Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Waldseer wandert mehr als 3500 Kilometer entlang der US-Ostküste
Jonas Nold ist mit seiner Freundin seit knapp vier Monaten auf dem „Appalachian Trail“unterwegs – Drei Wochen liegen noch vor ihnen
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BAD WALDSEE - Jonas Nold hat mit seiner Freundin die Herausforderung „Appalachian Trail“gewagt und durchquert zurzeit die US-Bundesstaaten entlang der Ostküste. Seit vier Monaten ist der Waldseer unterwegs und berichtet im SZ-Gespräch von seinen Erlebnissen fernab der Heimat.
„Der Appalachian Trail ist der längste reine Fußwanderweg der Welt“, erklärt Nold, der in Bad Waldsee aufgewachsen ist, im Ferngespräch über den kostenlosen Internet-Videodienst Skype. Der 30-Jährige befindet sich derzeit noch in den USA, die letzten Wochen der Wanderung mit insgesamt knapp 2200 Meilen (rund 3500 Kilometer) liegen vor ihnen. Der Trail sei schon lange ein Traum des Paares gewesen, Bekannte hätten positiv und begeistert davon erzählt. Außerdem sei die Wanderung eine Möglichkeit gewesen, sich weiterhin sehen zu können.
Seine Freundin María Julia Calzadillas Valles hat bis vor Kurzem noch ein Freiwilliges Soziales Jahr bei den Rehakliniken in Bad Wurzach abgeleistet. Da das Visum der gebürtigen Mexikanerin nach dem FSJ jedoch auslief, hätte sie Deutschland sowieso verlassen müssen. Also kündigte Nold, der medizinische Informatik studiert und die vergangenen Jahre als Projektmanager in Liechtenstein gearbeitet hatte, extra seinen Job. Nach einem halben Jahr Vorbereitungszeit und dem Flug in den USBundesstaat Georgia ging es am 3. Mai schließlich los. Seitdem legen die beiden Wanderer täglich etwa fünf Meilen zurück und sind 12 bis 14 Stunden auf den Beinen.
Zelt als neues Zuhause
Nur für zwei Tage hätten sie bis jetzt eine Pause abseits des Wanderwegs gemacht und beispielweise eine Sightseeing-Tour durch New York City unternommen. Ansonsten führt sie der Trail durch Natur und Wildnis. In vereinzelt nahe gelegenen Dörfern oder Städten können sie ihre Vorräte auffüllen und Wäsche waschen. Es gebe zwar auch kleinere Hostels, am liebsten würden Nold und Calzadillas Valles aber in ihrem eigenen Zelt schlafen. „Man gewöhnt sich an die Ruhe. Wir schlafen im Zelt mittlerweile besser als in einem Bett, das wird danach wieder eine Umgewöhnung“, meint Nold.
Auf dem Trail sei man auch in einer ganz besonderen, eigenen Welt: „Wir benutzen hier sogenannte Trail-Names. Man redet sich untereinander nur mit diesen an und legt ein bisschen seine eigentliche Identität ab“, erläutert Jonas Nold. Sein TrailName lautet „Wombat“, ausgehend von seinem australischen Lieblingskinderbuch. Calzadillas Valles nennt sich „Autumn Leaf“.
Was den Trail ebenso besonders macht, sind die Natur und die Landschaften, die man durchquert. So komme man durch viele Nationalparks, wie zum Beispiel im Staat New Hampshire. Die White Mountains seien etwa vergleichbar mit den Alpen. „Vor ein paar Tagen sind wir sehr früh am Morgen oben auf den Bergspitzen entlang gelaufen“, erzählt Nold. Den Sonnenaufgang auf dem Berg ganz für sich zu genießen, sei eine „beeindruckende Erfahrung“gewesen.
Zecken, Bären und Schlangen
Die Natur um den Trail bereitet den Wanderern jedoch auch Schwierigkeiten. So sind Zecken ein großes Thema unter den „Hikern“, wie Nold erzählt: „Die Frauen schneiden sich die Haare oft kurz wegen der vielen Zecken, es wurden schon Wanderer mit Borreliose infiziert.“
Bei Begegnungen mit der heimischen Tierwelt sind bestimmte Regeln zu beachten. „Im Süden muss man das Essen nachts auf einen Baum hoch hängen wegen der Schwarzbären“, berichtet der Waldseer. Gleichwohl gab es schon eine etwas kritische Situation mit einer Klapperschlange. Die schönen Erlebnisse hält Nold für Freunde und Familie auch auf einem Blog fest. Ansonsten ist die Kommunikation in die Heimat nur in den Dörfern möglich. Oft sei man mehrere Tage hintereinander nur in den Wäldern unterwegs.
Etwa 80 Prozent des gesamten Wanderweges haben Nold und seine Freundin bereits hinter sich, knapp drei Wochen Fußmarsch liegen noch vor ihnen. Ob sie jemals ans Aufgeben gedacht haben? „Nein, eigentlich nicht. Die ersten Wochen waren sehr hart, wir konnten den Plan anfangs nicht einhalten“, meint der Wanderer. „Man sagt, etwa 20 bis 30 Prozent schaffen die ganze Wanderung. Nach etwa 20 Meilen gibt es die erste größere Straße, da geben viele schon auf. Es gibt einen großen Baum dort, wo sie dann ihre Wanderschuhe hinaufwerfen“, so Nold weiter.
Nach diesem Abenteuer ist der Reisehunger der Wanderer noch nicht gestillt: Im Herbst soll es für ein Work-and-Travel nach Neuseeland gehen. „Wir haben die Freiheit des Backpackings für uns entdeckt. Ich bin schon immer viel unterwegs gewesen“, sagt der Weltenbummler.