Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Wolfegger Partei tritt bei Bundestagswahl an
„Menschliche Welt“hat mittlerweile sechs Landesverbände und drei Landeslisten – Großes mediales Interesse
●
WOLFEGG - Der Weg zur Bundesparteizentrale führt über Landstraßen durch den Wald in den Alttanner Ortsteil Höll in der Gemeinde Wolfegg. Dort sitzt die Partei „Menschliche Welt“. Ihr Vorsitzender: YogaMönch Dada Madhuvidyananda, der mit weltlichem Namen Michael Moritz heißt und die Partei im Ashram – einem klosterähnlichem Meditationszentrum – in Alttann gegründet hat. Nachdem die Partei erstmals bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Berlin 2016 angetreten war, steht sie jetzt auf dem Wahlzettel zur Bundestagswahl. Direktkandidatin im Wahlkreis Ravensburg ist Sylvia Makowski.
Es ist eine kleine und wachsende Partei. Die „Menschliche Welt“(MW) hat mittlerweile mehr als 520 Mitglieder in ganz Deutschland, hat sechs Landesverbände (BadenWürttemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen und Niedersachsen) und tritt bei der Bundestagswahl mit drei Landeslisten (Baden-Württemberg, Bremen und Berlin) an. „Wir meinen es ernst und wollen Verantwortung übernehmen“, sagt Dada Madhuvidyananda und macht deutlich, dass es sich bei der „Menschlichen Welt“nicht um eine Spaßpartei wie etwa „Die Partei“handelt. Sein Name Dada hat auch nichts mit Dadaismus zu tun, der Name ist Sanskrit und wurde ihm von seinem „spirituellen Meister“1985 verliehen. Seither trägt er stets die orangefarbene Mönchskutte mit Turban.
Yoga als Weg zu gerechter Politik
Spiritualität steht im Mittelpunkt der Partei, konkret geht es um Meditation. Dada Madhuvidyananda sagt: „Die Welt befindet sich in einer ernsthaften Krise. Diese Krise zu lösen ist kein Kinderspiel. Dazu bedarf es unserer Ansicht nach ethischer, selbstloser und kompetenter Menschen, die sich dem Allgemeinwohl widmen, die die Menschen über alles lieben. Selbstlosigkeit muss aber geschult und praktiziert werden.“Ein Weg dahin sei Meditation – ein Bestandteil des Yoga –, was Mitgefühl und ethisches Verhalten fördere. Und genau das bräuchten die „politisch Führenden“, wie der Parteivorsitzende sagt.
Das Wahlprogramm der MW entstand beim Bundesparteitag im Januar im Ashram in Alttann. Dort haben die Mitglieder festgeklopft, mit welchen Inhalten die Partei antreten will. In Arbeitskreisen haben sie sich zu allen Ressorts konkrete Gedanken gemacht, erklärt Dada Madhuvidyananda, der sich stets sehr gewählt ausdrückt. Die MW setzt sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein und will die Ausgaben für Rüstung auf ein Minimum reduzieren. „Die Bundeswehr wollen wir nicht abschaffen, sie soll aber nur im Verteidigungsfall eingesetzt werden dürfen. Kriege sind illegal“, sagt der Vorsitzende. Das bedeute auch keinerlei Auslandseinsätze. Solche Probleme müsse man mit ehrlicher Entwicklungszusammenarbeit lösen. Die MW glaubt, hinter Auslandseinsätzen steckten nur Profit-Interessen.
„Finanzspekulation wird nicht besteuert, das würden wir tun“, sagt Dada Madhuvidyananda. Auch eine „vernünftige Vermögens- und Erbschaftssteuer“steht im Programm. Die MW möchte eine dezentrale regionale Wirtschaft, will Genossenschaften fördern, ist gegen jegliche Form von Handelsabkommen, unterstützt aber die Grundidee der Europäischen Union und sieht diese langfristig als eine Europäische Föderation. „Die EU stützt sich auf Profitmaximierung. Das lehnen wir ab. Wir sind für eine stark reformierte EU.“Außerdem möchte die MW eine Art Nord-/Süd-Euro mit wirtschaftlich gleich starken Staaten. „Eine Währung, die für Länder gleich ist, die so wirtschaftlich unterschiedlich sind, hat eigentlich für fast alle Länder außer Deutschland Nachteile. Das müssen wir korrigieren“, sagt der Parteivorsitzende. Die MW stehe zudem für erneuerbare Energie, nachhaltige Landwirtschaft, Elektromobilität und ist gegen Massentierhaltung, die einen großen Beitrag zur Erderwärmung leiste. Bildung soll nicht mehr Länder-, sondern Bundessache sein und politikfern von sogenannten Bildungsräten, einem Expertengremium, organisiert werden.
Werbespot mit Blick auf Alttann
Gegründet wurde die Partei „Menschliche Welt – für das Wohl und Glücklich-Sein aller“am 8. September 2013 mit zwölf Mitgliedern. Dass die MW keinen Sitz im Bundestag bekommen wird, weiß er. Es gehe der MW darum, ihre Ideen bekannt zu machen. Bei der Landtagswahl 2016 in Baden-Württemberg bekam die Partei 877 Stimmen, bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin 839. Bei der Bundestagswahl rechnet er mit 10 000 bis 15 000 Stimmen.
Mittlerweile bekommt die kleine Partei aus Alttann eine große mediale Aufmerksamkeit. Die ARD und das ZDF drehten im Ashram, Dada Madhuvidyananda gab Interviews der „Welt am Sonntag“, „Deutschlandfunk Kultur“, der Tageszeitung „taz“und vielen weiteren Medien, nachdem die „Schwäbische Zeitung“2016 über die Partei berichtete.
Wie bei den großen Parteien auch, wird ein Wahlwerbespot der MW im Ersten und im ZDF zu sehen sein, in dem Direktkandidatin Sylvia Makowski mit Blick auf Alttann über die Ziele der Partei spricht. Auch beim Wahlomat der Bundeszentrale für Politische Bildung findet man die MW. Momentan ist Dada Madhuvidyananda auf Wahlkampftour in ganz Deutschland unterwegs. In der Region hängen schon die orangefarbenen Plakate. Abschlussveranstaltung der Wahlkampagne ist dann in Ravensburg: Am Samstag, 23. September, um 12 Uhr auf dem Holzmarkt, um 13 Uhr gibt es dann eine Friedensmeditation. Übrigens: 2019 will die „Menschliche Welt“bei der Europawahl antreten.