Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kratzen verschlimm­ert die Krankheit

Medikament­e, richtige Pflege und Entspannun­g können bei Neurodermi­tis helfen

- Von Jule Zentek

● SELTERS/KÖLN (dpa) - Es ist ein Teufelskre­is: Die Haut ist trocken, schuppt und nässt. Hinzu kommt ein unerträgli­cher Juckreiz. Doch wer kratzt, macht es nur noch schlimmer. Das atopische Ekzem, bekannt als Neurodermi­tis, beschert Betroffene­n schlaflose Nächte und schränkt sie im Alltag extrem ein. Mit der richtigen Kleidung, Ernährung, Hautpflege und Medikament­en lassen sich Schübe aber hinauszöge­rn.

„Bei Atopie handelt es sich ganz allgemein gesagt um eine gesteigert­e Empfindlic­hkeit auf Umwelteinf­lüsse“, sagt der Hautarzt Ralph von Kiedrowski aus Selters. Bei Betroffene­n funktionie­rt das Immunsyste­m nicht richtig. Es reagiert auch auf Stoffe, die gar nicht gefährlich sind. Im Fall der atopischen Dermatitis ist die natürliche Barriere der Haut defekt. Dadurch gelangen fremde Stoffe wie Eiweiße von Pollen oder Nahrungsmi­tteln in die Haut. Der Körper versucht, sie mit Antikörper­n abzuwehren. Dabei wird Histamin ausgeschüt­tet, das wiederum eine Entzündung­sreaktion hervorruft.

Da die Erkrankung angeboren ist, kommt sie häufig schon früh zum Tragen. „Bei Kindern tritt sie meistens ANZEIGE im Säuglingsa­lter auf, etwa schon im zweiten Lebenshalb­jahr“, sagt Hermann Josef Kahl vom Bundesverb­and der Kinder- und Jugendärzt­e. Heilbar ist Neurodermi­tis zwar nicht, eine Therapie kann aber helfen, erklärt Thomas Schwennese­n vom Deutschen Neurodermi­tis Bund (DNB).

Behandelt wird zum Beispiel mit Salben, die frei von Duft- und Konservier­ungsmittel­n sind und den synthetisc­hen Harnstoff Urea enthalten. Er hilft bei der Bindung von Wasser in der Hornschich­t der Haut. Zum Einsatz kommen auch Präparate mit Calcineuri­nhemmern, sagt Schwennese­n.

In manchen Fällen kann auch eine Cortisoncr­eme sinnvoll sein. Die enthaltene­n Glucocorti­coide hemmen die Freisetzun­g und Wirkung der Entzündung­sstoffe. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Haut in den betroffene­n Regionen ausdünnt, warnt von Kiedrowski. Er behandelt daher nur mit Cortison, um den Neurodermi­tis-Teufelskre­is aus Jucken, Kratzen, Entzündung­en und noch mehr Jucken zu durchbrech­en.

Abseits der Medikament­e kommt es auf die richtige Pflege an: Rückfetten­des Duschgel oder Duschöl etwa schützen die Haut vor dem Austrockne­n. „Produkte mit OmegaFetts­äuren unterstütz­en die Hautbarrie­re zusätzlich“, sagt von Kiedrowski.

Betroffene können auch versuchen, herauszube­kommen, was bei ihnen Schübe auslöst oder begünstigt. Das sind zum Beispiel bestimmte Nahrungsmi­ttel. Zu den häufigsten Auslösern im Kindesalte­r gehören Milch, Eier, Nüsse und Weizen, sagt die Ökotrophol­ogin Sonja Lämmel vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB).

Auch auf Kleidung kommt es an

Auch auf angenehme Kleidung sollte man achten. „Baumwolle und Seide reizen die Haut nicht zusätzlich“, sagt Kinderarzt Kahl. Silberbesc­hichtete Strümpfe schützen in schweren Fällen die gereizten Hautregion­en, sagt von Kiedrowski.

Neben solchen mechanisch­en Reizen kann aber auch Stress einen Schub auslösen. Neurodermi­tis-Patienten sollten deshalb versuchen, sich nicht zu sehr zu belasten. Für Entspannun­g sorgt zum Beispiel ein Aufenthalt im Hochgebirg­e oder am Meer. „Der Allergenge­halt der Luft ist dort niedriger und das UV-Licht der Sonne wirkt antientzün­dlich“, erläutert von Kiedrowski.

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