Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Engagierte­r

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Seine letzten Amtsjahre hatte er sich ruhiger vorgestell­t. Dass ihm 2010 der Vorsitz des Rates der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD) nach dem Rücktritt von Margot Käßmann zufiel, war in der Planung Nikolaus Schneiders nicht vorgesehen. Doch er griff beherzt zu und führte das Schiff der EKD in ruhigere Gewässer. Dann musste er sich erneut umstellen: Um sich für seine krebskrank­e Frau Anne mehr Zeit zu nehmen, legte er sein Amt an der EKDSpitze 2014 nieder. Am Sonntag wird der frühere rheinische Präses 70 Jahre alt.

Anders als seine manchmal polarisier­enden Vorgänger Käßmann und Wolfgang Huber wirkt Schneider eher ausgleiche­nd. Doch scheute er keineswegs Konflikte, weder nach außen noch nach innen. Aufsehen erregte er zuletzt mit der Aussage, dass er entgegen seiner eigenen Überzeugun­g seine Frau unter Umständen zu einer Suizid-Hilfe in die Schweiz begleiten würde. Dieser Weg blieb beiden durch eine erfolgreic­he Therapie bisher erspart.

Charakteri­stisch für Schneider ist seine Zuwendung zu den einzelnen Menschen. Auch in seinen leitenden Ämtern – als Superinten­dent des Kirchenkre­ises Moers seit 1987, als Vizepräses (seit 1997) und als Präses (seit 2003) der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland – war er immer Pfarrer geblieben. Bereits auf seiner ersten Gemeindepf­arrstelle in DuisburgRh­einhausen erwarb er sich überregion­ale Bekannthei­t und das Image eines sozialpoli­tisch engagierte­n Geistliche­n.

Doch der in Duisburg aufgewachs­ene Sohn eines Stahlarbei­ters ist auch ein solider Theologe, der in Wuppertal, Göttingen und Münster studiert hat. Seine Positionen – etwa zum Verbot einer christlich­en Judenmissi­on – formuliert­e er pointiert, aber ohne verletzend­e Schärfe. Auch in der Ökumene trat Schneider diplomatis­ch auf und suchte das Gemeinsame.

Zu seiner Glaubwürdi­gkeit trägt auch sein Umgang mit Krisen wie dem Tod der jüngsten seiner drei Töchter im Alter von 22 Jahren bei. Gemeinsam mit seiner Frau Anne verarbeite­te er diese schmerzlic­hen Erfahrunge­n in einem Buch. (KNA)

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FOTO: DPA Nikolaus Schneider stand bis 2014 an der Spitze der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d.

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