Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Bauherr sieht sich mit Abriss im Recht
Der Umgang mit dem historischen Haus in der Neuen Gasse wirft Fragen auf
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AULENDORF - War es ein widerrechtlicher Abriss oder betreibt die Stadt Aulendorf eine Verhinderungsplanung? Fakt ist: Das historische Gebäude in der Neuen Gasse ist abgerissen worden (SZ berichtete). Die Stadtverwaltung spricht von einem widerrechtlichen Abbruch. Nun meldet sich der Grundstückseigentümer zu Wort. „Ich habe es als Abrissobjekt gekauft“, sagt der Aulendorfer Merkan Karakas und beruft sich auf eine Abrissgenehmigung des Denkmalschutzes.
Nicht nur das im 18. Jahrhundert erbaute Haus hat eine Vorgeschichte, sondern auch sein überraschender Abriss vor gut einer Woche. Im Frühjahr 2016 reichte der Aulendorfer Merkan Karakas eine Voranfrage für den Bau eines Mehrfamilienwohnhauses samt Abriss des bestehenden Gebäudes bei der Stadt ein. Der Ausschuss für Umwelt und Technik folgte dem Vorschlag der Stadtverwaltung und stellte sich gegen das Vorhaben. Die Argumentation damals: Es fehle ein bauhistorisches Gutachten, um den denkmalrelevanten Zustand zu überprüfen. Das bestehende Handwerkerhaus sei vermutlich das letzte dieser Art in Aulendorf, das Haus zu erhalten habe deshalb einen hohen Stellenwert.
Über die Geschichte des Gebäudes ist wenig bekannt
Informationen über die Geschichte des Hauses sind schwer zu bekommen. Aus der Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg geht lediglich hervor, dass es sich um ein eingeschossiges Handwerkerhaus aus dem 18. Jahrhundert mit Schopfwalmdach und Fachwerk handelt. Er habe beim Kauf nicht einmal gewusst, dass das angebotene „Abrissobjekt“unter Denkmalschutz stehe, betont Karakas.
Die Frage des Denkmalschutzes hat der Bauherr mittlerweile geklärt. Anfang Mai erteilte ihm das Landratsamt eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung für den Abriss des Gebäudes. Grundlage für diese Entscheidung sind laut Genehmigungsschreiben der Antrag Karakas’ samt Dokumentation und Schadensbeschreibung des Gebäudes sowie eine behördlicherseits veranlasste bauhistorische Kurzuntersuchung.
Diskussion um Handwerkerhaus endet in Veränderungssperre
Der nun erfolgte Abriss hat insofern eine besondere Brisanz, als sich an dem Gebäude die Diskussion um erhaltenswerte und ortsbildprägende Gebäude in der Aulendorfer Innenstadt entfachte, in deren Folge der Gemeinderat eine Änderung des Bebauungsplans für die Innenstadt ins Rollen brachte und eine Veränderungssperre für das Gebiet erließ. Ziel ist es demnach, das weitere Verschwinden von ortsbildprägenden Gebäuden in der gewachsenen Altstadt zu verhindern.
Mit genau dieser Argumentation lehnte der Ausschuss für Umwelt und Technik – dem Vorschlag der Stadtverwaltung folgend – einen neuen Antrag Karakas auf eine Ausnahme von der Veränderungssperre Ende Juni mehrheitlich ab. Obwohl der Abriss an und für sich wegen der geringen Höhe des Hauses verfahrensfrei ist, stand ihm nach Ansicht der Stadt die Veränderungssperre als öffentlich-rechtliche Vorschrift entgegen. Entsprechend sagt Bürgermeister Matthias Burth nun, Karakas hätte nicht abreißen dürfen. Er habe, sagt der Bürgermeister, gerne abgewartet, was die Stadtbildanalyse des Bebaungsplanverfahrens ergeben hätte, um sicher zu sein, ob das Haus in Bezug auf die Bewahrung des typischen Ortsbildes wichtig sei.
Bauherr sieht widersprüchliches Vorgehen der Stadt
Für Karakas ist diese Argumentation widersprüchlich. Es habe vergleichbare Bau- und Abrissvorhaben im Gebiet der Veränderungssperre gegeben, für die die Stadt eine Ausnahme zuließ. „Wenn man eine solche Sperre macht, muss sie doch für alle gelten.“Grundsätzlich glaubt sich der Bauherr mit dem Abriss im Recht. Er habe die denkmalschutzrechtliche Genehmigung, der Abriss sei grundsätzlich verfahrensfrei und er sei im engen Austausch mit dem Landratsamt gestanden. Dieses befasst sich offenbar mit dem Fall, denn es hat sich mit Verweis auf ein „laufendes Verfahren“nicht zu dem Abriss geäußert. Das Ergebnis des Landratsamts abwarten wollte Karakas aber offensichtlich nicht mehr.
Ihm gegenüber habe die Stadt in Gesprächen, die er mehrfach gesucht habe, stets betont, ein Abriss sei kein Problem, sagt Karakas und ist enttäuscht über das Vorgehen der Stadtverwaltung, dann trotzdem eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen. Die Bausubstanz sei so marode gewesen, dass ein Erhalt zwar gar nicht infrage gekommen sei. Aber es habe vonseiten der Stadt auch nie ein Bestreben gegeben, das Gebäude mit ihm zusammen zu erhalten. Auch gegen die Abbruchgenehmigung des Landratsamts aus Sicht des Denkmalschutzes habe die Stadt trotz vierwöchiger Widerspruchsfrist keinen Einspruch erhoben.
Bau eines Mehrfamilienhauses ist geplant
Dafür, warum ihm für den Abriss derartige Steine in den Weg gelegt werden, hat der Aulendorfer eine eigene Erklärung. Er vermutet, dass es um seinen geplanten Neubau geht. Dort soll nach Wünschen des Bauherren bezahlbarer, altersgerechter und barrierefreier Wohnraum entstehen. Grundsätzlich sei er bereit, seine Baupläne an die Wünsche der Stadt weiter anzupassen, wie er es bereits nach der Ablehnung der ersten Bauvoranfrage getan habe. Einen neuen Bauantrag will der Aulendorfer demnächst einreichen.