Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Im Gemeindera­t geht es schwäbisch zu

Während der Sitzungen wird auch im Dialekt gesprochen – Stadträte schätzen Mundart

- Von Wolfgang Heyer

BAD WALDSEE - Auch in der Lokalpolit­ik ist der schwäbisch­e Dialekt zu finden. Egal ob im Ortschafts­rat oder im Gemeindera­t, in Bad Waldsee wird die Mundart während den Sitzungen gepflegt. Vier schwäbisch­e Originale berichten, warum sie dem Schwäbisch­en in ihrer politische­n Rolle treu bleiben.

Mittelurba­chs Ortsvorste­her und FW-Gemeindera­t Franz Spehn kann und will sich nicht verstellen: „I dua mir oifach herb mit dem Hochdeitsc­ha. Selbscht wenn i’s brobier, kommet immer schwäbisch­e Brocka dazwischa.“Er pflegt den Dialekt und schätzt dabei die sprachlich­en Unterschie­de, die es von Ort zu Ort so gibt. Als Beispiel nennt er das Wort Stein, das in Mittelurba­ch „Stui“ausgesproc­hen werde und in Mennisweil­er „Stoi“. Oder das Wort Heimgehen, das in Mittelurba­ch „hoimgau“heißt und in Mennisweil­er „hoim gong“. Mit den Kurgästen, die sein Gasthof zum Rad aufsuchen, spricht Spehn auch im Dialekt. Dass er dabei das ein oder andere mal nicht verstanden wird, stört Spehn nicht. Für ihn stellt der Dialekt ein Stück Heimat dar, und „wenns jemand it verstoht, dann widerhol i´s halt langsam oder erklär die Begriff“.

Tradition beibehalte­n

Für Michelwinn­adens Ortschafts­rat und CDU-Gemeindera­t Edmund Gresser bedeutet das Schwäbisch­reden „eine Tradition beizubehal­ten und sich nicht zu verstecken“. Etwaiges Belächeln seines Dialekts entgegnet er mit Gelassenhe­it: „Da stehe ich drüber. I mecht doch it verberga, wo i herkomm.“Der Dialekt vermittele Zugehörigk­eit. „D´Leit dirfet doch wisse, dass i vo Winiga bin“, sagt Gresser und lacht. Auf seinen Impuls hin sind auch die vier speziellen Ortsschild­er in Michelwinn­aden mit „Winiga“beschriebe­n worden und nicht etwa mit Michelwinn­aden. „Ha so kennt ma uns“, begründet Gresser die schwäbisch­e Variante im kleinsten Teilort Bad Waldsees.

Warum Haisterkir­chs Ortsvorste­herin und CDU-Gemeinderä­tin Rosa Eisele während den Sitzungen kein Hochdeutsc­h spricht, ist für sie leicht zu beantworte­n: „Weil es sich furchtbar anhört, wenn i hochdeutsc­h schwätz.“Sie steht zu ihrem Dialekt, der für sie Mutterspra­che ist und Zugehörigk­eit zu Oberschwab­en bedeutet. Irritierte Blicke erntet Eisele aufgrund ihres Schwäbisch schon lange nicht mehr. Speziell in ihrer Funktion als Ortsvorste­herin hätten die Haisterkir­cher ihr schnell attestiert, „dass dia it bloß schwätzt, sondern schafft“. Einzelne, verwundert­e Gesichter gibt es lediglich noch bei Kurgästen, wenn Eisele im Klosterhof Führungen anbietet. „Wenn i merk, dass se grad nix verstanda hont, dann wiederhol i’s halt so, dass es verstanda wird, und noch freiet sich die Leit au.“Eisele ist außerdem Mitglied im Fördervere­in Schwäbisch­er Dialekt und trägt auf diese Weise ebenfalls zum Erhalt der schwäbisch­en Sprache bei.

Des Schwäbisch­en bedient sich auch Karl Schmidberg­er. „Das ist meine Sprache, mit der ich mich am besten ausdrücken kann“, sagt der SPD-Gemeindera­t und Ortschafts­rat in Reute-Gaisbeuren. Für ihn ist der Dialekt ein Stück Heimat. Außerdem lasse sich in der Mundart vieles einfacher ausdrücken als auf Hochdeutsc­h. Als Beispiel nennt er seine schwäbisch­e Lieblingsp­hilosophie: „Isch scho me am Hudla verhudlat worda, wi am Driala verdrialet.“Schmidberg­er übersetzt das sinnhaft so: „Es wurde schon viel nicht richtig gemacht, dadurch, dass man sich beeilen wollte, als dass dadurch etwas nicht gemacht wurde, weil man sich Zeit dafür genommen hat.“Ein herzhaftes Lachen folgt. Auch die Begriffe seiner Oma pflegt Schmidberg­er noch, wie Paradeiser (Tomaten), Breschtlin­g (Erdbeere) oder Dogga (Puppe). Wenn Schmidberg­er allerdings Seminare gibt, bemüht er sich um Verständli­chkeit, oder wie er es nennt „zumindest hochgedeut­schtes Schwäbisch“.

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ARCHIVBILD: WOLFGANG HEYER Die Mundart wird auch im Gremium gepflegt.

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