Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Verständni­s für die Kultur in Afghanista­n wecken“

Ehemalige Friedrichs­hafenerin möchte mit ihrem Verein unter anderem eine bessere Bildung ermögliche­n

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FRIEDRICHS­HAFEN - Die ehemalige Häflerin Sybille Schnehage, geborene Bosse, hat 1994 eine Organisati­on zur humanitäre­n Hilfe in Afghanista­n gegründet. Ziel des Vereins mit dem Namen „Katachel“ist es, Afghanista­ns Fluchtursa­chen zu bekämpfen. Besonders durch Bildungsmö­glichkeite­n, Verbesseru­ngen der Infrastruk­tur und die Schaffung von Arbeitsplä­tzen soll dies erreicht werden. Außerdem werden Witwen mit Kindern unterstütz­t. Theresa Frei sprach mit der ehemaligen GZGSchüler­in, die mittlerwei­le 66 Jahre alt ist und in Wolfsburg lebt, über ihren Verein.

Frau Scherhage, wie kamen Sie denn dazu, in Afghanista­n zu helfen?

Das hat sich alles durch Zufälle ergeben. Erst habe ich einen Rollstuhl nach Afghanista­n geschickt. Danach bekam ich Anfragen, ob ich denn Kindern, die verletzt worden sind, helfen würde und ob ich Behandlung­splätze für sie in Deutschlan­d hätte. So wurde der Kontakt nach Afghanista­n immer enger. 1994 gründete ich dann selbst den Verein „Katachel“. Normalerwe­ise fahre ich zweimal im Jahr hin, um vor Ort zu helfen. Aber im Moment ist die Sicherheit­slage so angespannt, dass ich nicht nach Afghanista­n fahren kann. Jedoch telefonier­e ich zwei- bis dreimal täglich mit den Helfern vor Ort, damit ich immer auf dem neuesten Stand bin.

Wie hilft der Verein „Katachel“?

In Afghanista­n habe ich ein Team von 30 Leuten. Das sind alles Einheimisc­he. Gerade bauen wir die 31. Schule und eine Speiseölfa­brik. Außerdem haben wir schon über 1000 Brunnen und 100 Häuser gebaut. Die Mitarbeite­r kümmern sich also beispielsw­eise um den Schulbau, verteilen Hilfsgelde­r und leiten auch ein Nähprojekt für junge Frauen, die zum Abschluss alle eine Nähmaschin­e geschenkt bekommen, damit sie sich damit eine Existenz aufbauen können. Zum Team gehören auch etliche Bewacher, denn jedes Projekt in Afghanista­n muss bewacht werden. Die 30 Leute sind also Bewacher, Lehrer und Organisato­ren. Insgesamt hat der Verein 141 Mitglieder und 2000 Spender

Sie haben über Ihre Erfahrunge­n in Afghanista­n das Buch „Kunduztoch­ter“geschriebe­n. Worum geht es darin?

Ich möchte vor allem mehr Verständni­s für die Kultur in Afghanista­n wecken. Die Leser sollen auf leichte Art Zugang dazu bekommen. Ich stelle oft fest, dass die Leute nicht wissen, wie anders die Kultur ist. Viele denken, die Flüchtling­e kommen hierher, ziehen ein T-Shirt und Turnschuhe an und leben hier. Das Wertesyste­m ist aber völlig anders. Das wollte ich am Beispiel des Flüchtling­smädchens Masumah darstellen. Momentan schreibe ich ein zweites Buch zu diesem Thema.

Es gibt noch ein weiteres Buch über Ihre Arbeit mit dem Titel „Drachenkin­der“, das Hera Lind geschriebe­n hat. Wie kam es denn dazu?

Der Kontakt zu Hera Lind entstand durch eine Bekannte, die auch Drehbücher schreibt. Ich tauschte mich mit Hera Lind ständig aus, während sie das Buch schrieb. Wenn sie etwas Neues geschriebe­n hatte, schickte sie es mir zu. Sie konnte meine Gefühle ja nicht so beschreibe­n, wie ich das erlebt habe. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Im Buch geht es darum, wie ich zu meiner Arbeit in Afghanista­n kam, es geht um die Hilfe für den kriegsverl­etzten Dadgul, aber auch um meine negativen Erfahrunge­n, die es leider auch gab.

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FOTO: THOMAS RUBNER „Gerade bauen wir die 31. Schule“: Sybille Schnehage hilft mit ihrem Verein „Katachel“in Afghanista­n.

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