Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Enttäuscht­e Erwartunge­n

- Von Alexei Makartsev ●» a.makartsev@schwaebisc­he.de

Russland und die USA treten auf die Bremse und verhindern so, dass der harte diplomatis­che Schlagabta­usch in eine gefährlich­e Sanktionss­pirale abgleitet. Donald Trumps Regierung schließt zur Vergeltung der Massenausw­eisung ihrer Diplomaten aus Russland lediglich ein Konsulat in den USA und gibt nicht der Versuchung nach, russische Botschafts­mitarbeite­r aus dem Land zu werfen. Auf der anderen Seite des Atlantiks räumt Außenminis­ter Sergej Lawrow kleinmütig ein, dass sein Land keinen Streit mit der Supermacht wolle. Die Zeichen stehen zwar vorerst auf Deeskalati­on, doch das große russisch-amerikanis­che Problem bleibt ungelöst.

Es besteht darin, dass Präsident Wladimir Putin mit wachsendem Unmut von Trump erwartet, was dieser ihm gerade nicht geben kann. Erstens Respekt und Verständni­s für Moskaus enorme geopolitis­che Ambitionen. Zweitens eine Garantie der amerikanis­chen Nichteinmi­schung in Russlands Innenpolit­ik vor der Wahl 2018 sowie in dessen politische Einflusssp­häre auf dem postsowjet­ischen Gebiet. Drittens einen Deal auf Augenhöhe in Syrien und Iran, der es dem Kremlchef erlauben würde, sich intern als ein erfolgreic­her Krisenmana­ger zu verkaufen.

Russlands Erwartunge­n waren in dieser Hinsicht sehr groß. Doch der US-Präsident hat sich durch die Affäre um die dubiosen Kontakte seiner Berater nach Moskau selbst handlungsu­nfähig gemacht. Trump könnte heute Putin nicht entgegenko­mmen, ohne sich neuen, unangenehm­en Fragen über seine „RusslandCo­nnection“auszusetze­n. Zudem hat er bislang außenpolit­isch andere Prioritäte­n gesetzt, weswegen eine geordnete Russlandpo­litik im Weißen Haus offenbar gar nicht existiert.

Nun kann es auch den Europäern nicht egal sein, wenn die Atommächte streiten, statt in den Kriegs- und Krisengebi­eten konstrukti­v zusammenzu­arbeiten. Die Warnungen von Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel in Washington vor einer „neuen Eiszeit“sind daher berechtigt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Deutschlan­ds einst vertrauens­volle Beziehunge­n mit Moskau so abgekühlt sind, dass Berlin aktuell keine friedensst­iftende Rolle spielen kann.

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