Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Tore für Erdogan
Hoffenheims Gegner Istanbul Basaksehir hat beste Beziehungen zur türkischen Regierung
ISTANBUL (dpa) - „Recep Tayyip Erdogan“hallte es immer wieder durch die Kabine von Istanbul Basaksehir. Die Mannschaft feierte nach dem wichtigen Sieg nicht sich selbst, sondern den türkischen Staatspräsidenten, der sich die Ehre gegeben hatte und im Stadion war. Gerade hatte Basaksehir in der Champions-LeagueQualifikation den FC Brügge mit 2:0 geschlagen und damit die Play-offs erreicht. Nach dem Spiel schaute Erdogan in der Kabine seines Lieblingsclubs vorbei und beglückwünschte die Spieler, die dem Staatschef vor laufenden Kameras mit lauten Sprechchören huldigten.
Die Szene im August zeigte, wie eng die Bindung zwischen dem aufstrebenden Istanbuler Club, Gast der TSG Hoffenheim am Donnerstag (21.05 Uhr) in der Europa League, und der Staatsmacht ist. Basaksehir hat sich in den letzten Jahren zum ernstzunehmenden Konkurrenten der drei großen Istanbuler Vereine Besiktas, Fenerbahce und Galatasaray entwickelt.
Kritiker werfen dem Club aber vor, die sportliche Entwicklung sei nur durch die Nähe zu Erdogan und zur Regierungspartei AKP möglich gewesen. 1990 war der Club als Betriebsmannschaft der Istanbuler Stadtverwaltung gegründet worden. Nach dem Aufstieg in die Süper Lig 2014 präsentierte er sich in neuem Gewand: Neuer Name, neues Logo, zahlreiche Transfers.
Seitdem ist der Club von der Nähe zu Erdogan geprägt. Vereinspräsident Göksel Gümüsdag ist mit einer Nichte der Ehefrau Erdogans verheiratet, der Staatspräsident ist Trauzeuge. Beim Eröffnungsspiel des neuen Stadions, benannt nach dem früheren Nationalmannschaftstrainer Fatih Terim, lief Erdogan persönlich auf. Die Rückennummer 12 wird nicht mehr vergeben, da sie der Präsident in jener Partie trug. Auch in finanzieller Hinsicht lässt sich eine Verbindung ableiten: Hauptsponsor und Namensgeber des Vereins ist der Krankenhausbetreiber Medipol, dessen Inhaber als enger Vertrauter Erdogans gilt.
So wurde Basaksehir trotz fehlender Tradition und kaum Fans – zu den Heimspielen kommen im Schnitt nur etwas mehr als 5000 Zuschauer – attraktiv für namhafte Spieler. Im Kader stehen international erfahrene Profis wie Stürmer Emmanuel Adebayor, dem Schweizer Gökhan Inler oder Linksverteidiger Gael Clichy, der im Sommer von Manchester City kam. Im Tor steht der türkische Nationaltorwart Volkan Babacan, im Mittelfeld zieht Kapitän Emre Belözoglu trotz seiner 37 Jahre erfolgreich die Fäden.
Babacan und Belözoglu waren auch Sdchlüsselfiguren eines Vorfalls, der zu Mutmaßungen über eine bevorzugte Behandlung Basaksehirs durch den ebenfalls regierungsnahen Fußballverband TFF führte. Nachdem sich Belözoglu nach einem Spiel mit einem Anhänger stritt, kam es zu Tumulten, bei denen Journalisten von Basaksehir-Profis attackiert wurden. Während Ersatzspieler für fünf Spiele gesperrt wurden, musste Babacan, ebenfalls unter den Angreifern, nur eine Partie aussetzen. So konnte er in einem richtungsweisenden Spiel um den Titel wieder im Kasten stehen.
Am Ende wurde Basaksehir Vizemeister. In den Play-offs zur Champions League fehlte am Ende nur ein Tor gegen Sevilla. In der Europa League läuft es noch nicht: Gegen Ludogorets (0:0) und Sporting Braga (1:2) sprang erst ein Punkt heraus. Im Kraichgau soll nun der erste Dreier her. Für Basaksehir und Erdogan.