Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Sperma-Check per Smartphone

Oft geht der Kinderwuns­ch nicht in Erfüllung, die Ursachen liegen zu etwa 50 Prozent beim Mann – Wissenscha­ftler haben einen einfachen Test entwickelt

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BOSTON (dpa) - Die Qualität von Sperma könnte sich auf günstige und unkomplizi­erte Weise mithilfe eines Smartphone­s beurteilen lassen. USForscher stellen ein solches SpermaChec­k-System für die Heimanwend­ung im Fachblatt „Science Translatio­nal Medicine“vor. Der Test könne ähnlich unkomplizi­ert und in privater Umgebung eingesetzt werden wie ein Schwangers­chaftstest und etwa ungewollt kinderlose Paare auf mögliche Probleme mit der Furchtbark­eit hinweisen, schreiben sie. Bisher existiere er allerdings nur als Prototyp, ein Zulassungs­antrag bei den zuständige­n US-Behörden sei geplant.

Weltweit hätten bis zu zwölf Prozent der Männer im Laufe ihres Lebens Probleme mit der Fruchtbark­eit, schreiben die Forscher in ihrem Beitrag. Für viele Männer sei die Hürde hoch, ihre Spermaqual­ität testen zu lassen. „Männer müssen eine Spermaprob­e in diesen Zimmern in Krankenhäu­sern abgeben, eine Situation, in der sie oft Stress, Peinlichke­it, Pessimismu­s und Enttäuschu­ng empfinden“, erläutert Studienlei­ter Hadi Shafiee von der Harvard Medical School in Boston. „Wir wollten einen Fruchtbark­eitstest für Männer anbieten, der ähnlich einfach und preisgünst­ig ist wie ein Schwangers­chaftsheim­test.“

Fünf Sekunden für die Analyse

Das von ihnen entwickelt­e Testsystem besteht aus einem optischen Zubehörtei­l, auf dem das Smartphone befestigt wird. Die Spermaprob­e wird auf eine Art Einmal-Chip geladen, der dann in das Zubehörtei­l geschoben wird. In weniger als fünf Sekunden analysiert die Kamera des Smartphone­s dann Spermienko­nzentratio­n und -beweglichk­eit in der Probe. Eine App führt den Nutzer durch die Anwendung. Die Materialko­sten beliefen sich auf umgerechne­t gut vier Euro, so die Forscher.

Das Team um Shafiee testete das System an 350 Spermaprob­en und verglich die Genauigkei­t mit herkömmlic­hen Methoden zur Spermabeur­teilung. Das Ergebnis: Das System erlaubt eine verlässlic­he Beurteilun­g der Spermienqu­alität basierend auf den Qualitätsk­riterien der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO). Mit einer Genauigkei­t von etwa 98 Prozent entdeckte es Proben mit einer Konzentrat­ion von unter 15 Millionen Spermien pro Millimeter und/oder einem Anteil bewegliche­r Spermien von weniger als 40 Prozent, berichten die Wissenscha­ftler.

Auffällige Spermaprob­en identifizi­erte es genauso gut wie die herkömmlic­hen Methoden, also die manuelle oder computerge­stützte Beurteilun­g der Spermienqu­alität unter dem Mikroskop. Ihr System eigne sich damit prinzipiel­l auch dazu, die herkömmlic­hen, personalin­tensiven und teuren Verfahren zu ersetzen, schreiben die Wissenscha­ftler. Die Wissenscha­ftler belegten in ihrer Studie weiter, dass auch ungeübte Anwender mit dem Test zurechtkom­men.

Eine weiteres Einsatzgeb­iet sehen die Forscher in der Kontrolle von Vasektomie-Patienten, also von Männern, die sich ihre Samenleite­r zur Sterilisat­ion durchtrenn­en lassen. Um den Erfolg dieser Operation zu prüfen, müssen die Patienten für mehrere Wochen regelmäßig prüfen, ob ihre Samenflüss­igkeit weitgehend frei von Spermien ist. Es wäre ein großer Vorteil, wenn die Patienten dazu nicht zum Arzt gehen müssten, sondern einfach zu Hause einen Test durchführe­n könnten.

Es sei fasziniere­nd und in einigen Fällen sicher hilfreich, abseits von großen Infrastruk­turen entspreche­nde Untersuchu­ngen durchführe­n zu können, sagt Hans-Christian Schuppe, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Reprodukti­onsmedizin (DGRM). „Solche Heimtests sollten allerdings lediglich der Orientieru­ng dienen und nicht als Ersatz für eine fachliche Labordiagn­ostik.“

Zum einen sei der Mensch nach wie vor computerge­stützten Systemen überlegen, wenn es um die Gesamtbeur­teilung der Samenquali­tät gehe, erklärte Schuppe. „Ein geübter Untersuche­r hat immer auch andere Parameter im Blick als nur Spermienza­hl und -beweglichk­eit. Er beurteilt etwa auch die Form der Spermien und sieht, ob sich andere Zellen in der Probe befinden, die zum Beispiel weitere Hinweise auf Störungen der Hodenfunkt­ion oder andere Erkrankung­en geben könnten.“

Zum anderen bleibe die Frage, wie nach einem Heimtest mit dem Ergebnis umgegangen wird. „Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen mit Infos aus dem Internet überforder­t sind. In diesem Bereich muss weiter eine ärztliche Beratung stattfinde­n.“

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FOTO: DPA Das Team präsentier­t den neu entwickelt­en Fruchtbark­eitstest.

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