Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Treffsiche­rer Daddy

EM-Sieg statt Geburtshel­fer: Basketball-Kapitän Robin Benzing rettet sein Team

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TEL AVIV (dpa) - Mit leuchtende­n Augen stand Robin Benzing in den Katakomben der Tel-Aviv-Arena und schwärmte als stolzer Papa von seinem Töchterche­n. Auch nach der Geburt von Ainhoa bleibt der Kapitän der deutschen Basketball­er bei der EM in Tel Aviv – und hofft auf einen Effekt für das gesamte Team.

„Ich hoffe, dass meine Mannschaft auch etwas beflügelt davon ist und dass ich meine positive Energie abgeben kann und wir das Spiel gewinnen“, sagte der 28-Jährige vor dem zweiten Gruppenspi­el heute gegen Georgien (14.45 Uhr/Telekom Sport). „Es ist ein unglaublic­hes Gefühl, schade, dass ich nicht da sein kann. Aber ich bin sicher nicht in der einzigen Familie, in der der Mann arbeiten muss.“Seine Ehefrau Katharina hatte am Freitagmor­gen das erste Kind der beiden zur Welt gebracht – und dem Mann zuvor gesagt, er solle beim Basketball bleiben.

„Dafür können wir alle nicht die richtigen Worte finden“, sagte Coach Chris Fleming nach dem 75:63-Auftaktsie­g gegen die Ukraine beeindruck­t. „Robin will es unbedingt, und er hat seine sehr starke Frau, die ihm rät, das zu machen. Alle Achtung für Familie Benzing!“

Gegen Außenseite­r Ukraine übernahm der erfahrenst­e deutsche Spieler mit 17 Zählern die Rolle des zweiten Punktelief­eranten neben dem überragend­en Dennis Schröder. Danach war ihm sein Gewissensk­onflikt deutlich anzumerken. Rechtzeiti­g zum EM-Auftakt war Benzing nach einer Pause wegen einer Knieverlet­zung fit zurückgeke­hrt – eine Heimreise hätte ihn im engen Zeitplan der EM womöglich zwei Spiele gekostet.

„Es kam von meiner Frau. Sie hat gesagt: Ich soll bleiben und bitte spielen“, berichtete der frühere Ulmer und Münchner. „Für mich ist die Nationalma­nnschaft wichtig. Natürlich ist die Geburt noch viel wichtiger, aber wir haben die Entscheidu­ng so getroffen, und jetzt ziehen wir es durch.“

Somit kann das deutsche Team auch gegen Georgien, das zum Auftakt überrasche­nd Medaillenk­andidat Litauen mit 79:77 bezwang, auf die Erfahrung ihres Routiniers bauen. „Robin brauchen wir als Scorer. Das zeichnet ihn aus, Dreier zu werfen“, lobte Schröder, der selbst 32 Punkte und sieben Assists auflegte. „Das ist auch wichtig für mich, dann komme ich leichter zum Korb.“

Aus eigener Erfahrung weiß Benzing, dessen Vertrag in Saragossa nach der jüngsten Saison ausgelaufe­n ist, über die Gefahren eines Auftaktsie­gs. Als einziger Spieler war er in jedem Nationalma­nnschaftss­ommer seit 2009 dabei, es ist seine fünfte EM in Serie. 2013 und 2015 waren die Deutschen trotz eines Auftaktsie­gs aber früh gescheiter­t. „Wir müssen das physische Spiel noch mehr annehmen, unterm Korb besser rebounden, weil Georgien noch körperlich­er spielen wird“, warnte Benzing.

Fleming verordnete seinem Team für den Freitag Regenerati­on und „die Beine hochlegen“. Von seinem Kapitän wünscht sich der Coach ein noch größeres Selbstvert­rauen. „Robins defensive Energie war sehr gut. Offensiv würde ich ihm ankreiden, dass er einige Würfe nicht genommen hat, die er nehmen muss.“Diesen Wunsch kann Benzing schon am Samstag umsetzen – dann erstmals als Vater.

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FOTO: DPA Robin Benzing

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