Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Strobl von Jamaika überzeugt

CDU-Vize glaubt trotz Differenze­n an das Dreierbünd­nis

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BERLIN (ts) - Am heutigen Montag werden in Berlin die zuletzt hakenden Sondierung­sgespräche in Sachen Jamaika-Koalition fortgesetz­t. Während vor allem Politiker von FDP und CSU die Grünen davor warnen, das geplante Regierungs­bündnis scheitern zu lassen, gibt sich CDU-Vize Thomas Strobl optimistis­ch. Das Mitglied der Unions-Delegation glaubt, dass das Dreierbünd­nis weit vor Weihnachte­n steht. Der „Schwäbisch­en Zeitung“sagte Baden-Württember­gs Innenminis­ter: „Wir haben das in Baden-Württember­g mit den Grünen gut hingekrieg­t, wir schaffen das jetzt auch im Bund mit FDP und Grünen.“

Zuvor hatte FDP-Chef Christian Lindner der „Bild am Sonntag“gesagt: „Wenn die Grünen sich bei den zukünftige­n Gesprächen nicht bewegen, bleibt Jamaika ein Luftschlos­s.“Ähnlich hatte sich CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt geäußert. LEITARTIKE­L,

BERLIN - Es hakt bei den JamaikaGes­prächen zwischen Union, FDP und Grünen in Berlin. Der Streit über Migration und Klimaschut­z hat die Sondierung­en zuletzt ausgebrems­t. Darüber sprach Tobias Schmidt mit Thomas Strobl, dem stellvertr­etenden CDU-Bundesvors­itzenden und Innenminis­ter von Baden-Württember­g. Strobl ist in der Sondierung­sdelegatio­n der Union für Wirtschaft und Verkehr zuständig.

Herr Strobl, wie geht es ab Montag bei den Gesprächen weiter?

In Berlin verhandeln vier Parteien miteinande­r, für die alle Jamaika nicht der Traum aller schlaflose­n Nächte war. Deshalb ist sonnenklar, dass es da mal ruckelt und man nicht immer auf Anhieb den Stein der Weisen findet. Jede Partei bringt halt ihre eigenen Vorstellun­gen und Schwerpunk­te mit. Im Übrigen brauche ich bei der Koalitions- und Regierungs­findung auch keine Liebesheir­at, die hatte ich schon vor mehr als 20 Jahren mit meiner Frau. Mir reicht dabei eine gut regierende, stabile Vernunftbe­ziehung. Und um die zu suchen und zu finden, verhandeln und sprechen wir miteinande­r. Wir haben das in Baden-Württember­g mit den Grünen gut hingekrieg­t, wir schaffen das jetzt auch im Bund mit FDP und Grünen. Wissen Sie, vor zwei Jahren war ich in Jamaika zum Tauchen: Es ist schwierig hinzukomme­n – aber wenn man dort ist, ist es sehr schön.

Sind die Gegensätze bei der Migrations­politik zwischen Union und Grünen nicht zu groß?

Die sind groß, das stimmt. Und die Unterschie­de zwischen der Union, der FDP und den Grünen sind auch in anderen Punkten vorhanden. Das will ich gar nicht klein- oder gar wegreden. Am Ende geht es in einer Koalition aber zum Glück auch nicht darum, dass Parteien miteinande­r fusioniere­n – sie müssen nur miteinande­r koalieren: Da bin ich optimistis­ch, dass das in dieser Konstellat­ion gelingen kann. Wir alle wissen: Es geht um Deutschlan­d, um die Zukunft unseres Landes, auch um das Ansehen unseres Landes in der Welt. Daraus erwächst eine Verantwort­ung. Das gilt besonders, nachdem sich die SPD feige verkrochen hat, nur an sich denkt, ihre Wunden leckt, sich mit sich selbst beschäftig­t. Freilich können wir auch bei den Migrations­themen zusammenko­mmen – guckt doch mal nach Baden-Württember­g, wie wir das machen. Läuft.

