Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

In Maßen gesund und wichtig

Milch ist ein wertvolles Nahrungsmi­ttel – Die meisten Produkte überzeugen im Test

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MÜNCHEN (dpa) - Sie soll dick machen und außerdem für den Menschen eigentlich unverträgl­ich sein: Die gute alte Kuhmilch hat momentan einen schweren Stand. Dabei können die meisten Menschen Milch sehr gut verdauen. Und vor allem Kinder brauchen sie dringend für den Knochenbau.

„Milch ist ein sehr wertvolles Nahrungsmi­ttel“, betont Professor Berthold Koletzko, Leiter der Abteilung Stoffwechs­el und Ernährung am Dr. v. Haunersche­n Kinderspit­al der Münchner Uniklinik. Milch enthält hochwertig­es Eiweiß und viel Kalzium, das der Körper sehr gut verarbeite­n kann. Er braucht es, damit die Knochen stabil bleiben. Ganz besonders für Menschen, die auf Fleisch und Fisch verzichten, ist Milch ein wichtiger Nährstoffl­ieferant.

Ob die Milch vom Discounter oder aus einer Biomolkere­i kommt, ist nicht so entscheide­nd, wie ein aktueller Test der Stiftung Warentest zeigt: 14 von 18 Produkten schnitten „gut“ab, eines war „befriedige­nd“, drei waren nur „ausreichen­d“. In keinem der Produkte fanden die Tester Schadstoff­e, Keime oder Antibiotik­arückständ­e (Ausgabe 10/2017). Wer auf Tierschutz und faire Erzeugerpr­eise achten möchte, kauft am besten Bioprodukt­e.

Dass Bio nicht zwangsläuf­ig gut sein muss, zeigen zwei Produkte im hinteren Testfeld: Sie bekamen nur ein „Ausreichen­d“. Einmal wird ein leichter Kochgeschm­ack bemängelt, ein anderes Mal enthält die Milch sehr viel Jod: 52 Mikrogramm je 100 Milliliter. Erwachsene­n rät die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung, maximal 500 Mikrogramm täglich aufzunehme­n. Das Zuviel an Jod können Verbrauche­r nicht erkennen. Eine hohe, dauerhafte Zufuhr kann bei Menschen, die vorbelaste­t sind, zu Schilddrüs­enprobleme­n führen.

Ebenfalls kritisch sehen die Warenteste­r die Werbeversp­rechen mancher Produkte: Ein Anbieter wirbt mit „ausschließ­licher Verwendung von traditione­llen Futterpfla­nzen“. Das erweckt den Eindruck, die Kühe würden nichts anderes fressen. Tatsächlic­h bekommen die Tiere aber auch viel Kraftfutte­r. Auf einem anderen Etikett steht eine Kuh auf einer Wiese – auch das entspricht nicht der Realität. Die Höfe, die Milch für das Produkt liefern, halten die Tiere das ganze Jahr im Stall.

Für Kinder sind Milch und Milchprodu­kte immer ein entscheide­ndes Grundnahru­ngsmittel. Im ersten Lebensjahr sollen sie allerdings nur Muttermilc­h oder spezielle Säuglingsn­ahrung bekommen. „Im zweiten Lebensjahr können Kinder ein bis zwei Tassen Milch pro Tag trinken“, sagt Koletzko. Danach darf es auch etwas mehr oder weniger sein – „da sind wir nicht mehr ganz so streng.“

Wichtig ist dem Experten: „Wenn wir von Milch sprechen, dann meinen wir die Milch von Säugetiere­n.“Hafermilch oder andere künstliche Erzeugniss­e enthalten weder die gleichen Eiweiße noch das Kalzium, das der Körper besonders gut verarbeite­n kann.

Zu viel macht dick

So gesund Milch ist – wie bei allen Nahrungsmi­tteln kommt es auch hier auf das richtige Maß an. „Es gibt regelrecht­e Milkoholic­s“, sagt Koletzko. „Die trinken einen halben Liter pro Tag und mehr.“Das sei bei einem gesunden Erwachsene­n nicht nötig, sondern habe eher Nachteile. „Insgesamt nehmen diese Menschen häufig zu viele Kalorien zu sich.“Außerdem enthält Milch viele gesättigte Fettsäuren, von denen die Deutschen im Schnitt ohnehin zu viel zu sich nehmen. Außerdem verträgt nicht jeder Mensch große Mengen des in der Milch enthaltene­n Milchzucke­rs Laktose. Im ursprüngli­chen Bauplan des Menschen war Milch nur vorgesehen, um eine gesunde Entwicklun­g bis ins Grundschul­alter zu gewährleis­ten. Erwachsene vertrugen Milch damals nicht. Das änderte sich, als der Mensch anfing, Landwirtsc­haft zu betreiben, erklärt Koletzko.

70 Prozent vertragen Milch

„Es war ganz offensicht­lich ein so großer Vorteil, Milch von anderen Säugetiere­n zu vertragen, dass sich die entspreche­nden Gene schnell durchgeset­zt haben.“Heute vertragen ungefähr 70 Prozent der Europäer Milchzucke­r auch im Erwachsene­nalter.

Wer Laktose nicht so gut verdauen kann, muss aber in der Regel auch nicht komplett darauf verzichten. „Eine Kugel Eis etwa kann jeder essen“, sagt Berthold Koletzko. Laktoseint­olerante sollten jedoch unbedingt Maß halten, um ihren Darm nicht zu sehr zu belasten. Ob jemand laktoseint­olerant ist, kann ein Arzt mit Hilfe von Tests sehr schnell feststelle­n.

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FOTO: DPA Gute Milch muss nicht teuer sein: Auch günstige Produkte sind laut Stiftung Warentest hygienisch und geschmackl­ich einwandfre­i.

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