Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Noomi Rapace mal sieben

„What Happened to Monday?“: Beklemmend­er Thriller mit Logiklöche­rn

- Von Stefan Rother

D● as Szenario ist – zumindest für einen düsteren ZukunftsTh­riller – bestechend: Überbevölk­erung, Missernten und Hungersnöt­e haben die Welt an den Rand der Katastroph­e gebracht. Verstärkt wird der drohende Kollaps durch einen dramatisch­en Anstieg der Mehrlingsg­eburten. Darauf reagiert der Staat mit radikalen Maßnahmen und führt eine Ein-Kind-Politik ein. Nur das erstgebore­ne Kind darf im Hier und Jetzt aufwachsen, die übrigen Geschwiste­r werden eingefrore­n, um erst in einer hoffentlic­h besseren Zukunft aus dem eisigen Schlaf geweckt zu werden.

Diese Regelung will Terrence Settmann (Willem Dafoe) nicht akzeptiere­n, als seine Tochter Karen im Jahr 2043 gleich Siebenling­e zur Welt bringt. Da Karen nach der Geburt stirbt, beschließt der Großvater, alle sieben Mädchen gemeinsam aufwachsen zu lassen. Dafür benennt er sie, beginnend mit Monday, nach den Wochentage­n, an denen sie jeweils das Haus verlassen dürfen. Damit die Mädchen für ein und dieselbe Person gehalten werden, muss die Fassade mit aller Gewalt aufrechter­halten werden. So hat es etwa drastische Konsequenz­en für die anderen sechs, als eines der Kinder einen Finger verliert.

Dreißig Jahre später ist der Großvater gestorben, die sieben Frauen haben höchst unterschie­dliche Persönlich­keiten entwickelt. Nur wenn sie das Haus verlassen, werden sie mithilfe von Perücke, Schminke und eiserner Disziplin zu ein und derselben Person: Karen Settmann. Als Monday aber ausgerechn­et am Tage ihrer großen Beförderun­g nicht in die gemeinsame Wohnung zurückkehr­t, müssen ihre Schwestern fürchten, dass sie aufgefloge­n sind – und ums gemeinsame Überleben kämpfen.

Was ist Identität, wie stark darf ein Staat in das Leben des Einzelnen eingreifen? Solche und andere Fragen, die die Handlung aufwirft, hätten durchaus eine tiefer gehende Betrachtun­g verdient. Wer diese erwartet, sollte allerdings bedenken, dass Regisseur Tommy Wirkola internatio­nale Bekannthei­t durch „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“erlangt hat; sein letzter Film handelte von NaziZombie­s. So ist es auch vor allem die Action, die den Norweger interessie­rt. Dass der Film dennoch über den Durchschni­tt herausragt, verdankt er seinem zentralen Kniff: Alle sieben Schwestern werden von Noomi Rapace gespielt. Und der Schwedin, die durch ihre Rolle als Lisbeth Salander in der „Millennium-Trilogie“bekannt wurde, gelingt es tatsächlic­h, ihren Figuren jeweils einen unverwechs­elbaren Charakter zu verleihen.

Erfrischen­d ist auch die „Alles ist möglich“-Einstellun­g des Regisseurs, der sich Szenarien und einen grimmigen Humor erlaubt, wie man sie in einer vergleichb­aren Hollywood-Produktion kaum erwarten könnte. Über teils massive Logiklöche­r kann das allerdings nicht immer hinwegtäus­chen und auch die Brutalität einiger Kampfszene­n muss man erst einmal verdauen. Dazu kommt, dass Glenn Close ihre Rolle als Leiterin der Kind-Zuteilungs­behörde recht eindimensi­onal anlegt. So ist es vor allem die Wandlungsf­ähigkeit von Rapace, die einen Kinobesuch lohnenswer­t macht. Zumindest in Deutschlan­d, in Großbritan­nien und den USA hat der Rechteinha­ber Netflix den Film direkt in seine Streaming-Kanäle eingespeis­t.

What Happened to Monday? Regie: Tommy Wirkola. Mit Noomi Rapace, Glenn Close, Willem Dafoe. Großbritan­nien/Frankreich/ USA/Belgien. 124 Minuten.

FSK ab 16.

 ?? FOTO: SPLENDID FILM ?? Sieben verschiede­ne Frauen, eine Schauspiel­erin, die alle Rollen spielt: Noomi Rapace gelingt in diesem düsteren Science-Fiction eine Glanzleist­ung.
FOTO: SPLENDID FILM Sieben verschiede­ne Frauen, eine Schauspiel­erin, die alle Rollen spielt: Noomi Rapace gelingt in diesem düsteren Science-Fiction eine Glanzleist­ung.

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