Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Projektmanager auf Mission E
Der Mechatroniker Marcus Zacher entwickelt den Akku für einen neuen Sportwagen mit Elektroantrieb
● eistung contra Reichweite, Gewicht contra Kosten: das sind Zielkonflikte in der Entwicklung eines Elektroautos. Marcus Zacher muss sie lösen. Er ist bei Porsche zuständig für den Akku des neuen, rein elektrisch angetriebenen Sportwagens.
Mission E – unter dieser Bezeichnung läuft das Projekt bei Porsche. Der Sportwagen hat zwei Elektromotoren, an jeder Achse einen. Deren Leistung beträgt zusammen 440 kW und beschleunigt das Auto in 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 250 km/h. Stark und schnell, das ist typisch Porsche. Neu ist das Schnellladesystem mit 800 Volt, das doppelt so leistungsfähig ist wie bisherige Systeme. Damit kann der Akku des Wagens in 15 Minuten zu 80 Prozent geladen werden. Das entspricht einer Reichweite von etwa 400 Kilometern. Das Auto soll 2019/ 2020 auf den Markt kommen. Marcus Zacher, 29, ist zuständig für die Hochvolt-Batterie, das ist der wichtigste Teil des Fahrzeugs.
Zacher hat von 2007 bis 2010 an der Dualen Hochschule Baden Württemberg Mechatronik studiert und den praktischen Teil seines Studiums bei der Daimler-Tochter Accumotive in Kirchheim unter Teck absolviert. Die Entwicklung moderner Lithium-Ionen-Batterien für Autos ist die Kernaufgabe des Unternehmens. Nach seinem Studium hat Zacher bis Herbst 2016 als Entwicklungsingenieur in Versuch und Fehleranalyse von Batterie-Prototypen gearbeitet. Und er hat ein Batterie-Management-System mitentwickelt, dessen Ziel es ist, eine Standardisierung und Plattform für das elektrische und elektronische
LANZEIGEN System zu schaffen. Von diesem aus werden Sensoren, Steuergeräte und Schaltelemente der Batterie zentral gesteuert und geregelt. Zwischen 2013 und 2016 hat Zacher zudem berufsbegleitend den viersemestrigen Masterstudiengang Elektromobilität der Hochschulföderation Südwest absolviert. Er ist einer der ersten Absolventen.
Berufsbegleitender Master im Fach Elektromobilität
In der Föderation sind die baden-württembergischen Hochschulen Aalen, Esslingen, Heilbronn, Mannheim, Ravensburg-Weingarten und die Hochschule der Medien Stuttgart vernetzt. Aus der Zusammenarbeit ist der berufsbegleitende Masterstudiengang Elektromobilität hervorgegangen. Die Vorlesungen finden am Freitagnachmittag und am Samstag zentral in Esslingen statt, spezielle Laborveranstaltungen auch an den einzelnen Hochschulen. Durch den Zusammenschluss der Hochschulen entsteht ein großer Fundus an Spezialisten unter den Professoren und ein breites inhaltliches Angebot an Vorlesungen. „Unser Angebot richtet sich an Ingenieure, die sich in der Elektromobilität weiterqualifizieren möchten“, sagt Professor Gerd Wittler von der Hochschule Esslingen, er ist Studiendekan des Studiengangs. Die Studierenden lernen neue Werkstoffe einzusetzen, den Antriebsstrang zu optimieren oder die Effizienz der Leistungselektronik zu erhöhen. „Durch ein Wechselspiel der Komponenten ein Optimum zu finden, das können unsere Absolventen, weil sie das Elektroauto als mechatronisches Gesamtsystem verstehen.“Das ist das Ziel der Ausbildung und Aufgabe von Marcus Zacher.
Viel Abstimmungsarbeit zwischen den Bereichen
Seit Oktober 2016 arbeitet er bei Porsche und ist Projektmanager für die Batterie des neuen Elektroautos. „Mein Job erfordert viel Abstimmungsarbeit zwischen den Bereichen und oft geht es darum einen Zielkonflikt so zu lösen, dass alle Beteiligten zufrieden sind.“Das ist seine Aufgabe in Bezug auf die Batterie, also den Antrieb. Ein Beispiel ist der Zielkonflikt zwischen Leistung und Reichweite. Starke Beschleunigung mindert die Reichweite. Ein Porsche muss sprinten können, das Auto soll aber auch möglichst weit kommen. „Zunächst suche ich nach der besten technischen Lösung, um die unterschiedlichen Anforderungen unter einen Hut zu bekommen. Diese bespreche ich dann mit den Beteiligten. Wenn alle zustimmen, verfolgen wir diesen Plan weiter.“Iterativ nähert man sich so einer Lösung, bis die Batterie immer konkreter wird.
Auch bei Gewicht und Kosten ringen sämtliche Projektbeteiligten um die beste Lösung, denn die Batterie ist schließlich das teuerste Teil am Elektroauto: „Gewichtsersparnis hat zwar ihren Preis, aber für die Dynamik eines Fahrzeuges sollte die Batterie möglichst leicht sein.“Um Gewicht zu sparen, kann die Batterie in Leichtbauweise hergestellt werden. Weniger Gewicht bedeutet bessere Fahrdynamik und mehr Reichweite. Die Batterie wiegt um die 700, 800 Kilogramm. 50 Kilogramm weniger sind schon deutlich spürbar, in der Beschleunigung als auch beim Energieverbrauch.
In seiner Funktion muss Zacher das gesamte Elektrofahrzeug verstehen, er muss gut kommunizieren und im Team arbeiten können. „Ich bin erfolgreich, wenn ich meine technischen Ideen verständlich erklären, Kollegen überzeugen, mit ins Boot holen kann.“Autos entwickeln und produzieren ist das stetige Herantasten an die beste Lösung und an Grenzen.
Es gibt in Deutschland mehrere Studiengänge für Elektromobilität, beispielsweise in Bochum, München, Stuttgart. Die in Ingolstadt und Esslingen finden berufsbegleitend statt. „Ich wollte nicht in Vollzeit studieren, die Abwechslung zwischen Beruf und Studium fand ich spannend“, sagt Zacher. Rund 18 000 Euro kostet die Ausbildung. Mit 20 Studenten ist der aktuelle Jahrgang des Studiengangs ausgebucht. „Die Jobaussichten unserer Absolventen sind hervorragend“, sagt Wittler. Der Elektromobilität gehöre die Zukunft. Das Einstiegsgehalt von Ingenieuren der Elektromobilität liegt mit rund 47 000 Euro auf dem Niveau anderer Master-Ingenieure.