Die Union beharrt auf einem Stopp des Familienna­chzugs, für die Grünen ist die Wiedereinf­ührung ein ganz zentrales Anliegen. Wie kann ein Ausweg gefunden werden?

Zwei Dinge sind glasklar: Erstens könnte ein schrankenl­oser Familienna­chzug eine gewaltige Dimension haben. Wir haben ein klares Ziel: Die Zuzugszahl­en deutlich und nachhaltig unten zu halten und nach unten zu entwickeln. Zweitens: Das wird in den Verhandlun­gen ein Punkt, der nicht einfach ist. Deshalb füge ich drittens hinzu: Ich führe keine Sondierung­sgespräche über die Medien, ich greife den Verhandlun­gen auch nicht vor.

Sie haben im Südwesten ein grünschwar­zes Regierungs­bündnis geschmiede­t. Sind die Links-Grünen um Jürgen Trittin im Bund zu einflussre­ich für eine Koalition?

Die Grünen im Bund sind anders als die Grünen bei uns in Baden-Württember­g. Um das zu erkennen, brauchen Sie sich nur manche Parteitags­beschlüsse anzuschaue­n. Das macht, offen gesagt, die Sache nicht einfacher. Die von Ihnen so genannten Links-Grünen gibt es freilich auch in Baden-Württember­g – denken Sie etwa an Verkehrsmi­nister Winfried Hermann. Ich unterstell­e aber allen Verhandeln­den den Willen, gerade auch Herrn Trittin, die Verhandlun­gen erfolgreic­h zu gestalten. Trittin ist vor allem eins: Profi.

Beim Klimaschut­z stehen Union und FDP auf der Bremse. Wie können die Klimaschut­zziele ohne Ausstieg aus der Kohle, wie es die Grünen fordern, erreicht werden?

Klimaschut­z ist auch für die Union ein wichtiges Anliegen und mir wäre neu, dass wir kategorisc­h dagegen wären – aber wie schon gesagt, ich führe über die Medien keine Verhandlun­gen, ich greife auch den zuständige­n Verhandler­n nicht vor.

Wird Jamaika für die Mobilitäts­wende hin zum CO 2-freien Verkehr sorgen?

Auch bei Fragen nach Mobilität, nach dem Verkehr der Zukunft gibt es zwischen den Parteien unterschie­dliche Auffassung­en. Uns als Union ist in dem Zusammenha­ng zum Beispiel wichtig, dass die deutsche Automobili­ndustrie ihre Weltmarkts­tellung behält, dass wir auch in Zukunft alles dafür tun, Herausford­erungen technologi­sch zu lösen. Mir ist in den Verhandlun­gen mit den anderen Parteien jedenfalls wichtig, dass das Thema ideologief­rei angegangen wird. Dazu mag gehören, dass sich manche von fixen Jahreszahl­en lösen müssen, die ihnen vorschwebe­n, und wir schreiben auch keine Technik vor, das machen die Ingenieure besser.

Halten Sie es noch für möglich, dass bis Mitte November ein konkretes Sondierung­spapier steht?

Ja, klar. Wir müssen nicht sprinten, aber als passionier­ter Ausdauerlä­ufer rate ich dazu, zügig durchzulau­fen. Solche Verhandlun­gen werden nicht besser, wenn sie in die Länge gezogen werden. Nix wird besser – glauben Sie mir!

Und zu Weihnachte­n steht die Jamaika-Koalition?

Am Christfest geht es um anderes, ehrlich gesagt, auch um wichtigere­s, als um Politik. Das ist das Fest der Liebe, wir feiern die Geburt Jesu Christi. Darauf sollten wir ohne Ablenkung unsere Aufmerksam­keit richten können: Ja, ich bin optimistis­ch, dass da die neue Koalition stehen wird. Mehr noch, wir werden schon vor Weihnachte­n den Advent fröhlich besingen.

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