Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Mariä Himmelfahrt“steht hoch im Kurs
In Haisterkirch binden viele Frauen vor dem Festtag mehr als hundert Kräuterbüschel
HAISTERKIRCH (sz) - 18 Frauen haben sich am Vorabend von „Mariä Himmelfahrt“auf Einladung des Gartenbauvereins Haisterkirch in der Gemeindehalle eingefunden, um aus vielen mitgebrachten Blumen und Kräutern über hundert kleine Büschel zu binden.
Kräuterexpertin Irene Bänsch aus Kümmeratshofen klärte die Teilnehmerinnen über die Tradition des Kräuterbüschelbindens und die religöse wie volkskundliche Bedeutung dieses Brauchtums auf. Der Gartenbauverein Haisterkirch unter Leitung von Hildegard Volk hatte dazu noch weiteres Pflanzenmaterial zur Verfügung gestellt.
Schätze aus der Natur-Apotheke
Auf den Tischen in der Haisterkircher Halle waren eine große Menge verschiedener Kräuter wie Königskerze, Frauenmantel, Calendula, Goldrute, Melisse, Salbei, Pfefferminz, Lavendel, Dill, Schafgarbe, Wermuth, Johanniskraut, Bärlapp, Baldrian, Fenchel, Spitzwegerich und weitere ausgelegt worden. Irene Bänsch wusste über jedes Kräuterpflänzlein, das sie als Schatz aus der „Natur-Apotheke“ansieht, etwas über deren Heilkraft zu berichten.
Der Tradition zufolge wurden die Kräuterbüschel stets als Vielfaches der Zahl drei (religiöse Deutung: dreieiniger Gott) zusammengestellt. Dass bei der Vielzahl der Kräuter, dann auch ansehnliche Gebinde mit Büscheln von mehr als 20 Sortenarten zusammengestellt wurden, war selbstverständlich. Zum Brauchtum gehört auch die Art der Aufbewahrung in den Häusern. Anfänglich schmückte man damit den Herrgottswinkel und später in getrockneter Form wurde das Büschel im Haus aufgehängt und galt als Schutz gegen Unwetter und Krankheiten.
Am Dienstagabend, also am Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel, wurden in allen vier Pfarrkirchen der Seelsorgeeinheit Bad Waldsee Gottesdienste gefeiert , die mit der Kräuterweihe verbunden waren. Zum Festtagsgottesdienst in der Haisterkircher Pfarrkirche St. Johannes Baptist hatten sich viele Gläubige auch aus den Nachbargemeinden – mehr als hundert Frauen und etliche Männer – eingefunden, um mit Pfarrer i. R. Josef Mattes die Eucharistie zu feiern.
In seiner Predigt erinnerte Pfarrer Mattes an die besondere Rolle Mariens für die Gläubigen. Das weltweit bekannteste Preis- und Fürbittgebet „Ave Maria gratia plena“(zu deutsch: „Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnaden“) habe einen besonders hohen Stellenwert erlangt.
Aus dem lateinischen Wort „gratia“könne auch die deutsche Deutung für „gratis“hergeleitet werden, erwähnte Pfarrer Josef Mattes und merkte an: „Gratis haben wir vom Schöpfer die Pflanzenwelt bekommen, gratis können wir die Heilkraft der Kräuter nutzen und gratis erhalten heute alle Gottesdienstbesucher je ein geweihtes Kräuterbüschlein am Ende des Gottesdienstes.