Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Im Streit mit USA bleibt Moskau gelassen

Russland muss Konsulat in San Francisco schließen – Außenminis­ter Lawrow beschwicht­igt

- Von Klaus-Helge Donath und dpa

MOSKAU - Russlands neuer Botschafte­r in den USA, Anatoli Antonow, war kaum gelandet, da hätte er auch schon Umzugskist­en packen können. Washington forderte am Donnerstag Russland auf, das Generalkon­sulat in San Francisco und zwei diplomatis­che Abteilunge­n in New York und Washington zu schließen. Zwei Tage gaben die Amerikaner den Russen zum Räumen Zeit.

Botschafte­r Antonow war sogleich gefordert. „Wir müssen das ruhig klären und profession­ell angehen“, kommentier­te vorsichtig der 62-Jährige. „Um es mit Lenin zu sagen, wir brauchen keine hysterisch­en Ausbrüche“, meinte der frühere Vizeaußenm­inister.

Einen Monat ließ sich Washington Zeit, um auf Russlands Anordnung vom Juli zu reagieren. Als Antwort auf neue Russland-Sanktionen forderte Moskau damals die USA auf, bis zum 1. September das diplomatis­che Personal an der Botschaft um 755 auf 455 zu kürzen. Die US-Regierung ist dem nachgekomm­en, erlaubte sich jedoch Kritik: „Wir glauben, dass diese Maßnahmen unbegründe­t und schädlich für das allgemeine Verhältnis zwischen unseren Ländern waren.“

Nur noch 100 US-Visa am Tag

Als Konsequenz schränkten die USVertretu­ngen in Russland allerdings die Vergabe von Visa stark ein. Wer eine Einreiseer­laubnis für die USA möchte, kann dies jetzt nur noch in Moskau beantragen, auch wenn er im Fernen Osten lebt. Zurzeit werden nur noch 100 Visa am Tag ausgestell­t. Vorher waren es rund 15 000 im Monat.

Das US-Außenminis­terium begründete die neue Strafmaßna­hme mit der „ungerechtf­ertigten und nachteilig­en“Entscheidu­ng Russlands im Juli. Mit diesem Schritt wünsche man, dem russischen Ansinnen nach Parität entgegenzu­kommen und weitere Vergeltung­smaßnahmen verhindern zu können. „Wir hoffen, dass in Russland bemerkt wird, dass nicht wir es waren, die die Diskussion um Parität begonnen haben“, verlautete aus dem US-Ministeriu­m. Ob die US-Anweisung zufällig mit dem Eintreffen des neuen russischen Botschafte­rs in den USA zusammenfä­llt, ist unklar.

Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow beantworte­te die harte Gangart der USA unterdesse­n mit einem Bekenntnis zu Kompromiss­bereitscha­ft. Vor Studenten der Diplomaten­hochschule in Moskau sagte er am Freitag: „Wir suchen keinen Streit mit diesem Land (USA, d. Red. ), wir waren dem amerikanis­chen Volk immer freundscha­ftlich gesonnen. Wir sind aufrichtig an einer normalen Atmosphäre interessie­rt“.

Lawrow sagte, Moskau sei offen für eine „konstrukti­ve Zusammenar­beit“, wenn diese den russischen Interessen diene. „Aber es gehören immer zwei zum Tango tanzen, und bislang führt unser Partner einen SoloBreakd­ance auf“, sagte er. Zuvor hatte sich der Außenminis­ter in einem Telefonat mit seinem US-Amtskolleg­en Rex Tillerson über die „Eskalation der Spannungen“beklagt. Russland trage daran aber keine Schuld, stellte Lawrow klar.

Washington weist keine russischen Diplomaten aus. Die Mitarbeite­r der geschlosse­nen Einrichtun­gen könnten auf anderen diplomatis­chen Posten weiterverw­endet werden, wenn Russland es wünsche, teilte das Außenminis­terium mit. Auch die geschlosse­nen Liegenscha­ften bleiben im Besitz der Russischen Föderation. Sie müssen nur anderweiti­g verwendet werden.

Der Streit zwischen den zwei größten Atommächte­n der Welt wirkt auf den ersten Blick kleinlich. Er ist aber Ausdruck tiefgreife­nder Differenze­n. Russland und die USA liegen zurzeit bei den wichtigste­n Themen der Weltpoliti­k meilenweit auseinande­r. Russland soll, so heißt es in Washington, beim Lösen der Nordkorea-Frage weniger hilfreich sein als China. In Syrien beißen sich die Interessen ohnehin, genauso wie im Ukrainekon­flikt. US-Außenminis­ter Rex Tillerson, als Träger des Ordens der Freundscha­ft eigentlich ein Russland-Freund, sieht das bilaterale Verhältnis auf einem Tiefpunkt, genau wie sein Kollege Lawrow.

Eigentlich war US-Präsident Donald Trump angetreten, um das schwierige Verhältnis zu Moskau zu verbessern. Im Wahlkampf träumte er gar, mit dem Kremlchef Wladimir Putin Freundscha­ft schließen zu können. Das schlug nicht nur fehl. Inzwischen sind die Beziehunge­n zwischen Washington und Moskau zerrüttete­r denn je zuvor. Die russischen Versuche vor einem Jahr, den US-Präsidents­chaftswahl­kampf zu beeinfluss­en, verfolgen Trump bis heute.

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FOTO: DPA Die USA haben Russland aufgeforde­rt, sein Konsulat in San Francisco zu schließen.

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