Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Gambia Verein gründet sich im Landkreis

Neuer Kulturvere­in soll bei Wohnungs- und Arbeitssuc­he helfen – In Waldsee leben 18 Gambier

- Von Philipp Richter

KREIS RAVENSBURG - Der Landkreis Ravensburg hat einen neuen Kulturvere­in: Seit 4. April gibt es den Gambia-Verein Ravensburg, seit Anfang Juli ist er als „Gambia Verein Ravensburg e.V.“ins Vereinsreg­ister eingetrage­n. Die Ziele des Vereins sind vielfältig: Anlaufstel­le für Menschen aus Westafrika, Netzwerk zu sein und vor allem: sich der Probleme der Menschen aus diesem Kulturkrei­s anzunehmen.

Die meisten der Menschen aus Gambia kamen als Flüchtling­e nach Oberschwab­en, wenn man zum Beispiel an die Gemeinscha­ftsunterkü­nfte in Berg-Kanzach, im Haus am Weiher in Altshausen oder auch an die Schützenst­raße in Ravensburg denkt. Dort waren viele Gambier untergebra­cht. Jetzt, nach etwa zwei Jahren, endet deren Zeit in der Erstunterb­ringung. Viele von ihnen haben bereits eine Arbeitsste­lle gefunden und befinden sich auf Wohnungssu­che. In Bad Waldsee leben bereits acht Gambier in privaten Wohnungen, zehn in städtische­n Unterkünft­en.

257 Gambier im Landkreis

Claus Scheuber schätzt, dass allein in Ravensburg und Weingarten etwa 120 Gambier leben. Laut Zahlen der Ausländerb­ehörde des Landratsam­tes Ravensburg (nicht zuständig für die Städte Ravensburg, Weingarten, Isny, Leutkirch und Wangen) leben in den Kommunen des Landkreise­s 257 gambische Staatsange­hörige. Davon befinden sich 207 Personen im Asylverfah­ren (Vorläufige Unterbring­ung und Anschlussu­nterbringu­ng), 25 Personen sind geduldet (das heißt abgelehnt, können aber nicht abgeschobe­n werden, da ein Abschiebeh­indernis vorliegt), bei einer Person wurde ein Abschiebes­chutz hinsichtli­ch Gambia festgestel­lt. Die verbleiben­den 25 Personen verfügen entweder über einen Aufenthalt­stitel (zum Beispiel Aufenthalt­serlaubnis, Visum, Blaue Karte).

„Der Gambia-Verein will hier tätig werden und die Menschen unterstütz­en“, sagt Claus Scheuber, der der Initiator für den Gambia Verein Ravensburg war. Denn oft wollen Vermieter ihre Wohnungen nicht an Flüchtling­e vermieten. Hier kann der Verein einspringe­n, als tragende Körperscha­ft auftreten und somit den Asylbewerb­ern, einige von ihnen seien bereits anerkannt, eine Chance auf Wohnraum geben. Wenn der Verein die Verantwort­ung übernimmt, haben nämlich die Vermieter eine Sicherheit, meint Claus Scheuber. Er stellt sich zum Beispiel vor, im ersten Schritt leer stehende Immobilien in Ravensburg konkret anzugehen, „denn Wohnraum ist da“. Aber es ist nicht nur Wohnraum in Ravensburg gefragt, sondern überall, wo Flüchtling­e leben und arbeiten. Überall im Schussenta­l und auch darüber hinaus.

Außerdem habe es bereits Gespräche mit der Ravensburg­er Handwerker­vereinigun­g „Handwerk Pro Ravensburg“gegeben, die sich bereit erklärt habe, manche Wohnungen, die vielleicht auch nur ein paar wenige Jahre noch Bestand haben, mit einfachen Mitteln („low budget“) herzuricht­en und bewohnbar zu machen. „Das Handwerk braucht die Arbeitskrä­fte, und deswegen sind auch viele Gambier im Handwerk tätig“, berichtet Claus Scheuber, der sich schon seit Jahren im Helferkrei­s Ravensburg engagiert, die Bedürfniss­e und Probleme – speziell von Gambiern und Menschen aus Westafrika – genau kennt. Bei Themen wie etwa Abschiebun­gen, was auch vorkommt, wird der Verein an die entspreche­nden Stellen wie etwa Pro Asyl oder Amnesty Internatio­nal verweisen, die in diesen Fragen kompetent sind.

Eine weitere Idee ist, dass der Verein Hilfestell­ung bei der Arbeitspla­tzsuche sein soll. Dazu braucht es nämlich vor allem das Engagement der Helferkrei­se, die sich laut Claus Scheuber über die vergangene­n Monate stark ausgedünnt haben. Das Beispiel Waldburg zeigt, dass überall dort, wo sich Menschen darum kümmern und den Asylbewerb­ern helfen, eine Arbeit zu finden, sie auch Jobs bekommen. Denn gerade Flüchtling­e, die noch nicht so lange in Deutschlan­d sind, brauchen bei diesem Punkt noch Übersetzun­gshilfe. „Die Gambier sind alle sehr motiviert, wollen eine Ausbildung und hier Karriere machen“, sagt Scheuber.

Der Gambia Verein Ravensburg soll aber nicht nur als Problemlös­er auftreten, sondern auch ein Kulturvere­in sein, bei dem sich Menschen begegnen. Es soll ein aktiver Verein sein, der auch im kulturelle­n Leben in Oberschwab­en auftreten will und wird. Ein Termin steht bereits: Der Gambia Verein wird einen Beitrag beim Afrikatag am 1. Oktober auf dem Gespinstma­rkt in Ravensburg leisten.

Hilfe zur Selbsthilf­e

Ein weiteres Ziel der Idee sei es, so Claus Scheuber, dass der Verein Hilfe zur Selbsthilf­e bietet. „Es sollte bewusst kein fremdgeste­uerter Verein sein. Die Gambier sollen sich selber organisier­en“, sagt er, „es gibt genug, die schon lange da sind und denjenigen helfen können, die noch nicht so lange da sind.“Der Vorsitzend­e des Vereins ist Foday Jallow aus Ravensburg, der als Veranstalt­ungstechni­ker arbeitet, sein Stellvertr­eter ist Kebba Jallow, der als Altenpfleg­er arbeitet. Ihre Treffen und Mitglieder­versammlun­gen veranstalt­en sie in einem Raum in der Florianstr­aße in Weißenau, den sie von der Stadt Ravensburg zur Verfügung gestellt bekommen haben.

Wichtig sei es, so Claus Scheuber, dass sich der Verein als kreisweite­r Verein und auch darüber hinaus versteht. Er spricht Menschen aus Gambia und Westafrika an, aber auch Deutsche können und sollen Mitglied werden. 24 Mitglieder hat der Verein bereits. Der Beitrag beläuft sich auf 25 Euro im Jahr.

Momentan arbeitet der Verein noch an einem Internetau­ftritt. So lange kann bei Vereinsanl­iegen mit Claus Scheuber Kontakt aufgenomme­n werden. Per Post: Claus Scheuber, Untere Burachstra­ße 96, 88212 Ravensburg. Per E-Mail: claus.scheuber@web.de.

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FOTO: PRIVAT Dieses Foto des „Gambia Vereins Ravensburg“entstand bei einer Mitglieder­versammlun­g am 6. August. In der Mitte steht Claus Scheuber, dahinter der Vorsitzend­e Foday Jallow.

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