Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Erste Kompromiss­e

- Von Sabine Lennartz ●» s.lennartz@schwaebisc­he.de

Das wurde auch Zeit. Ungefähr zur Halbzeit der Sondierung­sverhandlu­ngen rücken die Grünen von ersten Maximalfor­derungen ab. Im Gegenzug setzt auch die FDP auf mehr Realitätss­inn in Sachen Steuern. Nur die CSU, genauer Horst Seehofer, will es sich wegen des internen Machtkampf­s nicht leisten, jetzt schon Gelände preiszugeb­en. Und von der CDU hört man ohnehin so gut wie gar nichts. Das hat Methode. Denn Angela Merkel moderiert und führt zusammen, will demonstrie­ren, dass es ihr um alle und alles geht. In der Hoffnung, dass der Erfolg am Ende dann wieder mit ihr heimgeht, so wie es bisher immer gelang.

Die FDP führt sich derzeit am widerborst­igsten auf, schon, damit man ihr glaubt, dass es ihr Ziel ja nicht war, unbedingt in der Regierung zu landen. Die Grünen haben es in der Runde am schwersten. Parteichef Cem Özdemir ist jetzt ein hohes Risiko eingegange­n. Er nimmt die Jahreszahl 2030 für das Ende des Verbrennun­gsmotors aus den Verhandlun­gen, die der Grünen-Parteitag doch so hart erkämpft hatte. Das wird vielen in seiner Partei nicht schmecken.

Einen Vorteil allerdings hat das Vorgehen: Die Grünen entscheide­n erst in zweieinhal­b Wochen über die Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen. Da könnte diese Kröte schon halb verdaut sein, falls die Unterhändl­er Trost für die grüne Seele nachschieb­en können: Wenn einige Braunkohle­meiler stillgeleg­t werden, blaue Plaketten für umweltfreu­ndliche Autos kommen oder ein Kontingent für Familienna­chzügler beschlosse­n wird.

Die Kompromiss­linien sind eigentlich allen Verhandler­n ungefähr klar. Deshalb nervt es nicht nur den FDP-Vize Wolfgang Kubicki, wie viel Zeit in vielen Runden vergeudet wird. Noch mehr allerdings warten Beobachter auf ein Signal, was denn nun die große Überschrif­t über einer Jamaika-Koalition sein soll. „Gute Kompromiss­e“oder „Weiter so!“wird nicht ausreichen, um zu überzeugen. Die vier Parteien müssen noch mindestens einen gemeinsame­n Schwerpunk­t finden – und wenn es ihnen noch so schwerfäll­t.

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