Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Wächsehaus“soll bald umgebaut werden
Sanierte Wohnungen und Geschäftsräume sind geplant – Zähe Absprachen mit Denkmalamt
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BAD WALDSEE - Das Haus Albrecht, das seit Jahren leer steht und im Volksmund „Wächsehaus“genannt wird, soll umgebaut werden – das ist aber nicht so einfach, da das historische Gebäude am Gut-Betha-Platz unter Denkmalschutz steht. Seit Jahren wartet Besitzer Andreas Bachhofer aus Bergatreute auf die entsprechenden Genehmigungen von Denkmalamt und städtischem Bauamt. Im nächsten Jahr möchte er mit den Umbauarbeiten beginnen. Sanierte Wohnungen und Geschäftsräume sollen künftig in dem ehemaligen Haus der Kerzenmacher-Familie Albrecht angeboten werden.
Das stadtbildprägende, gelb angestrichene Haus muss dringend saniert werden. Neben seiner historischen Bedeutung spielt das Haus auch eine maßgebliche Rolle bei der notwendigen Belebung des Gut-Betha-Platzes mit neuen Geschäften, Cafés und sanierten Wohnungen. Nach jahrelangen Gesprächen zwischen Eigentümer, Stadt und Denkmalamt kommt nun laut Eigentümer Bewegung in das Sanierungsvorhaben. „Es haben viele Abstimmungsgespräche stattgefunden, eine Einigung dürfte bald so weit sein. Ich gehe davon aus, dass die Genehmigungen noch in diesem Jahr vorliegen“, sagt Bachhofer auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Er rechnet damit, dass die Umbauarbeiten 2018 beginnen können.
Innensanierung steht an
Das historische Erscheinungsbild soll bei den Umbauarbeiten erhalten werden. Der erste und zweite Stock des Hauses sind für Wohnungen vorgesehen, im Erdgeschoss soll weiterhin ein Ladengeschäft sein. Bei den angestrebten Umbauten geht es laut Bachhofer vor allem um die Innensanierung. „Technische Einrichtungen und Sanitäranlagen müssen auf den neuesten Stand gebracht werden.“Neben neuen Fenstern soll bei der Sanierung zudem der Zuschnitt der Wohnräume „sinnvoll geändert“werden.
Ehemaliges Vogtshaus
Seit Jahren steht das Haus Albrecht leer. 1589 wurde es erstmals als Vogtshaus erwähnt. In einem kulturund bauhistorischen Gutachten des Stadtarchivars Michael Barczyk heißt es: „1589 kommt es zu einem Vertrag zwischen Waldburg und Waldsee, wonach das Vogtshaus von allen Steuern, Anlagen, Fronen, Wachen, Kontributionen, Einquartierungen und allen Beschwerden frei sei. Dies bedeutet die Immunität des Gebäudes. 1680 ist die unselige Pfandschaft erloschen, das Vogtshaus hat keine Funktion mehr und wird ein Jahr später von der Stadt gekauft.“
Der Wachszieher Alois Albrecht kaufte 1852 das damalige Schulhaus von der Stadt. Sein Enkel Hans Albrecht übernahm die Wachszieherei von seinem Vater und Großvater. 1953 heiratete er seine Frau Majella. Zu den Großkunden der Wachszieherfamilie zählten auch Kirchen und Klöster. Bis 2004 hatte Majella Albrecht im Laden noch Kerzen, Schirme und Süßigkeiten verkauft. Nach einem Sturz musste sie den Verkauf aus gesundheitlichen Gründen jedoch einstellen. Die Stadt hatte damals kein Interesse an einem Ankauf des „Wächsehauses“(die SZ berichtete). Mit ihrem Tod im Mai 2012 und dem kurz zuvor verstorbenen Sohn ging eine Geschichte des fast ausgestorbenen Berufs der Wachszieherei in Bad Waldsee zu Ende. Seitdem steht das Haus leer.
Wurst und Wecken für die Kinder
Bekannt ist das Haus den meisten Waldseern vor allem durch den „Wächsebrauch“. Bereits im Jahr 1878 begann Alois Albrecht (genannt „Wächse“) damit, den Narrensamen am „Gumpigen“vom Dachgeschoss aus mit Wurst und Wecken zu versorgen. Mit 81 Jahren verstarb Alois Albrecht 1909, und seine Nachfolger setzten die Tradition fort, die lediglich in der Weltwirtschaftskrise bis 1923 und während des Zweiten Weltkriegs unterbrochen wurde und bis heute fester Bestandteil der Waldseer Fasnet ist. Über Jahrzehnte zeichnete sich auch Majella Albrecht als Gastgeberin nach dem Auswerfen von Wurst und Wecken aus und bewirtete die hungrigen Zunfträte mit Bratwürsten im Albrechthaus. Während ihrer Krankheit und bis nach ihrem Tod wurde der Brauch für einige Jahre auf den Klosterhof verlegt und kehrte 2013 ins „Wächse-Haus“zurück.