Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Der Gigant schafft den Umbruch
Den deutschen Volleyballern winkt die erste EM-Medaille – auch dank Trainer Andrea Giani
KRAKAU (dpa/SID) - Ihre EM-Sensationstour durch Polen setzten die deutschen Volleyballer nach ihrem Einzug ins Halbfinale erstmal im Bus nach Krakau fort. Mit voller Entschlossenheit wollen Georg Grozer & Co. erstmals ins Endspiel bei der Endrunde einziehen und ihre Premierenmedaille gewinnen. „Wir haben eine schöne Geschichte geschrieben. Unsere Geschichte hier ist aber noch nicht zu Ende“, sagte Diagonalangreifer Grozer vor dem Halbfinale am Samstag (17.30 Uhr/ Stream auf sport1.de) gegen Serbien, den Europameister von 2011. Der Glaube an den Coup hängt auch mit Nationaltrainer Andrea Giani zusammen.
Der Italiener ist ein Medaillenexperte. Alleine viermal holte er als Nationalspieler Gold. Vor zwei Jahren führte er Slowenien als Coach sensationell zu Silber. „Andrea ist ein Volleyballgigant“, lobte Außenangreifer Denis Kaliberda den 47-Jährigen.
Der Anfang von Giani war jedoch beschwerlich. Im Februar trat er die Nachfolge von Vital Heynen an. Mit dem Belgier, Trainer des VfB Friedrichshafen in der Bundesliga, hatten die Deutschen nach 44 Jahren mit WM-Bronze 2014 erstmals wieder eine Medaille geholt. Giani verordnete seiner Mannschaft danach ein neues System: Aggressiver und riskanter beim Aufschlag sollten Kapitän Lukas Kampa und seine Teamkollegen künftig auftreten.
Der Prozess dauerte. Währenddessen wurde die Qualifikation für die WM 2018 ebenso verspielt wie der Aufstieg in der Weltliga. „Nach dem Sommer waren schon ein paar Zweifel im Vorfeld da“, räumte vor dem Halbfinale Außenangreifer Ruben Schott ein.
„Diese etwas größeren Freiheiten und dieses Risiko, wo früher eher Fehlervermeidung gefragt war, das ist wahrscheinlich einer der größten Unterschiede“, wies Kampa auf den augenfälligen Stilwechsel hin. „Er ist einfach genial, wie er einerseits ruhig ist, andererseits in den wichtigen Momenten uns aber auch wieder pusht“, sagte Grozer, dessen Rückkehr in den Kader nach einer Verschnaufpause im Sommer für die Mannschaft enorm wichtig war, über Giani.
Giani ließ keine Unruhe aufkommen. Stets wies der Mann aus Sabaudia, zwischen Rom und Neapel an der Küste gelegen, darauf hin, dass sein Umbruch Zeit brauche. „Du musst versuchen, dich immer bis an die Leistungsgrenze zu bringen. Nur so entwickelst du dich weiter“, wiederholte Giani mantraartig. Seine Mannschaft mit sieben EM-Debütanten zeigte gleich vom Start weg, wie entschlossen sie in der Endrunde auftreten will – und es auch tat. Auch vor dem Halbfinale gibt sich Giani gelassen. „Ich glaube, es wird leichter, weil wir auf eines der großen Teams treffen“, sagt er, „das Viertelfinale ist immer das schwierigste Spiel in jedem Turnier. Und das haben wir geschafft.“