Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Bundespolizei verteidigt ihr Vorgehen
Einsatz gegen einen säumigen Verkehrssünder wegen zehn Euro sorgt für Kritik
● FRIEDRICHSHAFEN - Zuletzt hatte es Friedrichshafen mit der „Landshut“und einem Erpresser bundesweit in die Schlagzeilen geschafft. Am Dienstag gelang dies auch der hiesigen Bundespolizei – mit einem Kurzbericht. Dessen Inhalt: Zwei Beamte waren ausrückt, um zehn Euro Bußgeld einzutreiben. Jetzt fragt so mancher nach der Verhältnismäßigkeit von Polizeieinsätzen.
„Wow, hier wiehert aber der Amtsschimmel.“„Was hat dieser Einsatz gekostet? Herr, schmeiß’ Hirn ra!“„Armes Deutschland.“„Haben die nix Besseres zu tun?“Dies sind nur einige der Kommentare, die die „Schwäbische Zeitung“nach der Veröffentlichung des Polizeiberichts am Dienstagabend erreichten. Ein Großteil der Leser findet den Einsatz überzogen. Es gibt aber auch Stimmen, die durchaus Verständnis für das Vorgehen der Bundespolizei zeigten. „Die Polizei hat Besseres zu tun. Dass sie das nicht tun konnte, liegt an dem Idioten, der nicht imstande war, eine Strafe von zehn Euro zu zahlen“, schreibt ein User auf Facebook.
Über die Konsequenzen des nicht bezahlten Bußgelds hatten nicht nur Medien am Bodensee berichtet. Neben verschiedenen deutschen Tageszeitungen räumten auch die OnlineAusgabe des „Focus“sowie Radiosender diesem Fall Platz ein. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig, die den Haftbefehl erwirkt hatte, konnte oder wollte sich am Mittwoch nicht zu einer Anfrage der Schwäbischen Zeitung äußern. Laut Pressestelle sei die zuständige Rechtspflegerin nicht im Haus gewesen.
Auskunft erteilte dagegen die Bundespolizeiinspektion Konstanz, Deren Sprecher Christian Werle ließ wissen, dass am betreffenden Tag „die Kollegen wegen anderer Fahndungstätigkeiten bereits im Bodenseekreis unterwegs“gewesen seien. Die beiden Beamten, die zivil im Einsatz waren, seien nicht extra aus Konstanz angefahren. Als sie den gesuchten Mann am Arbeitsplatz aufsuchten, habe dieser „überrascht“reagiert, sich aber kooperativ gezeigt. „Er konnte sich – nach eigenen Angaben – ,dunkel’ an den Geschwindigkeitsverstoß erinnern“, teilt die Bundespolizei mit. Und was wäre passiert, wenn sich der säumige Zahler nicht kooperativ gezeigt hätte? „Wenn der Mann nicht bezahlt hätte, wäre er für einen Tag in eine Justizvollzugsanstalt gebracht worden“, erläuterte Christian Werle. Er betonte auch, dass sich die Frage der Verhältnismäßigkeit eines solchen Einsatzes für seine Behörde nicht stelle. Denn: „Die Bundespolizei ist mit der Vollstreckung von Haftbefehlen betraut. Eine inhaltliche Bewertung der Haftbefehle erfolgt durch uns nicht.“Auch wenn die Konstanzer Beamten in diesem Fall gar keine andere Möglichkeit hatten, als den Mann zu stellen und sogar die Festnahme anzudrohen: „Sachliche Kritik nehmen wir immer gern auf und treten auch gern in eine sachliche Diskussion ein“, erklärte Werle.
So mancher Leser oder User magsich die Frage stellen, warum solch eine Meldung überhaupt an die Redaktionen gesendet wurde. Dass die Reaktionen darauf durchaus kritisch bis heftig ausfallen könnten, muss den Kommunikationsprofis eigentlich bewusst gewesen sein. „Die Bundespolizei Konstanz hat die Pressemitteilung veröffentlicht, um präventiv aufzuzeigen, was passieren kann, wenn ein Bußgeld nicht bezahlt wird“, sagt Bupo-Sprecher Werle. Außerdem habe man darstellen wollen, dass „unser Arbeitsalltag vielfältig“sei – auch die „kleinen“Geschichten wolle die Bundespolizei berichten.