Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
15 000 Zweitjobber im Kreis Ravensburg
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten: Haupterwerb muss zum Leben reichen
RAVENSBURG (sz) - Rund 15 000 Menschen im Landkreis Ravensburg haben neben dem Haupterwerb noch einen Minijob – 57 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. Die NGG Ulm-Aalen-Göppingen beruft sich dabei auf neueste Zahlen der Arbeitsagentur. Besonders verbreitet sind Zweitjobs demnach im Gastgewerbe: 2110 geringfügig Beschäftigte arbeiten in der Branche im Kreis Ravensburg – zusätzlich zu einer sozialversicherungspflichtigen Stelle. Gegenüber 2007 stieg ihre Zahl um 133 Prozent.
Karin Brugger, Geschäftsführerin der NGG Ulm-Aalen-Göppingen, spricht von einem „alarmierenden Trend“. „Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen mit einem normalen Arbeitsverhältnis nicht über die Runden kommen.“Auf den ersten Blick verzeichne der Arbeitsmarkt im Kreis Ravensburg steigende Beschäftigungsquoten. „Doch die hohe Zahl der Zweitjobber zeigt, dass nicht alles Gold ist, was auf dem Arbeitsmarkt glänzt“, so Brugger.
Dringenden Handlungsbedarf sieht die NGG Ulm-Aalen-Göppingen auch bei der Politik. „Wenn laut Arbeitsagentur im Kreis Ravensburg mittlerweile nahezu jeder achte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Nebenjob hat, dann ist hier etwas aus dem Ruder gelaufen“, betont Brugger. Der gesetzliche Mindestlohn sei zwar ein erster wichtiger Schritt gewesen, um extreme Niedriglöhne abzuschaffen. Doch mit derzeit 8,84 Euro pro Stunde liege die Untergrenze zu niedrig, um davon allein als Vollzeit-Beschäftigter etwa eine bezahlbare Wohnung in der Stadt zu finden.
Brugger plädiert dafür, dass ausgehandelte Tarifverträge künftig in allen Betrieben einer Branche gelten sollen – unabhängig davon, ob der Chef in einem Arbeitgeberverband ist oder nicht.