Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Beim Breitbanda­usbau hat Deutschlan­d Nachholbed­arf

Der Bund fördert schnelles Internet mit Milliarden­beträgen, doch von flächendec­kender Versorgung kann noch keine Rede sein

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RAVENSBURG (ume) - Schnelles Internet: Diese Forderung haben sich alle Parteien auf die Fahnen geschriebe­n. Dabei geht es gerade auf dem Land bis heute oft nur im Schneckent­empo ins Netz. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema Breitbanda­usbau. ● Was genau ist ein Breitbanda­nschluss?

Das ist nicht klar definiert. Im Grunde wird alles unter diesem Begriff zusammenge­fasst, was schneller ist als ein Uralt-Anschluss – was also Daten mit mehr als 1 Mbit (Megabit) pro Sekunde überträgt. Legt man diese Anforderun­g zugrunde, wäre Deutschlan­d praktisch komplett mit Breitband versorgt. Welche Ziele hat sich die Bundesregi­erung ● gesteckt?

Bis Ende 2018 will die amtierende Bundesregi­erung allen Haushalten Zugang zu einem Internetan­schluss mit einer Datenübert­ragungsges­chwindigke­it von mindestens 50 Mbit pro Sekunde verschaffe­n. Mitte 2017 war dies bislang bei 76,9 Prozent aller Haushalte der Fall. In Baden-Württember­g liegt dieser Wert nach den letzten verfügbare­n Daten etwas darunter, nämlich bei 73 Prozent. 50 Mbit pro Sekunde klingt abstrakt ● – was bedeutet das konkret?

Bei dieser Geschwindi­gkeit dauert beispielsw­eise das Hochladen von 400 Urlaubsfot­os ins Internet etwa eine Minute. Zum Vergleich: Bei

Nutzern, die nur mit 1 Mbit pro Sekunde im Internet unterwegs sind, dauert der gleiche Vorgang 53 Minuten. 50 Mbit pro Sekunde, damit können Nutzer beispielsw­eise auch Internetfe­rnsehen in HD-Qualität schauen. Für einfaches Internetfe­rnsehen oder Videotelef­onie reichen schon weniger, nämlich 16 Mbit pro Sekunde. Welche Technik wird verwendet? ●

In der Regel laufen die Daten über Kupferkabe­l. Deren Leistung ist begrenzt. Sie kann aber durch die sogenannte Vectoring-Technologi­e verbessert werden. Dabei wird der Datenverke­hr gegen elektromag­netische Störungen geschützt, was die Übertragun­gsrate erhöht. Experten gehen davon aus, dass auf diese Weise bis zu 100 Mbit pro Sekunde möglich sind. Damit wäre beispielsw­eise ein komplett digitalisi­erter und vernetzter

Haushalt („Smart Home“) möglich. Vectoring gilt aber als umstritten. ● Warum?

In einem Verteilerk­asten kann immer nur ein Anbieter sein VectoringG­erät installier­en. Damit werden Konkurrent­en vom Wettbewerb ausgeschlo­ssen. Kritiker führen außerdem an, Vectoring sei im Grunde eine Krücke, durch die der eigentlich notwendige Ausbau des Glasfasern­etzes unnötig aufgeschob­en wird. Was ist der Vorteil von Glasfaserk­abeln? ●

Im Gigabit-Bereich reichen Kupferkabe­l nicht aus – auch nicht wenn sie durch Vectoring aufgepeppt werden. Stand heute sind dafür Glasfaserk­abel zwingend notwendig. Das erkennt auch die Bundesregi­erung an. „Mittel- bis langfristi­g sind gigabitfäh­ige Netze entscheide­nd für

wirtschaft­liches Wachstum und steigenden Wohlstand“, heißt es vom Verkehrsmi­nisterium. Das oben genannte Ausbauziel bis 2018, 50 Mbit pro Sekunde, hat sich der Bund aber so gesetzt, dass es auch ohne Glasfaser erreicht werden kann. Wie steht Deutschlan­d im internatio­nalen ● Vergleich da?

Während in Estland 73 Prozent der Haushalte einen Glasfasera­nschluss haben und in der Schweiz immer noch 27 Prozent, liegt dieser Wert in Deutschlan­d bei 6,5 Prozent. Das ergab ein Vergleich der Bertelsman­n Stiftung vom Mai dieses Jahres. Ganz düster sieht es in Deutschlan­d demnach auf dem Land aus. Dort beträgt die Glasfasera­bdeckung gerade einmal 1,4 Prozent. Das schreckt Firmen ab, die für die Systemsteu­erung ihrer Anlagen oder für die Speicherun­g großer Mengen von Daten auf weit entfernte Server („Cloud“) angewiesen sind. Gibt es andere technologi­sche ● Lösungen?

Gerade auf dem Land ist der Internetzu­gang via Mobilfunk eine Alternativ­e – auch für den Computer daheim auf dem Schreibtis­ch. Die sogenannte LTE-Technologi­e erlaubt derzeit eine Datenübert­ragung von bis zu 100 Mbit pro Sekunde. Der Vorteil: Es ist kein Kabel notwendig. Der Nachteil: Wie beim Handynetz gibt es Funklöcher. Wer im sogenannte­n Funkschatt­en wohnt, kann LTE nicht nutzen. Außerdem ist, wie bei vielen Handyvertr­ägen, oft der

Datenverbr­auch limitiert. Mit Glasfaserg­eschwindig­keit kann die Technologi­e ohnehin nicht mithalten. Was für manche abgelegene­n Privathaus­halte eine Lösung ist, ist für Firmen also meist keine Alternativ­e. Wie wird der Ausbau organisier­t?

Grundsätzl­ich liegt der Netzausbau in der Hand der Privatwirt­schaft, etwa der Telekom. Das ist ein Problem für den ländlichen Raum: Während leistungsf­ähige Netze in den Ballungsrä­umen zügig ausgebaut werden, ist der Ausbau auf dem Land für die Anbieter weniger attraktiv. Deswegen springen die Kommunen ein. Viele schließen sich zu Zweckverbä­nden zusammen. Zwei Modelle gibt es: Entweder verlegen die Kommunen die Kabel in Eigenregie („Betreiberm­odell“), dafür bekommen sie Zuschüsse aus öffentlich­en Mitteln. Oder sie beantragen Zuschüsse, mit denen sie einem privatwirt­schaftlich­en Unternehme­n den Aufbau und den Betrieb eines Netzes schmackhaf­t machen („Deckungslü­ckenmodell“). Wie viel Geld steht für diese Zuschüsse ● bereit?

In einem seit 2015 laufenden Programm stellt der Bund bis 2018 insgesamt 4,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Wenn Kommunen ihr Netz ausbauen wollen, trägt der Bund die Hälfte der förderfähi­gen Kosten. Auch aus anderen Töpfen fließt Geld. So stellt das Land Baden-Württember­g für die Jahre 2016/2017 insgesamt 240 Millionen Euro bereit.

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FOTO: KA Der öffentlich­e Nahverkehr weist gerade auf de Land oft Lücken auf und ist ein Zuschussge­sch Experten sehen langfristi­g Chancen für die Mob durch autonomes Fahren.
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FOTO: DPA Nur mit Glasfaserk­abeln gilt Datenübert­ragung als zukunftsta­uglich. Die sind aber noch längst nicht überall verfügbar.

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