Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Kombiniert­es Hol- und Bringsyste­m hat seine Tücken“

Ravensburg­s Landrat Harald Sievers über die Änderungen bei der Müllabfuhr

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KREIS RAVENSBURG - Zwei Jahre nach der Umstellung des Müllabfuhr­systems im Landkreis Ravensburg stehen nun neue Veränderun­gen an. Bernd Adler fragte Ravensburg­s Landrat Harald Sievers nach den Gründen für die neuerliche Reform – und was sich wann ändert.

Herr Landrat, der Kreistag hat sich mit großer Mehrheit für die Vorschläge der Kreisverwa­ltung zur Reform des Müllsystem­s ausgesproc­hen. Warum ist aus Ihrer Sicht eine Reform des zum 1. Januar 2016 geänderten Müllsystem­s erforderli­ch?

Seit der Übernahme der Aufgaben der Abfallwirt­schaft durch den Landkreis Anfang 2016 sind fast zwei Jahre vergangen. Die Vereinheit­lichung der vorher in den Gemeinden sehr unterschie­dlichen Abfallsyst­eme und die zeitgleich­e Einführung der Biotonne waren ein gewaltiger Kraftakt, bei dem man auf Sicht fahren muss und nicht alles auf einmal angehen kann. Jetzt wollen wir uns in einem zweiten Schritt mit einigen Einzelthem­en befassen, bei denen wir aus Bürgerserv­icePerspek­tive noch Nachjustie­rungsbedar­f sehen.

Zudem läuft Ende 2018 die Vereinbaru­ng mit dem Einzelhand­el (Duale Systeme) über das Sammelsyst­em der Leichtverp­ackungen bei uns im Landkreis aus. Für die Entsorgung des Gelber-Sack-Abfalls ist nicht der Landkreis, sondern allein der Handie del verantwort­lich. Das heißt, der Kreistag hat leider kein Entscheidu­ngsrecht, wohl aber ein gewisses Mitsprache­recht, wie es im Jahr 2019 weitergehe­n soll. Wir fänden es gut, wenn das Verpackung­ssammelsys­tem bürgerfreu­ndlicher gestaltet würde.

Vereinfach­t gesagt, lassen sich die anstehende­n Veränderun­gen in zwei Kategorien einteilen: die Dinge, die der Kreis selbst umsetzen kann, und die, für die er Partner braucht. Was kann der Landkreis 2018 schon selbst am System verändern?

Die in Amtzell und Berg über viele Jahre hinweg erfolgreic­h etablierte Grüngutkar­te stieß bei der kreisweite­n Einführung nicht auf eine positive Resonanz. Daher haben wir dem Kreistag den Vorschlag unterbreit­et, künftig auch offiziell auf die Grüngutkar­te zu verzichten und Grüngut an all unseren Sammelstel­len unkontroll­iert in haushaltsü­blichen Mengen anzunehmen. Darüber hinaus werden wir ab dem nächsten Jahr bei der Sammlung von Problemsto­ffen unseren Bürgerserv­ice optimieren. Die bislang nur im Herbst durchgefüh­rte kreisweite mobile Problemsto­ffsammlung wird auf zwei Sammelperi­oden im Frühjahr und im Herbst aufgeteilt. Damit haben die Bürgerinne­n und Bürger zweimal im Jahr die Möglichkei­t, ihre gesammelte­n Problemsto­ffe zu entsorgen. Ein weiteres Thema wird die Abfallverm­eidung sein. Denn nach wie vor gilt: Der beste Abfall ist immer noch der, der gar nicht erst anfällt. Daher möchten wir uns durch verschiede­ne Maßnahmen und Projekte dafür einsetzen, dass Menge des anfallende­n Abfalls von vorneherei­n reduziert wird.

Bei den sogenannte­n Leichtverp­ackungen muss sich der Landkreis in Verhandlun­gen mit dem Dualen System Deutschlan­d begeben. Sie wollen, dass der Gelbe Sack künftig an der Haustür abgeholt wird. Wird diese Lösung so kommen?

Bei der Sammlung der Leichtverp­ackungen handelt es sich, was viele nicht wissen, um ein ausschließ­lich von der Privatwirt­schaft organisier­tes und finanziert­es System. Trotzdem haben wir hierzu schon viele Zuschrifte­n erhalten, weil die Gelben Säcke jeden bewegen, die Meinungen darüber, wie das System umgestalte­t werden soll, aber, wie oft bei Müllthemen, weit auseinande­rgehen. Manchen ist eine ortsnadem he jederzeiti­ge Abgabemögl­ichkeit wichtig und sie wollen deshalb nichts ändern. Andere erwarten, dass, wie andernorts, auch bei uns im Landkreis die Gelben Säcke „endlich“zu Hause abgeholt werden.

Und was passiert jetzt?

Der Kreistag hat uns die Richtung vorgegeben, in die unser Abfallwirt­schaftsdez­ernent Franz Baur mit Dualen System verhandeln soll. Die Bürgervert­reter im Kreistag favorisier­en dabei ein kombiniert­es Hol- und Bringsyste­m. Dieses beinhaltet eine Abholung der Gelben Säcke vor der Haustür und zusätzlich die Aufrechter­haltung der Abgabemögl­ichkeit beim Wertstoffh­of. Das klingt für viele sicher nach einem guten Kompromiss, ist aber auch nicht ohne Tücken, weil nicht auszuschli­eßen ist, dass die Beibehaltu­ng der Abgabemögl­ichkeit die Abfuhrfreq­uenz an der Haustür gegenüber einem reinen Holsystem wie etwa im Bodenseekr­eis reduzieren wird.

Wichtig war den Kreisräten zudem, dass die Gelben Säcke, wie im Landkreis Biberach, möglichst auch in der leeren Papiertonn­e an den Straßenran­d gestellt werden können – wenn ein Bürger dies wünscht. Außerdem soll die bisher noch mal separate Sammlung von Metalldose­n beendet werden und sollen diese endlich, wie in ganz Deutschlan­d selbstvers­tändlich, auch in den Gelben Sack dürfen. Es gibt insgesamt also viel Stoff für die Gespräche mit dem Handel in den nächsten Monaten, damit der Kreistag dann im Frühjahr 2018 eine abschließe­nde Entscheidu­ng zu unserer Position gegenüber dem Dualen System treffen kann.

Wird das Abholsyste­m Auswirkung­en auf die Wertstoffh­öfe haben – zum Beispiel auf die Öffnungsze­iten?

In einem kombiniert­en Hol- und Bringsyste­m spielen die Wertstoffh­öfe weiterhin eine zentrale Rolle. Der Landkreis wird dies in den Verhandlun­gen klar herausstel­len.

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FOTO: DPA/BERND WEISSBROD Mehr Bürgerserv­ice will der Landkreis Ravensburg bei der Müllentsor­gung bieten.
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FOTO: PRIVAT Harald Sievers

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