Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kleine Busunternehmen fürchten um Aufträge
Reform soll mehr Wettbewerb in den Linienbus-Markt bringen – Grüne und CDU schließen Pakt für Mittelstand
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STUTTGART - Mehr Geld für den Linienbusverkehr, mehr Macht für die Landkreise, faire Chancen für regionale Unternehmen: Mit diesem Dreiklang hofft die Landesregierung, den öffentlichen Nahverkehr gerade in ländlichen Gebieten zu stärken. Am Mittwoch soll der Landtag das entsprechende Gesetz verabschieden. Doch die Busunternehmer bleiben skeptisch und fürchten um ihr Geschäft – obwohl Grüne und CDU Hilfe für sie angekündigt haben.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) will die Finanzierung des Linienbus-Verkehrs ab 2018 ändern. Die Landkreise sollen staatliche Zuschüsse für den Busverkehr selbst verteilen. Sie bekommen mehr Einfluss auf Tarife, Takte und Linienführung. Ab 2021 fließen vom Land pro Jahr 25 Millionen Euro mehr als bisher, die Landkreise geben dieselbe Summe. Damit stünden 250 Millionen Euro jährlich zur Verfügung.
Die mittelständischen Busunternehmer sehen das mit Sorge. Sie fürchten, nicht mehr zum Zug zu kommen, wenn Linien unter mehreren Anbietern ausgeschrieben werden. Deshalb hatten sie gefordert, möglichst viele Mittel weiterhin direkt an ein Unternehmen zu vergeben. Darauf wollten sich weder die Landkreise noch das Verkehrsministerium einlassen. Sie wollen mehr Wettbewerb, um bessere Linienführungen und Taktungen zu erreichen.
Protestbrief an Hermann
Der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) hatte deshalb im September einen Protestbrief an Hermann geschickt. Darin schreibt WBO-Chef Klaus Sedelmeier, der Verband habe die Reform bislang nur mitgetragen, weil er auf ein faires Miteinander zwischen Politik, Landkreisen und Unternehmer gesetzt habe. Das vermisst der Verband jedoch. „Wir haben große Sorge, dass die anstehende Ablösung der Bundesregelung das Aus für mittelständische Strukturen im ÖPNV des Landes einläuten wird“, heißt es. Daran ändere auch der geplante Pakt für den Mittelstand nichts.
Diesen haben Grüne und CDU in der vergangenen Woche beschlossen. „Wir werden zusätzliches Geld für den ÖPNV ausgeben. Mit fairen Rahmenbedingungen sollen unsere mittelständischen Busunternehmen von diesem wachsenden Markt profitieren“, sagt Andreas Schwarz, Fraktionschef der Grünen.
An einem runden Tisch wollen sich Ministerium, Landkreise und Unternehmer treffen. Sie wollen einen Leitfaden erarbeiten. Darin soll stehen, wie Ausschreibungen für Linien- oder regionale Busunternehmer Chancen eröffnen. Dazu gehört zum Beispiel, nicht alle Linien eines Landkreises an einen Anbieter zu vergeben. Außerdem sollten mehre Linien so gebündelt werden, dass ein kleines Unternehmen mit wenigen Bussen diese auch bedienen kann.
Kritik am Verkehrsminister
Die Busunternehmer bleiben skeptisch. Bernd Grabherr, WBO-Sprecher für den Regierungsbezirk Tübingen: „Wenn man den Mittelstand wirklich unterstützen will, hätte der Verkehrsminister das ins Gesetz schreiben können.“Die Unternehmer seien nun auf Landkreise angewiesen. Diese könnten den Empfehlungen des Landes folgen, um kleine Anbieter nicht zu benachteiligen – müssten es aber nicht.
Einen Haken könnte die Sache auch an anderer Stelle haben: Die Reform wird notwendig, weil die Mittelvergabe zum Teil gegen EU-Recht verstößt. Sie lässt aus Sicht der Brüsseler Wettbewerbshüter zu wenig Anbieter von außen auf den badenwürttembergischen OmnibusMarkt. Ein runder Tisch, der Ausschreibungsbedingungen abspricht – das scheint zumindest nicht unproblematisch. Denn die EU könnte so etwas als unzulässigen Vorteil für heimische Unternehmer werten.