Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Telekom baut zwei weitere Telefonhäuschen ab
Die Standorte Bleiche- und Bahnhofstraße rechnen sich nach Angaben des Kommunikationsunternehmens nicht mehr
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BAD WALDSEE - In Zeiten von Smartphone und Internet werden Telefonzellen an Straßen und Plätzen bald endgültig der Vergangenheit angehören. Auch am Standort Bad Waldsee wird die Telekom demnächst zwei weitere öffentliche Fernsprecher abbauen: und zwar in der Bahnhof- sowie in der Bleichestraße. Erster Beigeordneter Thomas Manz informierte den Technischen Ausschuss am Montag über diese Entscheidung des Unternehmens und nannte sie „bedauerlich“. Wer möchte, kann alte Telefonhäuschen käuflich erwerben und sie als Souvenir in Vorgarten oder Loft stellen.
Auf SZ-Anfrage beim Telekommunikationsunternehmen konnte Sprecher Markus Jodl weder den genauen Demontage-Termin für die genannten Telefonhäuschen angeben noch die Zahl der verbleibenden öffentlichen Fernsprecher in der Kurstadt nennen. „Regionale Daten halten wir für die externe Kommunikation nicht vor.“Laut Telekom gibt es bundesweit im Moment aber gerade noch 20 000 Münzfernsprecher, die bevorzugt an Standorten mit hoher Kundenfrequenz wie an Bahnhöfen oder Flughäfen stehen. Jodl betonte, dass die „Bedeutung der Telefonzelle durch Hausanschluss und Handynutzung abgenommen“habe. „Aber deren Unterhalt kostet Geld für Strom, Standortmiete und Wartung.“
Mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände habe das Unternehmen deshalb vereinbart, dass es Städte und Gemeinden wegen eines Abbaus ansprechen darf, wenn auf deren Gebiet „extrem unwirtschaftliche“Fernsprecher mit einem Umsatz von weniger als 50 Euro pro Monat stehen. Und das ist demnach sowohl in der Waldseer Bleichestraße der Fall als auch beim Bahnhof. Jodl: „Der Umsatz ist ein klares Indiz dafür, dass der Wunsch nach einer Grundversorgung durch die Bevölkerung an dieser Stelle offensichtlich nicht mehr besteht. Der Kunde ist der Architekt des Telefonzellen-Netzes.“
600 Euro für Fernsprecher
Die alten Telefonstationen würden fachgerecht entsorgt und zur Ersatzteilgewinnung herangezogen. Teilweise verkaufe die Telekom ihre alten Fernsprecher aber auch an Privatbürger, die dafür laut Jodl je nach Typ und Zustand ab 600 Euro berappen müssen. „Die gelben Telefonhäuschen sind inzwischen allerdings ausverkauft“, informiert Jodl. Kein Wunder, finden die nostalgischen Bauwerke inzwischen doch bereits Verwendung als umgebaute Gartendusche oder überdachten Minigarten.
Ihre Blütezeit erlebten diese Telefonhäuschen in den 90er-Jahren. Nach Angaben des Deutschen Städtetages befanden sich zu dieser Zeit mehr als 160 000 Stück im öffentlichen Raum. Die Glaswände waren damals noch wichtig, weil die Kunden Wert darauf legten, dass ihre Gespräche nicht mitgehört werden können. Heute ist das den meisten Leuten bekanntlich egal: ob in Bus und Bahn oder in der Warteschlange – es wird überall lautstark telefoniert mit Handy und Smartphone.
Die allererste Telefonzelle wurde „Fernsprechkiosk“genannt und ist 1881 in Berlin aufgestellt worden. 1899 kam dann der Münzfernsprecher auf. Eine Kulturhistorikerin würdigte die Telefonzelle im Rückblick als „radikaldemokratisches Medium“. Denn zum ersten Mal konnten auch Menschen telefonieren, die sich (noch) keinen eigenen Festnetzanschluss leisten konnten. An einen Hinweis aus den 1970er-Jahren dürften sich auch viele Waldseer noch gut erinnern: „Fasse Dich kurz!“, stand auf einem Schild, weil sich Ortsgespräche dank Festpreis unendlich ausdehnen ließen und die Warteschlangen vor dem Häuschen dadurch lang waren.