Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Mit Ausdauer nach Berlin

Die Direktkand­idaten zur Bundestags­wahl im Porträt – Heute: Axel Müller, CDU

- Von Oliver Linsenmaie­r www.schwäbisch­e.de/bundestags­wahl-rv2017

KREIS RAVENSBURG - Vom Amtshaus in Weingarten bis zum Reichstag in Berlin sind es rund 760 Kilometer – mit dem Fahrrad. Für Axel Müller, der bei den Bundestags­wahlen als Direktkand­idat im Wahlkreis 294 Ravensburg für die CDU antritt, eigentlich kein Problem. Bereits im Jahr 2006 ist der leidenscha­ftliche Rennradfah­rer diese Strecke in sechs Tagen – inklusive Ruhetag – geradelt. Doch für eine Wiederholu­ng bleibt aktuell keine Zeit. Intensiv und umfassend wie kein anderer Kandidat betreibt der 54-Jährige Wahlkampf, damit er die Gemeindera­tssitzunge­n in Weingarten gegen Bundestags­sitzungen in Berlin tauschen kann.

100 Termine in weniger als 60 Tagen hat sich Müller aufgeladen, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. „Der Kandidat muss bekannt sein. Die Menschen müssen wissen, wer auf dem Wahlzettel steht“, sagt Müller, der in Esslingen bei Stuttgart geboren und in Nürtingen aufgewachs­en ist. In der Region ist er kein Unbekannte­r. Denn bereits im Jahr 2013 wollte der Jurist in den Bundestag, scheiterte in der parteiinte­rnen Vorauswahl und in einem „schwierige­n Wahlkampf“aber an dem mittlerwei­le verstorben­en Andreas Schockenho­ff. Rückblicke­nd sagt Müller: „Er war der Bessere.“

Auch aus dieser Erfahrung hat Axel Müller gelernt, bezeichnet er sich selbst doch als „modernen Konservati­ven“. Man müsse die Tradition bewahren, aber offen für Neues sein. „Stillstand hat noch keiner Gesellscha­ft gutgetan“, sagt der 54-Jährige und nennt die Schlagwört­er Digitalisi­erung, Mobilität und Umwelt. „Das ist der Urgedanke der Schöpfung: die Welt zu bewahren. In diesem Punkt sind sich CDU und Grüne nicht so unähnlich“, sagt Müller, der sich, angesproch­en auf eine mögliche schwarz-grüne Koalition im Bund, nicht festlegen will. Man müsse offen sein und mit allen Parteien sprechen, die dem demokratis­chen Spektrum entspreche­n.

Als Volksparte­i falle der CDU dabei eine besondere Verantwort­ung zu. Man müsse alle gesellscha­ftlichen Gruppen ansprechen. Der Vorsitzend­e Richter am Landgerich­t Ravensburg sieht sich dabei selbst in der Rolle des Vermittler­s. „Demokratie kann nur in einem Rechtsstaa­t stattfinde­n, und der Rechtsstaa­t funktionie­rt nur in der Demokratie“, sagt der Jurist und Politiker. Ganz eng verknüpft mit diesen Tätigkeite­n sieht Müller bei sich selbst die Eigenschaf­ten der Geradlinig­keit und Verlässlic­hkeit. Offensiv wirbt er damit bei den Wählern. Doch hat er sich durch seine Arbeit auch den Spitznamen „Richter Gnadenlos“erworben. „Ich schmunzele darüber“, sagt er. „Ich weiß, dass ich das Recht konsequent anwende. Es gibt aber mindestens vier bis fünf weitere, die genauso konsequent sind.“

Müller schätzt Heimatgefü­hl

Daher würde er sich selbst nicht als gnadenlos, sondern konsequent bezeichnen – in beinahe allen Bereichen seines Lebens. So auch in Sachen Verbundenh­eit mit der Region. Axel Müller schätzt vor allem die Bräuche, die ein Heimatgefü­hl schaffen. Daher reitet er auch beim Blutritt mit, ist Vorstand im Musikverei­n und Mitglied bei der Plätzlerzu­nft Weingarten. Auch dem Erhalt des schwäbisch­en Dialekts und der Grußformel „Grüß Gott“hat er sich in Vereinen verschrieb­en. „Es ist die Vertrauthe­it mit den Menschen, der Kultur, der Sprache. Es ist das Gefühl: Hier gehöre ich her“, sagt er.

Ein etwas anderes Geborgenhe­itsgefühl erlangt der Junggesell­e in der heimischen Garage. Drei alte Alpha Romeo stehen dort. Nach manch einer turbulente­n Gemeindera­tssitzung habe er noch stundenlan­g daran geschraubt. Seine Leidenscha­ft für Oldtimer habe sich schon in jungen Jahren entwickelt, als er aus dem Kindergart­en ausbüxte, um lieber in die nah gelegende Werkstatt zu verschwind­en. „Diesen Traum habe ich mir bewahrt und nach und nach erfüllt“, sagt er. Für die drei Oldtimer, zwei weiße und ein roter, bleibt derzeit aber keine Zeit. Beruf und Wahlkampf stehen über allem.

Daher kommt auch das Rennradfah­ren aktuell viel zu kurz. Und auch wenn sich das nach einer erfolgreic­hen Wahl wohl nicht wirklich ändern würde, so steht für Müller jetzt schon fest: Die 760 Kilometer von Weingarten nach Berlin würde er gerne noch einmal fahren – allerdings nicht direkt zu seiner ersten Bundestags­sitzung. „Dieses Jahr würde ich es mir nicht zutrauen“, sagt er lachend. „Da bin ich nicht fit genug.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE CDU-Direktkand­idat Axel Müller wirbt mit seiner Geradlinig­keit, Verlässlic­hkeit und Verbundenh­eit mit der Region.
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