Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Lobby für die Blasmusik feiert 40-Jähriges

Kreisverba­nd will Nachwuchs über die Schulen gewinnen – Jubiläumsk­onzert in Baienfurt

- Von Philipp Richter

RAVENSBURG - Er ist die Lobby für die Blasmusik im Landkreis Ravensburg und wird heuer 40 Jahre alt: der Blasmusikk­reisverban­d (BKV). Und hinter dem Verband steht die ganze Blasmusik im Landkreis Ravensburg. Mittlerwei­le vertritt er 9000 Musikerinn­en und Musiker, 116 Kapellen, hat eine Geschäftss­telle in Schmalegg und setzt im Jahr rund 250 000 Euro im Sinne der Tradition um.

Eine Art Blasmusikk­reisverban­d hat es schon immer gegeben, weiß der 81-jährige Josef Mütz zu berichten, der dem Verband von 1977 bis 2007 vorsaß. Er war von der Gründung, am 3. April 1977 in Bergatreut­e, an Vorsitzend­er des Verbandes. Davor gab es den deutschen Volksmusik­erbund, wo im Bezirk BodenseeAl­lgäu die Landkreise Ravensburg, Tettnang und Wangen zusammenge­fasst haben. „Nach der Kreisrefor­m 1977 wollte man auch die Blasmusik kreisweit vertreten“, erinnert er sich.

Und so vertrat der Verband von nun an die Kapellen von Altshausen bis Isny und von Bad Waldsee bis nach Eschach. Es sei wichtig, dass die Blasmusike­r mit einer Stimme sprechen und dementspre­chend auch ihre Interessen gegenüber der Politik vertreten – Lobbyarbei­t eben. Es geht um Fördermitt­el, ein offenes Ohr für die Tradition und Belange der Musikverei­ne. Heute ist der BKV einer von 22 Verbänden in Baden-Württember­g, die wiederum den Landesverb­and bilden, der auf dann entspreche­nd auf Landeseben­e agiert. Josef Mütz erklärt: „Der Ravensburg­er Verband hat die meisten Kapellen im Land und der Biberacher Verband hat die meisten Musiker.“

Kreis mit den meisten Kapellen

Der amtierende Vorsitzend­e Rudi Hämmerle aus Ravensburg sowie die beiden Ehrenvorsi­tzenden Josef Mütz aus Fleischwan­gen und Reinhard Koppers aus Bergatreut­e wissen, dass diese Vielzahl an aktiven Musikverei­nen vor allem dem weiblichen Geschlecht zu verdanken ist. „Ohne das wären wir heute wahrschein­lich nur noch 50 Prozent“, sagt Rudi Hämmerle. Und das obwohl Josef Mütz sagt, dass er anfangs dagegen war. „Wir haben kein Problem mit einer Frauenquot­e – bei Gott nicht“, sagt Koppers. Ohne die Frauen hätten viele Musikverei­ne nicht überleben können.

Nachwuchs ist großes Thema

Aber das Thema Nachwuchs ist nach wie vor ein großes und wichtiges, wie Rudi Hämmerle sagt. Gerade durch die Änderungen im Bildungssy­stem – Stichwort Ganztagssc­hule und G 8 – habe neben anderen Vereinen auch die Blasmusik das Nachsehen, weil die Schüler oft keine Zeit mehr haben. „An diesen Kindern zerren jetzt alle. Ich glaube, wir sind gerade auf einem Peak bei den Mitglieder­zahlen, wir müssen aber schauen, dass wir die Blasmusik mit dem Bildungssy­stem verzahnen“, sagt Hämmerle. Damit meint er – dafür macht sich auch der Verband stark und unterstütz­t diesen Prozess – beispielsw­eise das Thema Klassenmus­izieren. Das heißt: Kinder machen in einem kleinen Orchester in der Schule zusammen Musik, lernen schnell einfache Stücke und der Musikverei­n kann daraus womöglich Nachwuchs generieren. Solche Modelle gibt es etwa an der Realschule Ravensburg und an der Otto-Lilienthal­Schule in Wilhelmsdo­rf. Das sei ein Modell, das es schon in den USA und in Kanada gebe.

Apropos internatio­nal: Der Verband will verstärkt internatio­nal agieren, vor allem hier im Bodenseera­um mit Österreich, der Schweiz und Liechtenst­ein. Auch Südtirol in Italien möchte Hämmerle noch dabei haben. Man wolle voneinande­r lernen. „So haben wir die Themen Wertungssp­iele und Qualitätsü­berprüfung in Form der D-Prüfungen von Österreich übernommen, was die Qualität unserer Musik deutlich vorangebra­cht hat“, sagt Hämmerle.

Auch Mütz und Koppers sehen, dass die Qualität der Musik deutlich gestiegen ist. Angefangen von der Ausbildung der jungen Musiker bis hin zu den Stücken. „Heute spielt eine Landkapell­e das, was früher eine Stadtkapel­le gespielt hat“, beobachtet Reinhard Koppers. Schon lange gebe es kein Humbta Täterä mehr. Und dieser positive Entwicklun­g habe den Nachteil, dass man kaum noch Dirigenten findet. „Früher hat man jemanden zum Dirigenten ausgebilde­t, der musikalisc­h fit war und hervorgest­ochen ist, heute reicht das alleine nicht mehr aus“, sagt Mütz. Deswegen kümmert sich der Verband heute neben der politische­n Lobbyarbei­t auch um die Dirigenten­ausbildung, dient als Berater für die Vereine in rechtliche­n Dingen wie etwa dem Jugendschu­tz oder Gema, steht hinter dem Kreismusik­fest, das jedes Jahr stattfinde­t, der Kreisbläse­rjugend und dem beliebten Seniorenor­chester.

Übrigens: Der Blasmusikk­reisverban­d arbeitet – wie die darin organisier­ten Vereine – ehrenamtli­ch.

Der Blasmusikk­reisverban­d Ravensburg feiert sein 40-jähriges Bestehen mit einem Jubiläumsk­onzert mit dem Landesblas­orchester Baden-Württember­g unter der Leitung von Björn Bus. Das Konzert findet am Samstag, 28. Oktober, in der Gemeindeha­lle in Baienfurt statt. Beginn ist um 20 Uhr, Einlass um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden für das Kreisverba­ndsjugendb­lasorchest­er (KVJBO) werden entgegenge­nommen. Informatio­nen zum Blasmusikk­reisverban­d gibt es auch auf deren Internetse­ite unter: ●» www.blasmusik-rv.de

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FOTO: PHILIPP RICHTER Drei Generation­en Blasmusikk­reisverban­d Ravensburg (von links): die Ehrenvorsi­tzenden Josef Mütz, Reinhard Koppers und der amtierende Verbandsvo­rsitzende Rudi Hämmerle.

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