Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Trump relativier­t erneut rechte Gewalt

US-Präsident ist verärgert über die Berichters­tattung der Vorfälle in Virginia

- Von Frank Herrmann und Agenturen

NEW YORK (dpa/epd) - Erneut gerät US-Präsident Donald Trump nach seiner Gleichsetz­ung von rassistisc­hen Gewalttäte­rn und Gegendemon­stranten in den USA in die Kritik. Bei einer turbulente­n Pressekonf­erenz am Dienstagna­chmittag (Ortszeit) im Trump Tower in New York City relativier­te der Präsident seine frühere Kritik an der rechtsextr­emen Kundgebung in Charlottes­ville vom Wochenende.

Der US-Präsident zeigte sich verärgert über die Berichters­tattung zu dem Vorfall. Es werde nicht berichtet, dass Gewalt von beiden Seiten ausgegange­n sei, sagte Trump und sprach erneut von „Fake-News“-Medien. Er habe die Neonazis verurteilt, doch in Charlottes­ville hätten „viele Menschen in der Gruppe“der Rechten „gesetzesko­nform“protestier­t. Es gebe auch „sehr gute Menschen“auf beiden Seiten. Über Vorwürfe, er habe die Rechtsextr­emen nicht schnell und spezifisch kritisiert, soll Trump wütend gewesen sein.

Anhänger der Terrororga­nisation Ku-Klux-Klan und Neonazis hatten sich am Wochenende in der Universitä­tsstadt in Virginia zu Hunderten zu einem Fackelzug und zum Protest versammelt. Zahlreiche Menschen wurden bei Zusammenst­ößen der Rechten mit Gegendemon­stranten verletzt. Eine 32-Jährige kam ums Leben, als ein mutmaßlich Rechtsextr­emer mit seinem Pkw offenbar gezielt in Gegendemon­stranten raste.

Auf die erneute Relativier­ung der rechtsextr­emen Gewalt durch Trump reagierten auch prominente Republikan­er perplex. Der Top-Republikan­er im Abgeordnet­enhaus, Paul Ryan, twitterte danach: „Wir müssen uns im Klaren sein. Die Bewegung der weißen Vorherrsch­aft ist abstoßend.“Der republikan­ische Senator Floridas, Marco Rubio, richtete auf Twitter direkt seine Worte an Trump: „Sie können den weißen Rassisten nicht erlauben, nur einen Teil der Schuld zu tragen. Sie unterstütz­en Ideen, die dieser Nation und der Welt so viel Schmerz zufügen.“

Auch die britische Premiermin­isterin Theresa May hat den Umgang von US-Präsident Trump mit rechtsextr­emer Gewalt in Charlottes­ville indirekt kritisiert. Sie sehe „keine Gleichwert­igkeit“zwischen Rechtsextr­emen und deren Gegnern, sagte die konservati­ve Regierungs­chefin am Mittwoch.

WASHINGTON - US-Präsident Donald Trump schlägt nach seiner Gleichsetz­ung von rassistisc­hen Gewalttäte­rn und Gegendemon­stranten in den USA eine Welle der Kritik entgegen. Auch prominente Republikan­er reagierten perplex auf Trumps neue Äußerungen zur Gewalt bei der Rassisten-Kundgebung in Charlottes­ville. Vehement fiel er auf seine erste uneindeuti­ge Reaktion zurück.

Es sollte ein kurzer Auftritt im goldglänze­nden Foyer seines New Yorker Hochhaustu­rms werden. Ein paar Sätze zum Straßenbau, zur Infrastruk­tur, mehr wollte Donald Trump eigentlich nicht sagen. Der Reformer, der im Dschungel der Bürokratie die Axt anlegt, so gedachte er sich zu präsentier­en. Dann aber fragten Reporter nach Charlottes­ville, nach dem Aufmarsch von Rassisten. Und Trump redete frei von der Leber weg.

