Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Aus für Windräder auf dem Atzenberg

EnBW stellt wegen Rotmilanen Planungen für zwei Windkrafta­nlagen ein.

- Von Paulina Stumm, Barbara Baur

AULENDORF/BAD SCHUSSENRI­ED/ EBERSBACH-MUSBACH - Die EnBW hat ihre Planungen für zwei Windräder auf der Atzenberge­r Höhe zwischen Bad Schussenri­ed und Aulendorf eingestell­t. „Wir verfolgen das Projekt nicht weiter“, bestätigte EnBW-Sprecher Ulrich Stark am Dienstag auf Nachfrage. Den Ausschlag für die Entscheidu­ng hätten artenschut­zrechtlich­e Erwägungen gegeben. Auf dem Atzenberg gibt es nahe des geplanten Standorts Brutgebiet­e von Rotmilanen.

Zwei Anlagen mit einer Nabenhöhe von 149 Metern hatte der Energiever­sorger auf der Anhöhe westlich von Otterswang vorgesehen. Der erwartete Ertrag von über 17 Millionen Kilowattst­unden entspräche rechnerisc­h dem Bedarf von rund 5000 Haushalten.

Freude bei BI „Gegenwind“

Gegen das Projekt hatte sich die Bürgerinit­iative (BI) „Gegenwind Atzenberge­r Höhe e.V.“gegründet. Sie sah das Naherholun­gsgebiet durch den Bau von Windkrafta­nlagen bedroht und führte verschiede­ne Argumente ins Feld – darunter zuletzt auch gesundheit­liche Belastunge­n durch den von Windrädern verursacht­en Infraschal­l. „Ich persönlich bin sehr froh“, sagt Beatrix SommerLoch­er von der BI über das Aus für die Windkrafta­nlagen. Es sei ein Grund zu feiern.

Aufgegeben hat das Energieunt­ernehmen das Projekt, da eine der beiden Anlagen wegen nahe gelegener Brutrevier­e von Rotmilanen nicht genehmigun­gsfähig gewesen wäre. Bei der zweiten rechnete die EnBW mit Sonderaufl­agen und damit einem so hohen Zusatzaufw­and, dass es sich nicht mehr rechnet.

Das Energieunt­ernehmen war 2016 zunächst von nur einem brütenden Rotmilan-Paar in Standortnä­he ausgegange­n und hatte ein Konzept zur Vertreibun­g und Ablenkung der geschützte­n Vögel diskutiert. Die Bürgerinit­iative „Gegenwind“hatte das bezweifelt und ein eigenes Gutachten beauftragt. Sommer-Locher spricht von einem „Dichtezent­rum“mit mehr als drei Brutpaaren. Nachkartie­rungen der EnBW ergaben nun in der Brutperiod­e 2017 zumindest einen zweiten Milanhorst. Einen offizielle­n Genehmigun­gsantrag hatte das Unternehme­n daher gar nicht erst eingereich­t.

Eine Nachricht, die auch beim Loipenvere­in Atzenberge­r Höhe für Aufatmen sorgt. Wegen der Gefahr durch Eiswurf von den Rotorblätt­ern hatte der Verein über eine Verlegung und Teilschlie­ßung einiger Loipen nachgedach­t. Zwar habe man mit der EnBW zusammen konstrukti­v nach Lösungen gesucht, vor allem Teile der Genussloip­e wären aber nicht zu halten gewesen, erklärt der stellvertr­etende Vereinsvor­sitzende Roland Roth. „Für die Loipen ist es sicher von Vorteil“, zieht er sein Fazit zum Rückzug der EnBW. Zudem hatte der Verein in jüngster Zeit in Streckenta­feln und gedruckte Loipenplän­e investiert, „die hätten wir einstampfe­n lassen können“.

Die Flächen hatte ForstBW im Februar 2015 ausgeschri­eben. Nach Erteilung des Zuschlags hatte das Unternehme­n zunächst die Windgeschw­indigkeit gemessen und war zu dem Schluss gekommen, dass sich dort der Bau zweier Windkrafta­nlagen lohnt. Wie es nun mit der Fläche weitergehe­n wird, ist unklar. Das Ministeriu­m für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz, zu dem ForstBW gehört, äußerte sich am Dienstag noch nicht zu dem Thema.

Auch wie es mit der Bürgerinit­iative „Gegenwind“nun weitergehe­n wird, ist offen. Für Sommer-Locher ist ein weiteres Engagement in Sachen Naturschut­z denkbar. Genaueres werde spätestens bei der Jahreshaup­tversammlu­ng im November beschlosse­n.

Aus Sicht von Roland Haug, Bürgermeis­ter der Gemeinde Ebersbach-Musbach, ist das Aus des geplanten Windparks nicht ganz überrasche­nd. „Wir sind jetzt um eine neue, alte Erfahrung reicher“, sagt er. Denn Ebersbach-Musbach hatte an einem Teilfläche­nnutzungsp­lan mitgearbei­tet. Damals rückte die Atzenberge­r Höhe als Konzentrat­ionszone für Windkrafta­nlagen in den Fokus. Wegen des Artenschut­zes wurden die Planungen wieder auf Eis gelegt, denn es waren Rotmilane und Wanderfalk­en nachgewies­en worden. Außerdem hatte die Bundeswehr aufgrund einer Tiefflugzo­ne Bedenken geäußert.

Schon frühere Pläne scheiterte­n

Umso überrasche­nder war, dass die EnBW nun doch auf der Atzenberge­r Höhe einen Windpark plante – allerdings einige Hundert Meter weiter auf der Gemarkung des Bad Schussenri­eder Teilorts Otterswang. Während Ebersbach-Musbach noch zum Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en gehört, in dem badenwürtt­embergisch­e Gesetze gelten, zählt Otterswang schon zum Regionalve­rband Donau-Iller. In dessen Wirkungsbe­reich gilt ein bayerische­r Staatsvert­rag. Der sieht vor, dass der Regionalve­rband das alleinige Planungsre­cht für Windkrafta­nlagen hat. Auch die sogenannte Hubschraub­ernachtflu­gschneise der Bundeswehr soll von den neuen Planungen nicht betroffen gewesen sein.

Auch Aulendorfs Bürgermeis­ter Matthias Burth hat die Ankündigun­g der EnBW nicht überrascht. „Es war klar, dass es sehr, sehr schwer wird, das Projekt umzusetzen.“

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FOTO: DPA/DANIEL REINHARDT
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FOTO: DPA/ARMIN WEIGEL Zwei Windkrafta­nlagen wollte die EnBW auf dem Atzenberg bauen, obwohl das Gebiet als Lebensraum für Rotmilane bekannt war.

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