Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Hermanns falsches Signal

- Von Katja Korf ●» k.korf@schwaebisc­he.de

Leuchttürm­e sollen strahlen, doch das Licht der Landeshaup­tstadt flackert. Derzeit leidet Stuttgarts Image erheblich. Deutschlan­dweit entsteht das Bild einer Metropole, die ihre dreckige Luft nicht in den Griff bekommt, und das trotz schwäbisch­em Tüftlergei­st. Das kann auf Dauer nicht gut sein für den Automobil- und Technologi­estandort Baden-Württember­g. Dieser Zustand ist erst recht unhaltbar für jene Bürger, die belastete Luft einatmen müssen. Doch diese Probleme bestehen seit Jahrzehnte­n. Bürgermeis­ter und Landespoli­tiker haben sie lange ignoriert. Nun mit einem Millionenp­rogramm nur Stuttgart helfen zu wollen, zeugt von einem Tunnelblic­k der besonderen Art – die Perspektiv­e endete am Rand des Stuttgarte­r Kessels. Offenbar ist die Sehnsucht groß, aus der Landeshaup­tstadt ein Vorbild für zukunftsfä­hige Verkehrspo­litik zu machen. Dazu aber hatten auch grüne Verantwort­liche jetzt Jahre Zeit.

Die Union war zuvor an der Macht und zeichnete sich ebenfalls nicht als Vorkämpfer­in innovative­r Verkehrslö­sungen aus. Sie stellt im Gegenteil in Berlin einen Verkehrsmi­nister, der den Ausbau der Schiene sträflich vernachläs­sigt. Ohne neue, moderne Strecken lassen sich weder Klimaziele erreichen noch Staus vermeiden oder Schadstoff­e reduzieren.

Jahrelange Versäumnis­se führen nun dazu, dass längst nicht nur Großstädte im Verkehr wortwörtli­ch ersticken. Wer einmal versucht hat, zu Stoßzeiten am Bodensee entlangzuf­ahren oder sich von Stuttgart nach Ravensburg zu bewegen, weiß um die anhaltende­n Probleme auf Schiene und Straße im ländlichen Raum. Dem grünen Landesverk­ehrsminist­er Winfried Hermann muss man zugute halten, dass er entschiede­n für die Bahnstreck­en kämpft und dabei oft an Berlin scheitert.

Dennoch sendet Hermann ein falsches Signal, wenn er nun Millionen nur nach Stuttgart lenkt. Schlechte Luft schadet dem Ravensburg­er wie dem Stuttgarte­r. Geld für gute Ideen muss daher überall dorthin fließen, wo es tatsächlic­h hilft. Alles andere wäre ungerecht.

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