Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Trump relativiert erneut rechte Gewalt
US-Präsident ist verärgert über die Berichterstattung der Vorfälle in Virginia
NEW YORK (dpa/epd) - Erneut gerät US-Präsident Donald Trump nach seiner Gleichsetzung von rassistischen Gewalttätern und Gegendemonstranten in den USA in die Kritik. Bei einer turbulenten Pressekonferenz am Dienstagnachmittag (Ortszeit) im Trump Tower in New York City relativierte der Präsident seine frühere Kritik an der rechtsextremen Kundgebung in Charlottesville vom Wochenende.
Der US-Präsident zeigte sich verärgert über die Berichterstattung zu dem Vorfall. Es werde nicht berichtet, dass Gewalt von beiden Seiten ausgegangen sei, sagte Trump und sprach erneut von „Fake-News“-Medien. Er habe die Neonazis verurteilt, doch in Charlottesville hätten „viele Menschen in der Gruppe“der Rechten „gesetzeskonform“protestiert. Es gebe auch „sehr gute Menschen“auf beiden Seiten. Über Vorwürfe, er habe die Rechtsextremen nicht schnell und spezifisch kritisiert, soll Trump wütend gewesen sein.
Anhänger der Terrororganisation Ku-Klux-Klan und Neonazis hatten sich am Wochenende in der Universitätsstadt in Virginia zu Hunderten zu einem Fackelzug und zum Protest versammelt. Zahlreiche Menschen wurden bei Zusammenstößen der Rechten mit Gegendemonstranten verletzt. Eine 32-Jährige kam ums Leben, als ein mutmaßlich Rechtsextremer mit seinem Pkw offenbar gezielt in Gegendemonstranten raste.
Auf die erneute Relativierung der rechtsextremen Gewalt durch Trump reagierten auch prominente Republikaner perplex. Der Top-Republikaner im Abgeordnetenhaus, Paul Ryan, twitterte danach: „Wir müssen uns im Klaren sein. Die Bewegung der weißen Vorherrschaft ist abstoßend.“Der republikanische Senator Floridas, Marco Rubio, richtete auf Twitter direkt seine Worte an Trump: „Sie können den weißen Rassisten nicht erlauben, nur einen Teil der Schuld zu tragen. Sie unterstützen Ideen, die dieser Nation und der Welt so viel Schmerz zufügen.“
Auch die britische Premierministerin Theresa May hat den Umgang von US-Präsident Trump mit rechtsextremer Gewalt in Charlottesville indirekt kritisiert. Sie sehe „keine Gleichwertigkeit“zwischen Rechtsextremen und deren Gegnern, sagte die konservative Regierungschefin am Mittwoch.
WASHINGTON - US-Präsident Donald Trump schlägt nach seiner Gleichsetzung von rassistischen Gewalttätern und Gegendemonstranten in den USA eine Welle der Kritik entgegen. Auch prominente Republikaner reagierten perplex auf Trumps neue Äußerungen zur Gewalt bei der Rassisten-Kundgebung in Charlottesville. Vehement fiel er auf seine erste uneindeutige Reaktion zurück.
Es sollte ein kurzer Auftritt im goldglänzenden Foyer seines New Yorker Hochhausturms werden. Ein paar Sätze zum Straßenbau, zur Infrastruktur, mehr wollte Donald Trump eigentlich nicht sagen. Der Reformer, der im Dschungel der Bürokratie die Axt anlegt, so gedachte er sich zu präsentieren. Dann aber fragten Reporter nach Charlottesville, nach dem Aufmarsch von Rassisten. Und Trump redete frei von der Leber weg.
Er ließ keinen Zweifel daran, was er wirklich denkt, wenn er nicht vom Teleprompter ablesen muss, was ihm Assistenten aufgeschrieben haben. „Rassismus ist böse“, hatte er noch am Montag erklärt. Damit folgte Trump dem Rat seiner Tochter Ivanka und anderer Vertrauten, denen nicht entgangen war, für welche Irritationen die laue Stellungnahme sorgte, die er nach den Ausschreitungen abgegeben hatte. Das staatsmännische Statement, ließ er tags darauf erkennen, war nur eine kurze Episode. Trump stellt die rechten Fanatiker, die nach Charlottesville gekommen waren, um zu provozieren, auf eine Stufe mit linken Demonstranten, die ihnen die Stirn boten.
Schuldige auf beiden Seiten
„Okay, was ist mit der ,Alt Left‘, die angegriffen hat?“, fragte er ungeduldig zurück, als ihn ein Journalist mit den Worten von Senator John McCain konfrontiert, der die rechtsextreme Alt-Right-Bewegung für die Gewalt verantwortlich macht. „Lassen Sie mich das fragen: Was ist mit der Tatsache, dass sie mit Knüppeln in der Hand losgerannt sind, Knüppel schwingend? Haben die ein Problem? Ich finde, das haben sie.“Beide Seiten seien schuld. Den Begriff „Alt Left“, alternative Linke, streute Trump als neue Wortschöpfung in die Debatte.
Danach verteidigte er die Gruppen, die sich in Charlottesville versammelten, um gegen den Abriss eines Reiterdenkmals des Generals Robert E. Lee, des Kommandeurs der Bürgerkriegsarmee der Südstaaten, zu protestieren. „Nicht alle diese Leute waren Neonazis, glauben Sie mir.“
Der Applaus aus der rechtsradikalen Ecke ließ nicht lange auf sich warten. Kaum hatte der Milliardär seinen bizarren Auftritt beendet, schrieb David Duke, ein früherer Ku-KluxKlan-Anführer, bei Twitter: „Danke, Präsident Trump, für Ihre Ehrlichkeit und den Mut, die Wahrheit zu sagen und die linken Terroristen zu verurteilen.“Umso heftiger tobt nun der politische Sturm der Entrüstung, auch in den Reihen der Regierungspartei. Zumal der Staatschef verschwieg, was die Spannungen in Charlottesville erst richtig angeheizt hat: Am Freitagabend waren mehrere Hundert Neonazis mit brennenden Fackeln über den Campus der Universität gezogen und hatten rassistische, antisemitische Parolen skandiert.
Überlegenheitsdünkel sei widerlich, Engstirnigkeit widerspreche allem, wofür dieses Land stehe, mahnte Paul Ryan, der Speaker des Abgeordnetenhauses. Der Präsident müsse die Dinge beim Namen nennen, es handle sich um einen Terrorangriff weißer Fanatiker, twitterte Marco Rubio, der konservative Hoffnungsträger aus Miami.
Richard Trumka, Chef des Gewerkschaftsdachverbands AFL-CIO, verabschiedete sich entrüstet aus einem Beratergremium des Weißen Hauses, nachdem zuvor bereits eine Reihe von Topmanagern den American Manufacturing Council verlassen hatte. „Wir können nicht dem Beirat eines Präsidenten angehören, der Intoleranz und heimischen Terrorismus toleriert“, erklärte Trumka. Trump hat am Mittwoch nach harscher Kritik an seiner Haltung zu rechter Gewalt kurzerhand zwei Beraterkreise im
Weißen Haus aufgelöst. Das gab er auf Twitter bekannt.
Kurz zuvor war allerdings bekanntgeworden, dass eines der beiden Gremien von sich aus die Einstellung seiner Arbeit ankündigen wollte. Aus dem anderen Kreis hatten sich in den vergangenen Tagen bereits reihenweise Mitglieder verabschiedet, darunter der Vorstandschef des Pharmaherstellers Merck, Kenneth Frazier, und Intel-Chef Brian Krzanich.