Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Im Gemeinderat geht es schwäbisch zu
Während der Sitzungen wird auch im Dialekt gesprochen – Stadträte schätzen Mundart
●
BAD WALDSEE - Auch in der Lokalpolitik ist der schwäbische Dialekt zu finden. Egal ob im Ortschaftsrat oder im Gemeinderat, in Bad Waldsee wird die Mundart während den Sitzungen gepflegt. Vier schwäbische Originale berichten, warum sie dem Schwäbischen in ihrer politischen Rolle treu bleiben.
Mittelurbachs Ortsvorsteher und FW-Gemeinderat Franz Spehn kann und will sich nicht verstellen: „I dua mir oifach herb mit dem Hochdeitscha. Selbscht wenn i’s brobier, kommet immer schwäbische Brocka dazwischa.“Er pflegt den Dialekt und schätzt dabei die sprachlichen Unterschiede, die es von Ort zu Ort so gibt. Als Beispiel nennt er das Wort Stein, das in Mittelurbach „Stui“ausgesprochen werde und in Mennisweiler „Stoi“. Oder das Wort Heimgehen, das in Mittelurbach „hoimgau“heißt und in Mennisweiler „hoim gong“. Mit den Kurgästen, die sein Gasthof zum Rad aufsuchen, spricht Spehn auch im Dialekt. Dass er dabei das ein oder andere mal nicht verstanden wird, stört Spehn nicht. Für ihn stellt der Dialekt ein Stück Heimat dar, und „wenns jemand it verstoht, dann widerhol i´s halt langsam oder erklär die Begriff“.
Tradition beibehalten
Für Michelwinnadens Ortschaftsrat und CDU-Gemeinderat Edmund Gresser bedeutet das Schwäbischreden „eine Tradition beizubehalten und sich nicht zu verstecken“. Etwaiges Belächeln seines Dialekts entgegnet er mit Gelassenheit: „Da stehe ich drüber. I mecht doch it verberga, wo i herkomm.“Der Dialekt vermittele Zugehörigkeit. „D´Leit dirfet doch wisse, dass i vo Winiga bin“, sagt Gresser und lacht. Auf seinen Impuls hin sind auch die vier speziellen Ortsschilder in Michelwinnaden mit „Winiga“beschrieben worden und nicht etwa mit Michelwinnaden. „Ha so kennt ma uns“, begründet Gresser die schwäbische Variante im kleinsten Teilort Bad Waldsees.
Warum Haisterkirchs Ortsvorsteherin und CDU-Gemeinderätin Rosa Eisele während den Sitzungen kein Hochdeutsch spricht, ist für sie leicht zu beantworten: „Weil es sich furchtbar anhört, wenn i hochdeutsch schwätz.“Sie steht zu ihrem Dialekt, der für sie Muttersprache ist und Zugehörigkeit zu Oberschwaben bedeutet. Irritierte Blicke erntet Eisele aufgrund ihres Schwäbisch schon lange nicht mehr. Speziell in ihrer Funktion als Ortsvorsteherin hätten die Haisterkircher ihr schnell attestiert, „dass dia it bloß schwätzt, sondern schafft“. Einzelne, verwunderte Gesichter gibt es lediglich noch bei Kurgästen, wenn Eisele im Klosterhof Führungen anbietet. „Wenn i merk, dass se grad nix verstanda hont, dann wiederhol i’s halt so, dass es verstanda wird, und noch freiet sich die Leit au.“Eisele ist außerdem Mitglied im Förderverein Schwäbischer Dialekt und trägt auf diese Weise ebenfalls zum Erhalt der schwäbischen Sprache bei.
Des Schwäbischen bedient sich auch Karl Schmidberger. „Das ist meine Sprache, mit der ich mich am besten ausdrücken kann“, sagt der SPD-Gemeinderat und Ortschaftsrat in Reute-Gaisbeuren. Für ihn ist der Dialekt ein Stück Heimat. Außerdem lasse sich in der Mundart vieles einfacher ausdrücken als auf Hochdeutsch. Als Beispiel nennt er seine schwäbische Lieblingsphilosophie: „Isch scho me am Hudla verhudlat worda, wi am Driala verdrialet.“Schmidberger übersetzt das sinnhaft so: „Es wurde schon viel nicht richtig gemacht, dadurch, dass man sich beeilen wollte, als dass dadurch etwas nicht gemacht wurde, weil man sich Zeit dafür genommen hat.“Ein herzhaftes Lachen folgt. Auch die Begriffe seiner Oma pflegt Schmidberger noch, wie Paradeiser (Tomaten), Breschtling (Erdbeere) oder Dogga (Puppe). Wenn Schmidberger allerdings Seminare gibt, bemüht er sich um Verständlichkeit, oder wie er es nennt „zumindest hochgedeutschtes Schwäbisch“.