Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Stadt Weingarten vermietet das Kultur- und Kongresszentrum an AfD
Verwaltung verweist auf rechtliche Verpflichtung – Polizei rechnet mit Gegendemo
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WEINGARTEN - Die Stadt Weingarten vermietet Räumlichkeiten an den Ravensburger Kreisverband der AfD. So wird am Mittwochabend eine Veranstaltung der Partei im Kulturund Kongresszentrum Oberschwaben stattfinden. Ab 19 Uhr wird Bundestagskandidat Martin Hess aus Ludwigsburg öffentlich zum Thema „Innere Sicherheit“im Alamannensaal sprechen. Während die Polizei ihre Präsenz verstärkt, verweist die Stadtverwaltung auf ihre rechtliche Verpflichtung.
„Da im Kultur- und Kongresszentrum Parteiveranstaltungen grundsätzlich zugelassen sind und die AfD als politische Partei dem Gleichheitsgrundsatz und dem Parteienprivileg unterliegt, besteht ein Rechtsanspruch auf Zugang zum Kulturund Kongresszentrum als öffentliche Einrichtung“, schreibt die Stadt Weingarten in einer Stellungnahme. „Deshalb konnten weder das Kulturund Kongresszentrum noch die Stadt Weingarten als Träger eine Inanspruchnahme des Hauses untersagen.“
Öffentliche Veranstaltung
Allerdings habe man die AfD ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Stadtverwaltung Wert darauf lege, dass die Veranstaltung öffentlich stattfinde und von der Presse begleitet werden dürfe, erklärt Oberbürgermeister Markus Ewald auf Nachfrage. Auch betont er, dass man für eine Gemeinderatssitzung im Herbst eine Vorlage ausarbeiten werde, um den Zugang der Presse zu Veranstaltungen im städtischen Eigenbetrieb Kuko als Mietbedingung festzuhalten. Andere Gemeinden in BadenWürttemberg haben das bereits gemacht (die SZ berichtete).
Sorge vor einer Klage
Im aktuellen Fall habe man „keine rechtliche Gundlage“gehabt, nicht an die AfD zu vermieten. Als öffentliche Hand müsse man an alle Parteien vermieten, die nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten seien. Andernfalls gäbe es für die Partei die „Möglichkeit einer Klage. Da würden sie zu 100 Prozent obsiegen“, sagt Ewald.
Dass die AfD überhaupt auf städtische Hallen zurückgreifen muss hat eine gewisse Vorgeschichte. Denn als sich die AfD Mitte Juli im Gasthof „Rössle“in Weingarten traf, demonstrierten rund 30 Demonstranten gegen die Veranstaltung. Doch weil in der Gasthof in der Nacht zuvor bereits mit Anti-AfDSprüchen beschmiert worden war, war die Polizei bei der Veranstaltung durchgängig vor Ort. So viel Unruhe und Diskussionen wollte der RössleWirt künftig nicht mehr haben, weswegen er seitdem nicht mehr an die AfD vermietet. Private Gaststättenbetreiber können durch ihr Hausrecht bestimmen, wer in ihre Räumlichkeiten darf und wer nicht.
So hatte auch der Betreiber der Ravensburger „Gasthaus zur Kiesgrube“auf SZ-Nachfrage erklärt, dass man nicht mehr an die Partei vermieten wolle. Zuvor hatte es mehrere Veranstaltungen der Partei in der „Kiesgrube“gegeben. Dadurch wurde auch ein grundsätzliches Problem der AfD deutlich. Kaum ein Gastwirt in Ravensburg und Weingarten vermietet noch an die Partei. Einzig die Verantwortlichen des „Bärengarten“in Ravensburg hatten vor mehren Wochen auf Nachfrage erklärt, dass als Gäste alle demokratischen Parteien kommen dürften.
Sinneswandel im Bärengarten
Allerdings hat sich auch dort die Meinung geändert. Aus Sorge vor Vandalismus sei man eingeknickt, sagte Inhaber Reinhard Klumpp. Dies bedaure man sehr und habe das auch AfD-Kreisverbandssprecherin Rosemarie Neher, die die Anfrage gestellt hatte, mitgeteilt. Neher hatte daraufhin bei der Stadt Weingarten angefragt. Auch der Ravensburger Schwörsaal und die Stadthalle in Wangen seien weiterhin Optionen, auf die man in wechselndem Abstand zurückgreifen wolle. Allerdings: „Der Schwörsaal ist vom Standort nicht optimal. Da ist mir das Kultur- und Kongresszentrum viel sympathischer“, sagt Neher hinsichtlich der Parkmöglichkeiten in Weingarten. Aus Sorge vor möglichen Gegendemos habe man die Veranstaltungen zwar über die Presse, nicht aber über die Sozialen Medien beworben.
Polizei begleitet Veranstaltung
Dennoch hat die Partei wieder eigenes Sicherheitspersonal für die Veranstaltung organisiert. Auch die Polizei wird dem Kuko am Mittwochabend etwas mehr Aufmerksamkeit als üblich widmen. Ein bis zwei Streifen werden durchgängig vor Ort sein. „Wir stellen uns auf einen Gegenveranstaltung ein“, sagt Weingartens Revierleiter Harald Wanner auch wenn offiziell noch keine Demonstration angemeldet wurde. Falls es soweit komme, „gehen wir davon aus, dass das in geradlinigen Bahnen läuft und die Weingartener wissen, wie man demonstriert.“