Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Oberschwaben wird schottisch
Zum sechsten Mal finden die „Highländgames“in Wilhelmskirch statt
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HORGENZELL - Schottland zu Besuch in Oberschwaben. Männer und Frauen in rot karierten Röcken, fachmännisch Kilt genannt, bevölkern die große Festwiese gegenüber der Wilhelmskircher Dorfkirche. Aber auch blaue und violette Karo-Muster zeigen, dass unterschiedliche Clans sich bei den sechsten Oberschwäbischen Highländgames ein Stelldichein geben.
Weit über 1000 Besucher, so erste Schätzungen, verfolgten am Samstag das Spektakel rund um 16 Zweierteams aus ganz Süddeutschland. Das siegreiche Team „Woize Hoizer“mit den Kämpfern Lucas Bucher (Unterwaldhausen) und Florian Hauk (Illmensee) gewann mit großem Vorsprung. Sie verwiesen die letztjährigen Sieger Franz und Michael Ritzer aus Oberammergau und München auf den zweiten Platz und sicherten sich damit den Wanderpokal. Auf dem dritten Platz landeten Udo Maier (Rammingen) und sein Partner Leo Hahn (Bissingen).
Vera, Angestellte in einem großen Ravensburger Sozialunternehmen, besucht die Wilhelmskircher Highländgames bereits zum dritten Mal. Sie ist begeistert. „Die Organisation wird immer besser. Und die Spiele sind noch abwechslungsreicher als früher“, lobt sie die Veranstalter. Zu den Neuerungen gehörte auch, dass sich Kinder mit eigenen Disziplinen messen durften. Die Betreuung hatte dabei der Clan der Schwotten, dessen Mitglieder sich vor allem aus den Allgäuer Orten Kisslegg und Wangen rekrutieren. Diese begeisterten am Nachmittag vor ihrem mittelalterliche Lager auch durch ihre Schwertkampf-Vorführungen. Der schwäbische Schotte Finley McRae aus Kisslegg zeigte sich in seinem beeindruckenden Outfit auch als Helfer beim Sackhüpfen der Kleinen.
Es wird professionell
„Schottland und Schwaben, das passt einfach zusammen“, sagte Franz Brielmaier, Vorsitzender des Musikvereins Wilhelmskirch, der die Highländgames. Es gebe zwischen beiden Landsmannschaften viele Gemeinsamkeiten, nicht nur die Sparsamkeit. „Uns gefällt das Flair und das Umfeld der schottischen Traditionen. Das unterscheidet unser Dorffest von vielen anderen Zeltfesten in der Region.
Während es am Freitagabend beim Feierabendhock noch ängstliche Blicke zum Himmel gab, der Sturm und Regengüsse brachte, zeigte sich der Samstag zu den Wettkämpfen von seiner besten Seite. Zwar kamen immer wieder dunkle Wolken am Himmel über Wilhelmskirch auf, doch insgesamt überwog der strahlende Sonnenschein.
Als überaus sachkundiger Moderator kommentierte Markus Kaiser vom Musikverein Wilhelmskirch den Nachmittag über die Wettkämpfe. Kommentare gab es aber auch von weiblichen Besuchern des Spektakels. „Da sind ja wirklich ein paar ganz hübsche Burschen dabei“, hieß es anerkennend im Zwiegespräch zweier Damen, die die Teilnehmer mit Kennerblick taxierten. Eine hatte eine weitere Wertung auf ihrer Liste. „Beim ersten Mal kamen Leute mit Röcken von Omas Sofa hierher. Heute ist alles viel professioneller und damit auch schöner“, verglich sie die Erstauflage mit dem aktuellen Geschehen.
Mit viel Beifall bedacht wurden von den Zuschauern die Wettkämpfe. Da ging es darum, möglichst große Mengen von Most von einer Seite des Parcours auf die andere zu schöpfen. Angefeuert wurden die starken Männer, als es darum ging, schwere historische Traktoren mit dem Seil über den Platz zu ziehen. Mitgefiebert wurde mit den Teilnehmern, als es darum ging, einen gefüllten Sack mit der Heugabel über eine zunächst fünf Meter hohe Stange zu werfen. „Knapp daneben sagt der? Der war doch weit unter der Stange“, kritisierte eine junge Frau lachend. Leo Hahn schaffte als Einziger die acht Meter. Entsprechend große war der Jubel seiner Anhänger.
Die typisch schottische Paradedisziplin bei Wettkämpfen ist das Baumstamm-Werfen. Der Stamm mit einer Länge von vier Metern ist 20 Kilogramm schwer und muss sich beim Aufprall einmal überschlagen. Für die einzige Frau im Teilnehmerfeld, Diana Hiller aus Landsberg, gab es eine Ausnahme. Ihr Baumstamm war kürzer und damit leichter.
Neu im Programm war das Rollen eines Whisky-Fasses durch einen Stangenslalom. Allerdings wurde wohl zu Recht angezweifelt, dass sich in dem Fass wirklich 150 Liter hochprozentiger Whisky befand. Egal: Wolfgang Hiller zeigte sich nach seiner Runde erschöpft, aber glücklich.
Waldsees „Pipes & Drums“dabei
Das Rahmenprogramm, das den Mehr-Kämpfern Zeit zum Auftanken der Kräfte gab, erwies sich als hochkarätig. Geboten wurde eine Flugschau mit Greifvögeln aller Größen. Vom Weißkopfseeadler bis zur kleinen Eule, die Garuda-Falknerei mit Vanessa Müller aus Weil im Schönbuch, faszinierte die Zuschauer. Dass während der Schau auch Kinder mit einbezogen wurden erhöhte den Reiz der Vorführungen. Hautnah mit den beeindruckenden Greifvögeln Auge in Auge zu sein, das begeisterte die Beteiligten.
Nicht zuletzt sorgten die Dudelsackspieler der „Highland Pipes & Drums“aus Bad Waldsee sowohl während der Einlage am Nachmittag als auch am Abend vor der Siegerehrung für original schottische Stimmung. Fazit fast aller Besucher: Der Musikverein Wilhelmskirch ist mit dieser Veranstaltung auf dem richtigen Weg. Alle freuen sich auf die siebte Auflage 2018.