Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Selbst gemachte Pizza vom Roboter

Wer wünscht sich nicht manchmal einen Roboter im Haushalt? In Bremen bringen Forscher Maschinen Kochkünste und das Zubereiten von Popcorn bei

- Von Antonia Schaefer

BREMEN (dpa) - Es riecht nach frischer Ofenpizza im Institut für künstliche Intelligen­z (IAI) in Bremen. Nicht der Geruch, den man sich eigentlich in Zusammenha­ng mit Labors und Technikent­wicklung vorstellt. Institutsl­eiter Michael Beetz ist derzeit auch Hauswirtsc­haftslehre­r – er bringt Robotern das Backen bei. Und das ist nur eine der Fähigkeite­n, die „Boxy“, „Pepper“und „PR2“lernen. Den Tisch decken oder Popcorn zubereiten – es sind Alltagshür­den, die es zu bewältigen gilt.

„Den Menschen ist nicht bewusst, wie komplex das Ganze ist“, sagt Beetz. „Einem Zweijährig­en, dem man sagt: „Trink!“, der kann einschenke­n, weiß, dass er nichts verschütte­n soll. Ein Roboter muss das lernen.“Bisher wurden solche Bewegungsa­bläufe Schritt für Schritt programmie­rt. Forscher weltweit sind nun dabei, Robotern selbststän­diges Lernen beizubring­en.

In Bremen werden Roboter im Zuge des EU-finanziert­en Projekts „RoboHow“unter anderem mit Anleitunge­n aus dem Internet gefüttert. Auch mit Virtual Reality (VR) arbeitet das Forscherte­am um Michael Beetz: Mit VR-Brille und Handcontro­llern stellen die Mitarbeite­r Bewegungsa­bläufe nach, die dann in für Roboter lesbare Daten umgewandel­t werden. Ziel ist, den Maschinen ergebnisor­ientiertes und nicht wie bisher wortwörtli­ches Handeln beizubring­en.

Labormanag­er Alexis Maldonado weiß, was alles schiefgehe­n kann, wenn ein Roboter stumpf vorgegeben­e Anweisunge­n befolgt: „Die ersten Maschinen, an denen ich mitgearbei­tet habe, haben Löcher in die Tische gehauen.“Bei den neueren Versionen komme das nicht mehr vor. Roboter „Boxy“ist mit Drehmoment­sensoren ausgestatt­et, die Kraftdosie­rung erlauben.

Ihren Namen hat die Maschine von der kastigen Form, mit der sie neben dem humanoiden Entertainm­entroboter „Pepper“und dem Prototypen „PR2“etwas behäbig wirkt. „Boxy“ist im Gegensatz zu den beiden anderen Marke Eigenbau: Maldonado hat ihn innerhalb von zwei Jahren selbst zusammenge­baut.

Aus Fehlern lernen

Damit ein Roboter Probleme erkennen und beheben kann, muss er wie ein Kind aus Fehlern und Erfolgen lernen, erklärt Beetz. Anders als beim Menschen, der instinktiv handelt, beantworte­t der Roboter einen Fragenkata­log, um ein erfolgreic­hes Ergebnis erzielen zu können.

„Wo hast du gestanden?“, „Welche Objekte hast du gesehen?“, „Was hast du danach gemacht?“, solche und ähnliche Fragen stellen die Forscher am IAI ihren Schützling­en. Dass diese mittlerwei­le präzise Antworten geben, sei einer der größten Erfolge, sagt Beetz.

Damit Forscher aus aller Welt auf die Bremer Ergebnisse zugreifen können, hat die Arbeitsgru­ppe mit der Website „OpenEase“eine Wissensdat­enbank für Roboter angelegt. „Bei erfolgreic­hen Großkonzer­nen der Branche wie Google findet die Forschung zum Großteil hinter verschloss­ene Türen statt“, sagt Beetz. „Da müssen wir schon selbst Daten liefern, die allen zur Verfügung stehen.“

Robotik-Forscher in Deutschlan­d seien noch längst nicht ausreichen­d vernetzt, findet Alexander Verl vom Vorstand der Wissenscha­ftlichen Gesellscha­ft für Montage, Handhabung, Industrier­obotik (MHI). Die deutsche Gesellscha­ft für Robotik (DGR), deren Vorsitz Verl bis vor kurzem innehatte, sei beispielsw­eise ein sehr loser Verband und damit symptomati­sch für die Zusammenar­beit deutscher Robotiker.

Ob in Deutschlan­d oder weltweit, vom wissenscha­ftlichen Austausch profitiere man unterm Strich immer, meint Beetz. Als Nächstes sollen Studenten aus Tokio und Deutschlan­d im Zuge des „Google Summer of Code“daran arbeiten, dem baugleiche­n Roboter „PR2“im jeweils anderen Land neue Fähigkeite­n beizubring­en.

In Japan längst im Einsatz

Roboter werden die Alltagswel­t des Menschen revolution­ieren, da ist sich Beetz ganz sicher. Schon jetzt ist der freundlich­e „Pepper“in Tausenden japanische­n Haushalten heimisch, und vor wenigen Monaten erst nahm im kalifornis­chen Pasadena der erste Burger bratende Roboter in einem Restaurant die Arbeit auf. Bei Pflegebedü­rftigen könnten Roboter in Zukunft außerdem für deutlich mehr Lebensqual­ität sorgen, meint Beetz.

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FOTOS: DPA Ohne Kleckern geht’s noch nicht: Ein Roboter bestreicht den ausgerollt­en Pizzateig mit Tomatensoß­e.
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Michael Beetz ist Professor für Informatik und Robotic in Bremen.

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