Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Alabama hält zu Daimler und ZF
Alabama hilft seinen ausländischen Autokonzernen im Kampf gegen Trump
MONTGOMERY/TUSCALOOSA (ben) Der US-amerikanische Bundesstaat Alabama bezieht offiziell Stellung gegen die protektionistische Politik des Präsidenten Donald Trump. In Alabama ist man besorgt, dass die Geschäftsbeziehungen ins Ausland, etwa zum Autobauer Daimler oder zum Zulieferer ZF, leiden könnten. Deshalb will man die ausländischen Investitionen schützen.
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MONTGOMERY/TUSCALOOSA Greg Canfield mühte sich, höflich zu sein. Und doch waren seine Worte mehr als deutlich. „Diese Beobachtung beruht nicht auf Tatsachen“, sagte Alabamas Handelsminister über eine Bemerkung von US-Präsident Donald Trump. Der hatte vor einigen Monaten die deutsche Autoindustrie angegriffen, weil er in New York vor seinem Haus immer nur Fahrzeuge deutscher Hersteller sehe, während in Deutschland kaum USAutos unterwegs seien. Unfair sei das, so wetterte Trump. Falsch sei das, antwortete Canfield ihm jetzt. „In der global vernetzen Autoindustrie kann ein Auto das deutsche Label Mercedes tragen, aber trotzdem ein amerikanisches Auto sein.“
Es ist kein Zufall, dass Canfield für seine Belehrung des amerikanischen Präsidenten ausgerechnet das Beispiel der Daimler-Marke Mercedes wählte. Der schwäbische Autobauer war der erste, der sich in Alabama ansiedelte und dort nun Autos mit dem Stern auf der Motorhaube baut. Aus Sicht Canfields sind in Amerika gebaute Autos amerikanisch – und stehen völlig zurecht in New York vor Donald Trumps Tür. Alabamas Handelsminister befürchtet aber, dass die Trump’sche Handelspolitik die so erfolgreiche Geschichte von Mercedes in seinem Bundesstaat beschädigt. Es sind Sorgen, die Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut teilt.
Enge Verbindung zu Deutschland
Auf ihrer Reise mit einer Wirtschaftsdelegation durch die USA besuchte die CDU-Politikerin deshalb auch die Gouverneurin von Alabama, Kay Ivey. „Aus unserer Sicht ist Mercedes US ein einheimisches Unternehmen, allein schon wegen der hohen Investitionen und der vielen Menschen, die dort arbeiten“, erklärte Hoffmeister-Kraut. Man schätze das Engagement von Daimler sehr, antwortete Ivey, „und wir werden alles tun, um die enge Verbindung zu Deutschland und Daimler aufrecht zu erhalten.“Doch so einig sich die 73-jährige Gouverneurin und ihr Gast aus Deutschland bei dem Treffen im State Capitol in der Hauptstadt Montgomery auch waren, so groß auch die Verunsicherung wegen der Politik des US-Präsidenten. „Ich hoffe, wir haben ein wenig Einfluss auf Trump“, sagte Ivey schließlich.
Neben Daimler haben auch Toyota, Honda und Hyundai Fabriken in Alabama gegründet. 2016 bauten die Unternehmen dort mehr als zwei Millionen Motoren und mehr als eine Million Autos. Damit ist der Bundesstaat nach Michigan, Ohio, Indiana und Kentucky bereits die fünftwichtigste Autoregion in den Vereinigten Staaten. In den vergangenen Jahren entwickelte sich der Süden der USA neben dem Mittleren Westen zu einem zweiten Schwerpunkt der Autoindustrie. Nissan siedelte sich in Mississippi an, Kia in Georgia, Volvo und BMW produzieren in South Carolina, VW in Tennessee.
Für Donald Trump zählt das alles nichts, er unterscheidet einzig zwischen amerikanischen und ausländischen Herstellern. Vor allem aber deutschen Autobauern wirft er immer wieder vor, dass sie mehr Produkte in die USA exportieren, als sie von dort einkaufen würden. Regelmäßig droht er mit Strafzöllen für eingeführte Fahrzeuge und Autoteile, ein Szenario, das die global so stark vernetzte Autoindustrie in den USA schwer treffen würde. Im mittleren Westen wie in den Südstaaten. Und in Alabama.
Zwar sind Konzerne wie Daimler in den USA schon lange keine Autoimporteure mehr, sondern auch im Land Donald Trumps in erster Linie Autobauer – 2016 verkauften die Schwaben 340 000 Autos in den USA und stellten 300 000 Autos dort her. Dennoch ist man im Mercedes-Werk von Alabama auf Bauteile von Fabriken aus aller Welt angewiesen. „Wir sind fest davon überzeugt, dass der Freihandel den Wohlstand aller Beteiligten sichert“, sagt der DaimlerChef vom Standort Tuscaloosa, Jason Hoff.
Ähnlich skeptisch wie der schwäbische Traditionskonzern sind auch andere Autobauer sowie die Zulieferer, die sich in Alabama angesiedelt haben, seit Daimler das Werk 1997 anlaufen ließ. Dazu gehören neben dem Friedrichshafener Konzern ZF, der in Tuscaloosa für Daimler Achsen und Fahrgestelle baut, auch baden-württembergische Unternehmen wie Boysen (Abgastechnik), Eberspächer (Heizungen und Klimatechnik), SMP (Kunststoffteile) und Strähle & Hess (Textiltechnik).
Daimler baut in Alabama seine beiden SUV (Sport Utility Vehicle, englisch für sogenannte Geländelimousinen) GLE und GLS sowie die C-Klasse. 3700 Leute arbeiten in dem Werk. „Bevor wir hierher gekommen sind, gab es in der Region keine richtige Autoindustrie“, erklärt Hoff. „Und nun sind wir der zweitgrößte Autoexporteur der USA.“In Zukunft soll der Standort noch wichtiger werden: Anlässlich der Feier zum 20-jährigen Bestehen des Werkes verkündete Daimler, dass das Unternehmen in Zukunft in Tuscaloosa auch die elektrischen SUV herstellen sowie eine Batteriefabrik bauen will. Es ist geplant, in dem Werk mehr als 800 Millionen Euro zu investieren und 600 zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.
Die Investitionen schützen
„Solche Investitionen zeigen, dass beide Seiten von der Zusammenarbeit profitieren“, sagt Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut. Insgesamt sind in Alabama mehr als 70 deutsche Unternehmen aktiv, die in den vergangenen 20 Jahren 16 000 Arbeitsplätze geschaffen und mehr als neun Milliarden Euro investiert haben – mehr als die Hälfte dieser Direktinvestitionen kommt von Firmen aus Baden-Württemberg.
„Wir werden hart arbeiten, diese Investitionen zu schützen“, sagt Steve Spencer, oberster Wirtschaftsförderer von Alabama. Er weiß um die Gefahr, was die Trump’schen Ideen für Alabama bedeuten könnten, gibt sich aber gelassen. „Wir haben Abgeordnete, die in Washington vieles gerade rücken werden“, erläutert Spencer. Vor allem aber: „Diese Konzepte können nicht die Art und Weise verändern, wie unser Land funktioniert – und sie werden nicht unser Verhältnis zu Deutschland verändern.“
Alabama wird seine Autoindustrie gegen Trump verteidigen. Auch wenn sie Autos baut, die einen Stern als Emblem auf der Motorhaube haben.