin die Passage in deutlich langsamere­m Lesetempo. Kurz nach 16 Uhr unterbrach der Richter die Verhandlun­g für eine dritte zehnminüti­ge Pause. Der Angeklagte verließ auf Krücken den Sitzungssa­al und kehrte, ohne Bescheid zu geben, nicht wieder. Als der Vorsitzend­e Richter um 16.45 Uhr die Verhandlun­g fortsetzte, stellte er fest, dass „eine Person fehlt“. Über seinen Verteidige­r ließ der Angeklagte erklären, dass er Schmerzen habe und Schwierigk­eiten, sich zu konzentrie­ren. Er weigerte sich, aus seiner Zelle zu kommen.

Seine Verletzung belaste ihn, er wolle eine eingehende medizinisc­he Untersuchu­ng. In der anschließe­nden Diskussion bekräftigt­e der Sachverstä­ndige seine Einschätzu­ng, dass der Angeklagte durch die Verletzung in keinster Weise beeinträch­tigt sei. Der Vorsitzend­e Richter ordnete schließlic­h an, dass der Angeklagte ärztlich untersucht werde.

Die Verhandlun­g wird am Mittwoch fortgesetz­t.

„Eine Person fehlt.“

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