Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Europaparlament will Entsenderichtlinie reformieren
Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“soll rechtlich besser verankert werden
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BRÜSSEL - Die umstrittene Entsenderichtlinie wird reformiert. Am Montagabend sprach sich der Arbeitsund Sozialausschuss des Europaparlaments mit großer Mehrheit dafür aus, den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“künftig rechtlich besser zu verankern. Statt der Dienstleistungsfreiheit im Binnenmarkt sind künftig die Arbeitnehmerrechte die Richtschnur, an der sich die Justiz orientieren muss.
Die Abgeordneten übernahmen im Wesentlichen einen Vorschlag, den die EU-Kommission im März 2016 vorgelegt hatte. Aus Sicht der Kommission ist eine Überarbeitung nötig, weil seit der Aufnahme Bulgariens und Rumäniens im Jahr 2007 deutlich mehr Billiglohnkräfte als zuvor in den westlichen Hochlohnländern beschäftigt werden und ortsansässige Firmen unterbieten. Mit der 1996 geschaffenen Entsenderichtlinie sei das Problem nicht mehr in den Griff zu bekommen. Während Hochlohnländer wie Frankreich und Deutschland ihre heimischen Unternehmen vor Billigkonkurrenz schützen wollen, sehen vor allem Polen aber auch die übrigen Ostblockstaaten den Wettbewerbsvorteil durch niedrigere Arbeitskosten schwinden.
2015 waren in der EU 2,05 Millionen Entsendungen registriert, 41,3 Prozent mehr als im Jahr 2010. Jeder zweite entsandte Arbeitnehmer wird in Belgien, Frankreich oder Deutschland eingesetzt. Polen ist mit Abstand das Land mit den meisten Entsendungen, gefolgt von Frankreich und Deutschland. Doch die Statistik zeigt auch, dass aus Frankreich und Deutschland vor allem hoch bezahlte Fachleute für kurze Zeit zu Montage oder Reparatur in andere EU-Länder entsandt werden, während polnische Firmen Bauarbeiter für lange Zeiträume schicken, denen teilweise Transport, Kost und Logis vom vor Ort geltenden Mindestlohn abgezogen werden. Das soll nach der Reform nicht mehr möglich sein. Vom ersten Einsatztag an müssen die Arbeiter den gleichen Tariflohn wie ihre heimischen Kollegen erhalten, inklusive aller Zulagen.