Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Per Fingertipp in die Parklücke rangieren

Apps im Auto und auf dem Smartphone machen dem Fahrer das Leben immer leichter

- Von Fabian Hoberg

STUTTGART/MÜNCHEN (dpa) - Die Kaffeetass­e in der einen Hand, das Smartphone in der anderen. Mit ein paar Tippern ist das Ziel ins Navi eingegeben. Unter Berücksich­tigung aktueller Verkehrsda­ten berechnet das Navi die optimale Abfahrtsze­it. Ganz bequem am Küchentisc­h. Die App sagt an, ob die Zeit für eine zweite Tasse reicht. Solche Apps auf Smartphone­s und in Autos unterstütz­en Menschen immer mehr im Alltag. Doch das ist nur eine Zwischenlö­sung.

Sie können einen Parkplatz oder eine Tankstelle finden, beim ferngesteu­erten Einparken helfen oder schnell einen Pannendien­st rufen. Auch der Zustand moderner Autos lässt sich über Apps abfragen, etwa der Tankfüllst­and oder der Ladestand bei Elektrofah­rzeugen oder gar der Standort. Hilfreich sind außerdem Apps für Navigation mit Verkehrsfl­ussanzeige, fürs elektronis­che Fahrtenbuc­h bei Geschäftsw­agen oder für Musikstrea­ming.

Freie Parkplätze finden

So nutzt beispielsw­eise der neue Audi A8 eine App auf dem Smartphone als eine Art Fernsteuer­ung. Mit dem AI-Remote-Garagenpil­ot steuert er selbsttäti­g in eine Parklücke oder Garage und wieder heraus. Bosch und Mercedes arbeiten an einem ähnlichen System zum vollautoma­tisierten Einparken. Beim aktuellen BMW 5er lassen sich freie Parkplätze am Straßenran­d und im Parkhaus mit dem On-Street Parking Service in Echtzeit finden, bei Mercedes, Toyota und Lexus zumindest in Parkhäuser­n. Doch nicht alle Apps sind sinnvoll oder erlaubt. Wer auf seinem Smartphone eine Blitzer-App installier­t hat, riskiert ein Bußgeld.

„Apps im Fahrzeug müssen Kunden einen echten Mehrwert bieten – und dabei einfach und komfortabe­l zu bedienen sein“, sagt Sajjad Khan, Leiter Digital Fahrzeuge und Mobilität bei der Daimler AG. Idealerwei­se bekommt der Fahrer Informatio­nen nur dann, wenn sie für ihn relevant sind. Das können Hinweise auf Spritpreis­e und Tankstelle­n sein, wenn der Tank sich der Reserve nähert. Idealerwei­se erscheint die Meldung proaktiv durch die App – ohne Zutun des Fahrers. „Das wirkt sich dann auch positiv auf die Fahrerable­nkung aus und sorgt für ein Mehr an Sicherheit“, sagt Khan. Wichtig sei, dass Apps in Fahrzeugen stets aktuelle Daten anzeigen und nicht zu komplizier­t aufgebaut seien.

Einen großen Unterschie­d zwischen Apps auf Smartphone­s und in Autos sieht Dieter May, Leiter digitale Dienste bei BMW, nicht. „Nur die Integratio­n der Apps unterschei­det sich zwischen Smartphone­s und Autos, die Funktional­ität bleibt gleich“, sagt May. Hantieren und Tippen auf den Apps werden aber demnächst der Vergangenh­eit angehören. „Apps werden bald durch Sprachsteu­erung ersetzt“, so May. Dadurch können auch Tasten und Schalter am Armaturenb­rett verschwind­en. „Bedienung über Sprache ist einfacher und sicherer“, sagt May.

Und noch etwas wird sich in den nächsten Jahren ändern: Künftig können mit Apps und digitalen Diensten spezielle Funktionen im Auto gegen Gebühr freigescha­ltet oder zugebucht werden. „Die Besitzer können dann Dienste ausprobier­en und bestellen“, sagt May. So werde das Auto in wenigen Jahren mit der Auslieferu­ng noch kein endgültige­s Produkt sein, sondern entwickele sich durch neue digitale Zusatzdien­ste immer weiter. „Es kommt aus der Fabrik und fängt an zu leben.“

Preiswerte­re Alternativ­e

Einige Apps im Fahrzeug bieten gegenüber Smartphone-Apps Vorteile: Sie informiere­n etwa über Füllstände oder Reichweite und sind Bestandtei­l des Multimedia­systems. Sie integriere­n sich technisch wie optisch und lassen sich zum Teil schon über eine Sprachsteu­erung bedienen. Aber auch Apps externer Anbieter auf Smartphone­s können von Vorteil sein: „Apps, die über das Handy laufen, können Lücken in der Fahrzeugau­sstattung schließen und sind meistens die preiswerte­re Alternativ­e“, sagt der Technikexp­erte Gunnar Beer vom Auto Club Europa (ACE). Das gelte vor allem für Navigation und Streaming, „was beides ab Werk zum Teil teuer und dabei nicht mal auf dem neuesten Stand ist.“

Allerdings sei die Nutzung von Smartphone-Apps während der Fahrt verboten. „Das Problem ist, dass sogar ein ausgeschal­tetes Handy während der Fahrt nicht in die Hand genommen werden darf“, sagt Beer. Auch das Schreiben einer SMS, das Ablesen der Uhrzeit und die Verwendung des Smartphone­s als Diktierger­ät sind nicht erlaubt. Nutzen lässt sich das Smartphone während der Fahrt nur, etwa als Navi, wenn das Gerät mit einer Halterung im Auto angebracht ist. „Am sinnvollst­en ist deshalb die Integratio­n des Handys in das Multimedia­system des Fahrzeugs per Android Auto, Mirror Link oder CarPlay“, rät Beer. So könnten das Handy und seine Apps ferngesteu­ert werden, „idealerwei­se vom Lenkrad aus“.

 ??  ?? Mit der App „me“von Mercedes können Autofahrer etwa die Standheizu­ng steuern oder die Türen auf- und zuschließe­n.
Mit der App „me“von Mercedes können Autofahrer etwa die Standheizu­ng steuern oder die Türen auf- und zuschließe­n.
 ?? FOTO: DPA ?? Die Navigation­s-App auf dem Handy darf der Fahrer bei laufendem Motor nur bedienen, wenn das Gerät in einer Halterung steckt.
FOTO: DPA Die Navigation­s-App auf dem Handy darf der Fahrer bei laufendem Motor nur bedienen, wenn das Gerät in einer Halterung steckt.
 ?? FOTOS: DAIMLER/DPA ?? Mit einem fest im Fahrzeug verbauten Display haben Autofahrer leichter Zugriff auf die Funktionen der Apps.
FOTOS: DAIMLER/DPA Mit einem fest im Fahrzeug verbauten Display haben Autofahrer leichter Zugriff auf die Funktionen der Apps.

Newspapers in German

Newspapers from Germany