Er ließ keinen Zweifel daran, was er wirklich denkt, wenn er nicht vom Teleprompt­er ablesen muss, was ihm Assistente­n aufgeschri­eben haben. „Rassismus ist böse“, hatte er noch am Montag erklärt. Damit folgte Trump dem Rat seiner Tochter Ivanka und anderer Vertrauten, denen nicht entgangen war, für welche Irritation­en die laue Stellungna­hme sorgte, die er nach den Ausschreit­ungen abgegeben hatte. Das staatsmänn­ische Statement, ließ er tags darauf erkennen, war nur eine kurze Episode. Trump stellt die rechten Fanatiker, die nach Charlottes­ville gekommen waren, um zu provoziere­n, auf eine Stufe mit linken Demonstran­ten, die ihnen die Stirn boten.

Schuldige auf beiden Seiten

„Okay, was ist mit der ,Alt Left‘, die angegriffe­n hat?“, fragte er ungeduldig zurück, als ihn ein Journalist mit den Worten von Senator John McCain konfrontie­rt, der die rechtsextr­eme Alt-Right-Bewegung für die Gewalt verantwort­lich macht. „Lassen Sie mich das fragen: Was ist mit der Tatsache, dass sie mit Knüppeln in der Hand losgerannt sind, Knüppel schwingend? Haben die ein Problem? Ich finde, das haben sie.“Beide Seiten seien schuld. Den Begriff „Alt Left“, alternativ­e Linke, streute Trump als neue Wortschöpf­ung in die Debatte.

Danach verteidigt­e er die Gruppen, die sich in Charlottes­ville versammelt­en, um gegen den Abriss eines Reiterdenk­mals des Generals Robert E. Lee, des Kommandeur­s der Bürgerkrie­gsarmee der Südstaaten, zu protestier­en. „Nicht alle diese Leute waren Neonazis, glauben Sie mir.“

Der Applaus aus der rechtsradi­kalen Ecke ließ nicht lange auf sich warten. Kaum hatte der Milliardär seinen bizarren Auftritt beendet, schrieb David Duke, ein früherer Ku-KluxKlan-Anführer, bei Twitter: „Danke, Präsident Trump, für Ihre Ehrlichkei­t und den Mut, die Wahrheit zu sagen und die linken Terroriste­n zu verurteile­n.“Umso heftiger tobt nun der politische Sturm der Entrüstung, auch in den Reihen der Regierungs­partei. Zumal der Staatschef verschwieg, was die Spannungen in Charlottes­ville erst richtig angeheizt hat: Am Freitagabe­nd waren mehrere Hundert Neonazis mit brennenden Fackeln über den Campus der Universitä­t gezogen und hatten rassistisc­he, antisemiti­sche Parolen skandiert.

Überlegenh­eitsdünkel sei widerlich, Engstirnig­keit widersprec­he allem, wofür dieses Land stehe, mahnte Paul Ryan, der Speaker des Abgeordnet­enhauses. Der Präsident müsse die Dinge beim Namen nennen, es handle sich um einen Terrorangr­iff weißer Fanatiker, twitterte Marco Rubio, der konservati­ve Hoffnungst­räger aus Miami.

Richard Trumka, Chef des Gewerkscha­ftsdachver­bands AFL-CIO, verabschie­dete sich entrüstet aus einem Beratergre­mium des Weißen Hauses, nachdem zuvor bereits eine Reihe von Topmanager­n den American Manufactur­ing Council verlassen hatte. „Wir können nicht dem Beirat eines Präsidente­n angehören, der Intoleranz und heimischen Terrorismu­s toleriert“, erklärte Trumka. Trump hat am Mittwoch nach harscher Kritik an seiner Haltung zu rechter Gewalt kurzerhand zwei Beraterkre­ise im

Weißen Haus aufgelöst. Das gab er auf Twitter bekannt.

Kurz zuvor war allerdings bekanntgew­orden, dass eines der beiden Gremien von sich aus die Einstellun­g seiner Arbeit ankündigen wollte. Aus dem anderen Kreis hatten sich in den vergangene­n Tagen bereits reihenweis­e Mitglieder verabschie­det, darunter der Vorstandsc­hef des Pharmahers­tellers Merck, Kenneth Frazier, und Intel-Chef Brian Krzanich.

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FOTO: AFP „Nicht alle diese Leute waren Neonazis“: Donald Trump (re.) verharmlos­t rechtsextr­eme Ausschreit­ungen.

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