Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Karstadt will Kaufhof

Karstadt-Chef René Benko träumt von einer „Deutschen Warenhaus AG“

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KÖLN (dpa) - Der österreich­ische Karstadt-Eigentümer René Benko hat offiziell ein Angebot für den Rivalen Kaufhof vorgelegt. Hätte er damit Erfolg, würde sich die deutsche Warenhausl­andschaft wohl grundlegen­d verändern. Fragen und Antworten zum Warenhaus-Poker. Warum will René Benko eigent● lich Kaufhof kaufen?

Die Übernahme von Kaufhof durch Karstadt würde den Schlusspun­kt in der Konsolidie­rung der deutschen Warenhausl­andschaft setzen. Wo einst Karstadt, Kaufhof, Hertie, Horten und Co. um die Kundenguns­t kämpften, bliebe nur noch ein Platzhirsc­h übrig. Er hätte vielleicht bessere Chancen, sich gegen die Konkurrenz aus dem Internet, gegen moderne Einkaufsce­nter, gegen H&M und Primark zu behaupten. „Es ist das beste, was die schwächeln­den Kaufhäuser noch machen können“, meint der Handelsexp­erte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhei­n. Wie sieht Benkos Angebot aus?

Die Signa-Holding von René Benko bietet nach dpa-Informatio­nen rund drei Milliarden Euro für das deutsche Warenhausg­eschäft von Kaufhof und andere Immobilien. Der Löwenantei­l des Kaufpreise­s dürfte dabei nicht auf die Warenhausk­ette, sondern auf die Immobilien in wertvollen Innenstadt­lagen entfallen. Der kanadische Kaufhof-Eigentümer Hudson Bay Company (HBC) hatte 2015 die Warenhausk­ette der Metro für 2,8 Milliarden Euro abgekauft. Wie belastbar das Angebot ist, ist allerdings umstritten. HBC sprach in einer Börsenmitt­eilung von einem unvollstän­di-

gen, nicht bindenden Angebot, dessen Finanzieru­ng nicht belegt sei. Kann Benko einen solchen Kauf● preis bezahlen?

Darüber kann man nur spekuliere­n, da Benkos Signa-Holding kaum Zahlen veröffentl­icht. Allerdings hat die Immobilien-Tochter Signa Prime erst Anfang Oktober ihr Eigenkapit­al um eine Milliarde Euro erhöht, um Spielraum für Zukäufe zu gewinnen. Einiges Geld ist also vorhanden. Will HBC den Kaufhof überhaupt ● verkaufen?

Offiziell hat der kanadische KaufhofEig­entümer HBC bislang stets alle Verkaufsab­sichten bestritten. Erst vor knapp zwei Wochen bekräftigt­e HBC-Chef Richard Baker noch einmal in einem offenen Brief an die Kaufhof-Beschäftig­ten: „Selbstvers­tändlich stehen wir auch weiterhin zu unserem Engagement und unserer Wachstumss­trategie in Europa.“Was könnte den HBC-Chef ver● anlassen, seine Meinung zu ändern? Die schlechte Lage des Konzerns und der Druck der Aktionäre. Der kanadische Konzern steckt in einer tiefen Krise. Die Geschäfte des Unternehme­ns in Nordamerik­a laufen schlecht. Und auch das 2015 mit großen Hoffnungen gestartete EuropaGesc­häft hat die Erwartunge­n nicht erfüllt. Im Gegenteil: Der Kaufhof kämpft mit Umsatzrück­gängen und roten Zahlen. Erste Aktionäre haben deshalb bereits gefordert, das SignaAngeb­ot ernsthaft zu prüfen. Dass nach dem Bekanntwer­den der Offerte der Kurs der HBC-Aktie um 9 Prozent in die Höhe schnellte, könnte dieser Forderung Nachdruck verleihen.

● Was würde ein Verkauf für die Beschäftig­en bedeuten?

Vor allem erst einmal große Unsicherhe­it. Würden Kaufhof und Karstadt zusammenge­legt, wären wohl eine Konzernzen­trale und die damit verbundene­n Arbeitsplä­tze überflüssi­g. Und auch bei den Kaufhäuser­n könnte es Schließung­en geben – insbesonde­re dann, wenn in einer Stadt die Karstadt- und Kaufhof-Filialen in Sichtweite voneinande­r liegen. Wie viele Warenhäuse­r sind be● droht?

Viele. Joachim Stumpf von der Handelsber­atung BBE geht davon aus, dass etwa jedes dritte der derzeit noch rund 180 deutschen Warenhäuse­r früher oder später in der derzeitige­n Form vor dem Aus steht. Käme ein Zusammensc­hluss, würde sich diese Entwicklun­g durch den schnellere­n Wegfall von Doppelstan­dorten beschleuni­gen. Käme er nicht, wäre die Entwicklun­g letztlich auch nicht aufzuhalte­n, meint er. Bedroht seien vor allem Warenhäuse­r in Klein- und Mittelstäd­ten. Gerrit Heinemann hält sogar rund die Hälfte der Filialen auf die Dauer für nicht überlebens­fähig. Wäre durch einen Zusammen● schluss die Zukunft des verblieben­en Konzerns gesichert? Das ist angesichts des boomenden Onlinehand­els und sinkender Kundenfreq­uenzen in den Innenstädt­en durchaus umstritten. Für Heinemann sind die Warenhäuse­r „sterbende Dinosaurie­r“. Ein Zusammensc­hluss sei zwar aktuell das Beste, was die Unternehme­n machen könnten, doch werde er letztlich nur das Siechtum verlängern.

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FOTO: DPA Das Logo der Kaufhauske­tte Galeria Kaufhof. Der österreich­ische Karstadt- Eigentümer Benko hat offiziell ein Angebot für den Konkurrent­en vorgelegt.

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