Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Spaßvogel im Wartestand
Nach dem 2:0-Sieg der Bayern stichelte der Nationalspieler gegen Trainer Carlo Ancelotti
BREMEN (SID/sz) - Schluss mit Späßen. Noch am Spielfeldrand konnte oder wollte der sonst so lockere Thomas Müller nach dem Sieg seiner Bayern in Bremen seinen Frust nicht mehr verbergen. „Ich weiß nicht genau, welche Qualitäten der Trainer sehen will. Aber meine sind scheinbar nicht hundertprozentig gefragt“, ätzte der frustrierte Weltmeister, der im Weserstadion 73 Minuten auf der Bank geschmort hatte.
Nur 120 Sekunden nach seiner Einwechslung legte Müller mit gehörig Wut im Bauch Robert Lewandowski das Tor zum 2:0 (2:0)-Endstand auf. Genugtuung sprach dabei aus seinem Gesicht, denn selbst Ancelotti musste zugeben, dass es Bayern ohne Müller schwergefallen war, das grün-weiße Abwehrbollwerk zu knacken. „Wir haben eine Stunde lang Probleme gehabt, die nötigen Freiräume zu finden“, so Ancelotti.
Trotzdem durfte Müller erst nach dem ersten Lewandowski-Treffer (72.) auf den Rasen. „Das war eine rein taktische Entscheidung. Wir wollten den gesamten Raum des Spielfeldes ausnutzen, über die Flügel spielen“, begründete Ancelotti den Bankplatz Müllers. Und fügte dann lobend hinzu: „Nach seiner Einwechslung hat er das richtig gut gemacht.“Spielentscheidend waren diese personellen Maßnahmen indes nicht. Der Doppelpack von Robert Lewandowski reichte zum 14. Sieg hintereinander gegen Bayerns Lieblingsgegner.
Entspannter als sein angefressener Teamkollege Müller konnte Manuel Neuer auf den unspektakulären Arbeitssieg bei den Hanseaten zurückblicken. Seine Rückkehr nach überstandenem Mittelfußbruch war so unauffällig wie fehlerfrei, auch weil die Bremer Offensive einfach zu schwach war, um sein Tor ernsthaft in Gefahr zu bringen.
„Natürlich muss ich weiter an meiner Fitness arbeiten, diesmal war die Belastung zum Glück noch nicht so hoch“, sagte der Bayern-Kapitän, der allerdings auch mit seiner Situation etwas hadert. Bundestrainer Joachim Löw lässt den 31-Jährigen für die folgenden Länderspiele noch pausieren. Und auch Neuer war aufgefallen, dass das Bayern-Spiel ohne Müller oftmals etwas unrund lief. „Speziell in der ersten Halbzeit haben manchmal die entscheidenden Pässe gefehlt“, sagte der Keeper.
Längst ist die Personalie Müller, der Liebling der Fans, Sympathieträger in ganz Deutschland, ein Politikum. Schon in der Sommerpause wurde öffentlich über die Rolle des Eigengewächses debattiert. Schon in der vergangenen – für Müller persönlich glücklosen – Saison schien Ancelotti wenig mit dem unkonventionellen Spiel Müllers anfangen zu können. Nach der spektakulären Verpflichtung des derzeit verletzten James Rodriguez von Real Madrid sahen Experten Müllers Rolle beim Rekordmeister sowieso in Gefahr. Unruhe, auf die der Rekordmeister kurz vor dem Ende der Transferfrist wohl gut verzichten könnte.