Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Saulgauerin kreiert Puppen mit Charakter
Natalia Sauer stellt ihre Kunstwerke in der Galerie Fähre aus – Engel, Feen und Hexen
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BAD SAULGAU - Die Bad Saulgauer Künstlerin Natalia Sauer präsentiert in einer Ausstellung in der Galerie Fähre vom 8. Dezember bis 21. Januar ihre nostalgisch anmutenden Puppen. Die aus verschiedenen Materialien hergestellten Puppen sind samt und sonders Unikate, in liebevoller Handarbeit hergestellt. Am liebsten wäre es ihr, die Besucher würden ihre Puppen nicht nur anschauen, sondern auch anfassen dürfen.
Nachdem die 55-Jährige ihr Talent anfangs aufs Malen verwendet hatte, erblickte sie vor drei Jahren in einer Moskauer Boutique eine Puppe der dänischen Marke Tilda. Die gebürtige Russin lebt seit 15 Jahren in Deutschland, hat als Dolmetscherin gearbeitet und sich im Abendstudium zur Gebrauchsgrafikerin weitergebildet. Heute gibt Natalia Sauer in Integrationskursen Deutschunterricht. Von der Tilda-Puppe war sie augenblicklich gebannt und von dem Wunsch besessen, ähnlich charakteristische Puppen mit eigener Prägung zu erschaffen. Fortan stürzte sie sich in die Arbeit, experimentierte, verwarf, probierte aufs Neue.
Ihre Puppen waren anfänglich ganz und gar aus Stoff gemacht, doch nach einer Weile empfand sie das als zu minimalistisch; der Ausdruck war ihr nicht differenziert genug. Kopf, Hände und Füße bestehen heute aus einer Kunststoffmasse, die nach dem Ausformen im Ofen gebrannt wird. „Beim Modellieren dürfen meine Hände nicht zu warm sein“, sagt sie. Verbunden werden die keramikartigen Teile mit Draht, zum Stabilisieren verwendet Natalia Sauer Wirbelkörper, der Körper schließlich besteht aus Stoff, der mit Bastelwatte gefüllt wird. Die Haare fertigt sie aus Fell oder verschiedenfarbiger Wolle. Die Materialien für die wunderschönen Kleider besorgt sie häufig auf Flohmärkten, hin und wieder kauft sie sie aber auch Spitze, Servietten oder eine Seidenbluse nur zum Zweck des Zerschneidens, auch wenn sie sich dazu überwinden muss. Mittlerweile verfügt sie über einen beachtlichen Fundus.
Beginnt sie eine neue Arbeit, hat sie niemals das Bild der fertigen Puppe im Kopf. Deshalb fertigt sie Hände und Füße immer in größerer Stückzahl als nötig. Welche am besten passen, stellt sich erst später heraus. „Manchmal will ich ihr Jeans schneidern“, lächelt sie, „doch sie flüstert mir zu, sie möge keine Jeans.“Es komme vor, dass sie Wochen braucht, um die Puppe fertigzustellen, weil sie einfach noch nicht spüre, was die Puppe möchte.
Wie eigene Kinder
Ist die Puppe fertig, bekommt sie einen Namen und ist für die Künstlerin wie ein eigenes Kind. Als sie zum ersten Mal eine von ihnen verkaufte, liefen ihr die Tränen übers Gesicht, während sie sie in den Karton legte. „Es war, als legte ich sie in ein Grab“, gesteht sie verschämt lächelnd. „Ich musste lernen loszulassen.“
Viele der Puppen wirken sehr verletzlich und vom Leben gezeichnet. In Deutschland bekommt man meist nur vollkommen lebensecht gestaltete Baby- und Kleinkindpuppen zu kaufen, niedlich und süß. Die ihren sind von einer anrührenden Verträumtheit, auf manche Menschen wirkt das befremdlich. Natalia Sauer erschafft ausschließlich weibliche Puppen. „Frauen sind einfach schöner“, sagt sie und lacht.
Im Laufe der Zeit ändern sich ihre Vorstellungen immer mal wieder, so hat sie eine Zeit lang nur Hexen kreiert, dann verwandelten sie sich nach und nach in Engel und Feen. Später wiederum entwickelten sich die Bäuche der Puppen dergestalt, dass sich ihre Tochter veranlasst fühlte zu fragen, ob das jetzt Schwangere seien. Allesamt wirken sie eher nachdenklich, übers ganze Gesicht lachende Puppen sind der Künstlerin zu klischeehaft.
Die Arbeit mit den Puppen habe auch sie selbst verändert, merkt Natalia Sauer an. Beim Zugfahren beispielsweise betrachte sie ihre Mitreisenden und überlege, wie sie den einen oder anderen Gesichtsausdruck hinbekommen könne. In ihrem Kopf reifte der Gedanke, ihre Sammlung der Öffentlichkeit zu zeigen.
Voriges Jahr war sie bereits in Bad Buchau beim Handwerkerbasar vertreten, im Frühling hat sie in Amster- dam ausgestellt. Auch auf der Puppenmesse in Münster konnte man sie Ende April antreffen, und demnächst wird sie mit ihren Puppen für drei Tage nach Prag reisen. Danach sind die Puppen wieder in der Region zu sehen, zuerst in Grünkraut, dann in Bad Saulgau.
Die Ausstellung in Grünkraut findet vom 18. November bis 2. Dezember im Gartencenter Fleischer statt, die Galerie Fähre in Bad Saulgau stellt vom 8. Dezember bis 21. Januar aus. Vernissage ist am 8. Dezember um 19 Uhr. Unter www.puppenmagie.com sind ihre Puppen bereits vor Ausstellungsbeginn zu bewundern.