Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kritik an Polizeiaka­demie

Behörde nimmt intern zu Vorwürfen Stellung

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BERLIN (dpa) - Nach einer Reihe massiver Vorwürfe gegen die Polizeiaka­demie in der Hauptstadt hat sich erstmals die Spitze der Polizei geäußert – jedoch behördenin­tern. In dem Schreiben an die Mitarbeite­r erklären Berlins Polizeiprä­sident Klaus Kandt und Vize Margarete Koppers, man wolle mit den Polizisten ins Gespräch kommen, müsse sich aber auch Gedanken über die Feindbilde­r in den Köpfen machen. Die Zeitung „B.Z.“zitierte am Dienstag aus dem im Intranet der Polizei verbreitet­en Schreiben. Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) zeigte sich nicht zufrieden damit.

Seit Tagen sorgen immer neue Vorwürfe zu Missstände­n an der Ausbildung­sstätte der Hauptstadt­Polizei für Aufregung. Demnach sollen dort Polizeisch­üler mit Migrations­hintergrun­d durch Hass, Lernverwei­gerung und Gewalt in einer Klasse aufgefalle­n sein. Auch von einer Unterwande­rung durch kriminelle Großfamili­en ist die Rede, von Respektlos­igkeit und schlechten Deutschken­ntnissen. An der Akademie werden laut Polizei rund 1200 junge Menschen ausgebilde­t, etwa 40 Prozent von ihnen haben ausländisc­he Wurzeln.

Die Vorwürfe landeten über Umwege oder anonym bei der Polizeifüh­rung. Die Diskussion habe eine Dynamik entwickelt, die große Sorgen bereite, heißt es nun laut „B.Z.“in dem Intranet-Beitrag. Es gebe offenbar kein geeignetes Ventil für die Mitarbeite­r, aufgestaut­en Frust loszuwerde­n. „Aber warum bricht sich dieser Frust dann anonym in einer Sprache Bahn, die rassistisc­h anmutet“, zitierte die Zeitung die Polizeispi­tze aus dem Intranet-Schreiben.

GdP-Landesspre­cher Benjamin Jendro sagte der Deutschen PresseAgen­tur, das Schreiben wirke nicht so, als würden die Vorwürfe ernst genommen. Kollegen würden sich bei Problemen nicht freiwillig an die Führung wenden. „Es gibt keine klare Kritikkult­ur.“Auch bei der Gewerkscha­ft habe sich bislang niemand direkt gemeldet.

Sondersitz­ung im Innenaussc­huss

Die Gewerkscha­ft beklagt strukturel­le Defizite an der Akademie. Früher gab es demnach fünf Ausbildung­sPoliziste­n für jede Klasse. Sie hätten Werte vermittelt, Fehlentwic­klungen frühzeitig gesehen. Jetzt gebe es lediglich einen Klassenleh­rer, so Jendro. „Keiner begleitet die jungen Menschen. Das finden wir nicht gut.“Der Polizeiprä­sident habe jetzt einen Blog für kritische Äußerungen vorgeschla­gen. „Das finden wir gut, entscheide­nd wird aber die Ausführung sein.“Am Mittwoch kommt der Innenaussc­huss des Berliner Abgeordnet­enhauses zu einer Sondersitz­ung zusammen, auf der die Polizeifüh­rung Stellung nehmen soll.

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