Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Gasthof zum Hirsch“ist Zollenreutes letzte Dorfwirtschaft
Josef und Heidi Müller führen den Familienbetrieb mit Leidenschaft – Einst gab es vier Wirtschaften
● ZOLLENREUTE - „Früher hat es in Zollenreute einmal vier Wirtschaften gegeben“, sagt Josef Müller, Wirt des „Gasthof zum Hirsch“. Direkt an der Zollenreuter Durchgangsstraße gelegen, ist mit dem „Hirschen“die letzte Dorfgaststätte in der kleinen Ortschaft vor Aulendorf übrig geblieben. Zusammen mit seiner Ehefrau Heidi will „Seppe“Müller den Familienbetrieb noch ein paar Jahre weiterführen und sich schließlich ganz dem gemeinsamen Hobby widmen.
Bereits 1986 hat Müller als junger Mann von seiner Mutter den Gasthof übernommen, nach der Heirat 1992 stieg Ehefrau Heidi in den Betrieb mit ein. Sie ist seitdem für Service und Büro zuständig. „Ich habe mit der Gastronomie davor eigentlich nichts zu tun gehabt“, erzählt die gebürtige Münchenreutenerin. „Es hat mir aber gleich gefallen, mit den Gästen zu tun zu haben“, meint die 49Jährige.
Josef Müller ist gelernter Koch und hat direkt nach seiner Ausbildung den Familienbetrieb fortgeführt. „Ich schaffe gerne mit frischen Sachen und mag traditionelles Kochen“, meint der Gastwirt. Im „Hirschen“ herrscht die gutbürgerliche schwäbische Küche vor, für Fleischund Wurstwaren aus der Region sorgt etwa Bruder Franz Müller, der in seiner Metzgerei nebenan noch selbst schlachtet.
Und auch sonst helfen weitere Geschwister, Schwager und Schwägerin in dem Familienbetrieb mit. Auch wenn Josef Müller hauptsächlich in der Küche steht, schätzt er den Kontakt zu den Gästen. „Wir haben eine relativ offene Küchensituation und sobald etwas Luft da ist, komme ich auch mal in den Gastraum raus“, sagt der Küchenchef, der aus Magenhaus stammt.
Zwölf Stunden in der Wirtschaft
Die Müllers stehen am Tag etwa zwölf Stunden in der Wirtschaft und wohnen direkt darüber. Als Ausgleich dient den Wirtsleuten ihr großes Hobby – die Landwirtschaft. Hinter dem „Hirschen“gibt es ein Tiergehege und einen Streichelzoo mit Ziegen, Hasen und Meerschweinchen. Auch Pferde, Ponys und einen Esel besitzen die Gastronomen, die sich gerne selbst um ihre Tiere kümmern. Sie sehen es als entspannenden Ausgleich an, in der Nachmittagspause oder am Ruhetag die Offenställe der Tiere in Ordnung zu halten. Josef Müller ist wie seine Frau Heidi mit der Landwirtschaft aufgewachsen, er genießt in seiner wenig verbleibenden Freizeit Kutschfahrten oder das Reiten.
In den vergangenen Jahren hat sich vieles verändert, auch das Publikum im Gasthof: „Früher haben hier mehr Leute ein Feierabendbier getrunken und die Pflege der alten Stammgäste ist mit dem Tod der Mutter leider etwas verloren gegangen“, berichtet der Wirt. Und seitdem das Dorfgemeinschaftshaus in Zollenreute besteht, kämen auch nicht mehr so viele Vereine wie früher nach ihren Proben zum Einkehren. Heute trifft man in der Gaststube mit rustikalem Ambiente Stammgäste aus dem Umland, alteingesessene Dorfbewohner, die am Wochenende auch mal zum Frühschoppen kommen, sowie die Kartenspieler am Stammtisch.
Saal wurde 2015 stillgelegt
Das angebotene Tagesessen zum Mittagstisch nutzen vor allem Rentner, Arbeiter und Familien. Bis vor wenigen Jahren gab es auch noch den großen Saal im „Hirschen“für Veranstaltungen und Hochzeiten, gerade am Wochenende sei das Haus dann voll gewesen. „Den Saal haben wir im September 2015 stillgelegt, es wurde einfach zu viel“, gibt Josef Müller zu. Es sei auch immer schwieriger geworden, zuverlässiges Personal für die Großveranstaltungen zu finden. „Wir machen das gerne hier. Aber wir haben gesagt: Bevor es keinen Spaß mehr macht, müssen wir eben zurückfahren“, berichtet Heidi Müller.
Josef Müller führt den Familienbetrieb seit nunmehr 31 Jahren und wird mit seiner Ehefrau die letzte Generation sein. „Der Plan ist es, noch circa vier bis fünf Jahre weiter zu machen. Wir haben keine Kinder und es gibt keinen Nachfolger aus der Familie. Man kriegt fast keine Leute her, also funktioniert abgeben auch nicht“, erklären die Wirtsleute. Ob sie den Gasthof einmal verpachten, ist noch offen. Auf jeden Fall wollen die Müllers nach der Geschäftsaufgabe ihr Hobby aufleben lassen und sich voll und ganz ihren Tieren widmen.