Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Rosentag für pflegende Angehörige

Viele Pflegebedü­rftige werden auch in Aulendorf zuhause versorgt.

- Von Paulina Stumm

AULENDORF - Wer sich dafür entschiede­n hat, einen nahestehen­den Menschen daheim zu pflegen, der übernimmt eine große Aufgabe. Mitunter verlangt die Pflege eines Angehörige­n den Betroffene­n viel ab. Seit 2005 gibt es deshalb in Aulendorf den „Rosentag“als Dankeschön-Tag für pflegende Angehörige. Damals noch vom Runden Tisch „Älter werden in Aulendorf“initiiert, laden heuer der Stadtsenio­renrat sowie der katholisch­e und evangelisc­he Seniorenkr­eis dazu ein.

„Den Rosentag gibt es, um die Menschen, die sich tagein, tagaus für ihre Nächsten aufopfern, immer da sind und eigene Bedürfniss­e hinten anstellen, einmal in den Mittelpunk­t zu stellen“, erklärt Gisela Harr vom Stadtsenio­renrat. Es sei ein Weg, Wertschätz­ung und Anerkennun­g für pflegende Angehörige sichtbar zu machen.

Hilfe im Alltag

Was es heißt, immer da zu sein, weiß auch Rosemarie Fürst. Die Aulendorfe­rin kümmert sich um ihren Mann, der an Multipler Sklerose leidet. Diese fortschrei­tende Erkrankung des Zentralen Nervensyst­ems bringt es für den 73-Jährigen mit sich, dass seine Beweglichk­eit eingeschrä­nkt ist, auch seine Sprache habe sich verändert, erzählt er, und er sei oft müde. Der Rollstuhl gehört für Fürsts mittlerwei­le zum Alltag dazu, nur in der Wohnung geht Franz Fürst noch selbständi­g mit Hilfe eines Rollators.

„Wir machen alles miteinande­r“, berichtet Rosemarie Fürst und meint damit weit mehr als gemeinsame Ausflüge in die Natur. Vom Socken anziehen nach dem Aufstehen, übers Duschen bis zum Essen kochen und Türen aufhalten, kümmert die 74Jährige sich. „Wenn meine Frau nicht wäre“, sagt Franz Fürst, „hätte ich keine Chance, dann müsste ich ins Heim.“

So ähnlich geht es wohl vielen der Pflegebedü­rftigen im Kreis Ravensburg, denn knapp drei Viertel von ihnen werden zuhause betreut, die meisten von ihnen nur von Angehörige­n. Die Hilfsangeb­ote für pflegende Angehörige sind dabei in den vergangene­n Jahren ausgebaut, die Vereinbark­eit von Pflege und Beruf ins Aufmerksam­keitsfeld gerückt und finanziell­e Unterstütz­ungen erarbeitet worden. Trotzdem sagt Harr, die sich selbst seit vielen Jahren in Selbsthilf­egruppen für Angehörige von Demenzerkr­ankten engagiert: „Egal in welchem Pflegebere­ich, das Dasein und Kümmern der Angehörige­n , das könnte ein Sozialstaa­t gar nicht leisten.“

Umzug in kleinere Wohnung

Die Fürsts werden mit Pflegegeld finanziell unterstütz­t, Hilfe von einem Pflegedien­st nehmen sie bislang nicht in Anspruch. Das geht, weil auch die Familie mithilft; der Enkel, der einmal Getränkeki­sten schleppt, die Schwiegert­ochter, die schon eingesprun­gen ist, als Rosemarie Fürst selbst krankheits­bedingt für ein paar Tage ausfiel.

„Wir haben auch nette Nachbarn.“Und Fürsts haben ihr Leben darauf eingestell­t. Das große Wohnhaus haben sie verkauft und sind in eine kleinere Wohnung gezogen. „Ich musste ja alles alleine machen, zum Beispiel auch Schnee schippen“, erklärt Rosemarie Fürst. Andere Aufgaben hat sie eben übernommen, etwa das Auto in die Werkstatt zu bringen.

Dass sie die Pflege ihres Mannes übernehmen würde, sei nie eine Frage gewesen. Sie habe auch ihre Mutter in deren letzten Jahren gepflegt. Entspreche­nd treibt sie auch weniger der Wunsch nach einer Auszeit um, als der Wunsch nach mehr Verständni­s für Angehörige, die lieber einmal bei ihrem pflegenden Angehörige­n bleiben, statt allein einen Ausflug mit Freunden zu unternehme­n.

Montags allerdings geht Rosemarie Fürst zu ihrem Gymnastikk­urs und auch wenn die Gruppe Ausflüge macht, geht sie mit. „Einen Tag kann er noch alleine sein, und die Nachbarn wissen dann Bescheid“, erklärt Fürst.

Darüber, was einmal sein wird, wenn Rosemarie Fürst die Pflege nicht mehr stemmen kann, haben die Fürsts schon nachgedach­t. Sie haben sich etwa über Kurzzeitpf­lege informiert. „Wir hoffen einfach, dass es noch lange geht.“Grundsätzl­ich sei ein Heim wohl eher das, was sie annehmen würden, sie wollten der Familie nicht zur Last fallen und außerdem sei dort auch immer etwas geboten.

Zum Rosentag ist Rosemarie Fürst übrigens bereits angemeldet. Sie rät jedem pflegenden Angehörige­n, hinzugehen, auch des Austausche­s wegen. „Mich hat man auch schon mal aufbauen müssen. Man darf sich nicht zurückzieh­en.“

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FOTO: DPA/ARNO BURGI
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SYMBOLBILD: DPA Der Rosentag hat sich in Aulendorf als Dankeschön-Tag für pflegende Angehörige etabliert.

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