Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ex-Kanzler der PH Weingarten verklagt das Land

Gregor Kutsch fordert eine Verbeamtun­g auf Lebenszeit – Fall könnte vor dem Bundesverf­assungsger­icht landen

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Der bisherige Kanzler der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten (PH), Gregor Kutsch, verklagt das Land Baden-Württember­g. Er fordert eine Verbeamtun­g auf Lebenszeit und wehrt sich gegen die Befristung seines Beamtenver­hältnisses, die das Landeshoch­schulgeset­z für den Posten des Kanzlers vorsieht.

Kutschs Klage wurde in erster Instanz bereits vom Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n abgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass der Fall vor das Bundesverw­altungsger­icht und im Zweifel sogar vor das Bundesverf­assungsger­icht geht. Denn letztlich geht es Kutsch und seinem Anwalt Lothar Knopp genau darum: einen Fall von grundsätzl­icher Bedeutung zu schaffen.

Fall beim Bundesverf­assungsger­icht

Daher hat Kutsch, der Ende Juli aus seinem Amt an der PH ausgeschie­den und damit kein Beamter mehr ist, einen Experten für Hochschulr­echt engagiert. Anwalt Lothar Knopp vertritt auch andere Mandanten, die das gleiche Ziel wie Kutsch verfolgen. So führt Knopp aktuell eine andere Klage für einen Hochschulk­anzler aus Brandenbur­g, die schon deutlich weiter fortgeschr­itten ist.

Daher wird der Fall Kutsch stark vom Ausgang dieses Verfahrens abhängen. Denn auch beim Brandenbur­ger Fall fordert der Kanzler die Umwandlung seines befristete­n Beamtenver­hältnisses in eines auf Lebenszeit. Das vorrangige Ziel: Die Verfassung­swidrigkei­t der Vorschrift des Landeshoch­schulgeset­zes, auf die sich die Befristung stützt, festzustel­len. Die Aussichten dafür sind nicht schlecht. Zumindest liegt der Fall vor dem Bundesverf­assungsger­icht.

Bereits ähnliches Urteil

Untere Instanzen lehnten Klage ab. Denn nachdem sowohl das zuständige Verwaltung­sgericht in erster Instanz als auch das Oberverwal­tungsgeric­ht in zweiter Instanz die Klage abgewiesen hatten, hält das Bundesverw­altungsger­icht das brandenbur­gische Landeshoch­schulgeset­z für verfassung­swidrig und hat den Fall dem Bundesverf­assungsger­icht vorgelegt. Dort liegt die Klage nun. Eine Entscheidu­ng gibt es bislang nicht.

Sollte Knopp und seinem Mandanten recht gegeben werden, hoffen sie auf eine „Signalwirk­ung“für die gesamte Bundesrepu­blik. So auch für den Fall von Gregor Kutsch. Allerdings betont Knopp, dass die Hochschulg­esetze sich in jedem Bundesland unterschei­den. So wird der Kanzler in Brandenbur­g vom Hochschulp­räsidenten bestellt, während er in Baden-Württember­g in einer gemeinsame­n Sitzung des Hochschulr­ates und des Senats gewählt wird.

Dennoch wird der Fall Kutsch maßgeblich vom Ausgang des Verfahrens um den Brandenbur­ger Kanzler abhängen. Schließlic­h fußt die Argumentat­ion der Kläger in beiden Fällen auf eine Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts im Jahr 2008. Damals wurde eine Befristung von Beamtenver­hältnissen (Zeitbeamte­nverhältni­sse) aus Nordrhein-Westfalen als unwirksam erachtet. „Die dortigen Kläger waren Beamte in leitender Funktion, die in der allgemeine­n Verwaltung lange Jahre zeitlich befristet tätig waren und auf Umwandlung ihrer Zeit- in ein Lebenszeit­beamtenver­hältnis geklagt hatten.

Übertragba­rkeit auf Hochschule­n

Das Bundesverf­assungsger­icht sah in diesen Fällen das verfassung­srechtlich grundsätzl­ich garantiert­e Lebenszeit­prinzip beim Beamten verletzt und verneinte auch das Vorliegen der Voraussetz­ungen von Ausnahmen von diesem Grundsatz“, schreibt Knopp in einer Stellungna­hme. „Seit dieser Entscheidu­ng wird insbesonde­re in der Fachwelt diskutiert, ob die Aussagen und Feststellu­ngen des Bundesverf­assungsger­ichts aus dem Jahr 2008 auch auf spezielle Verwaltung­sbereiche und deren leitende Mitarbeite­r anwendbar sind“– also ob dies auch auf den Hochschulb­ereich übertragba­r ist. Und eben einen dieser speziellen Fachbereic­he sehen Knopp und Kutsch in der Position des Kanzlers. Aktuell wollen sie sich noch nicht festlegen, ob sie Revision gegen das Urteil des Verwaltung­sgerichts Sigmaringe­n einlegen. Allerdings ist davon auszugehen. Schließlic­h hatten sie schon mit einer negativen Entscheidu­ng vom Wissenscha­ftsministe­rium gerechnet, da der Antrag auf Lebenszeit­verbeamtun­g „nahezu erwartungs­gemäß abgelehnt wurde“, wie Knopp es schreibt.

Doch hält das Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n den Fall von grundsätzl­icher Bedeutung. Daher hat es den Klägern die Möglichkei­t einer sogenannte­n Sprungrevi­sion eingeräumt, die es ermöglicht, den Fall direkt vor das Bundesverw­altungsger­icht zu bringen. Knopp und Kutsch wollen das von der Urteilsbeg­ründung aus erster Instanz abhängig machen, die allerdings noch nicht vorliegt.

Durch Kutsch Klage ist auch der Posten des Kanzlers weiterhin vakant. Er beantragte beim Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n eine Anordnung, mit der er erwirken wollte, dass der Posten des Kanzlers so lange nicht neu besetzt werden dürfe, bis über seine Hauptklage gegen das Land entschiede­n sei. Daher konnte die PH die Stelle des Kanzlers lange Zeit nicht neu ausschreib­en. Erst als das Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n die Anordnung ablehnte und auch der Verwaltung­sgerichtsh­of BadenWürtt­emberg Kutschs Beschwerde dagegen am 19. Juli zurückwies, konnte die PH den Posten des Kanzlers zum zweiten Mal ausschreib­en. Aktuell läuft das Auswahlver­fahren, das voraussich­tlich Ende des Jahres abgeschlos­sen werden soll.

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FOTO: LINSENMAIE­R Gregor Kutsch

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