Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Raus aus der Schuldenfalle
Bodensee-Airport in Friedrichshafen erwartet Gesellschafter-Darlehen von insgesamt 13,6 Millionen Euro
● FRIEDRICHSHAFEN - Der BodenseeAirport in Friedrichshafen braucht Geld, um aus der Schuldenfalle zu kommen. Und die Gesellschafter, vornehmlich die Stadt Friedrichshafen und der Bodenseekreis, werden wohl zahlen. Insgesamt 13,6 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren. „Weniger darf es nicht sein“, sagte Claus-Dieter Wehr, Geschäftsführer der Flughafen Friedrichshafen GmbH (FFG), am Dienstag, als er die Pläne zur finanziellen Neuordnung des Flughafens vorstellte.
Die wirtschaftliche Lage des Flughafens sieht nicht gut aus: Die Schuldenlast beläuft sich auf etwa 20 Millionen Euro. Investitionen aus der Vergangenheit wie der Ausbau der Terminals und die technische Verbesserung für Landungen bei schlechtem Wetter – ein Vorteil gegenüber dem Flughafen Memmingen – konnten nie refinanziert werden.
Der Flughafen erreichte einerseits nicht die erwarteten Passagierzahlen und andererseits verschärften die Pleiten der in Friedrichshafen beheimateten Fluggesellschaften, der sogenannten Home Carrier, wie die österreichische InterSky und die belgische VLM, die finanzielle Lage. Selbst als InterSky noch erfolgreich flog, gelang es nicht, die Schulden signifikant zu verringern.
Das ist laut einem Gutachten auch das größte Problem. Die Zinsen und Tilgungen fressen die Gewinne auf. So habe seit 2012 das Betriebsergebnis laut Wehr zwar zwischen plus 1,7 und plus 2,7 Millionen Euro gelegen, und man erwarte auch für dieses Jahr ein operatives Plus, aber nach Steuern, Zinsen und Abschreibungen werde für 2017 wie in den vergangenen Jahren insgesamt ein Defizit stehen. Der Verlust 2017 wird wohl rund zwei Millionen Euro betragen – nach Verlusten von jeweils 1,5 Millionen Euro in den zwei Vorjahren.
Um aus dieser Schuldenfalle zu kommen, hat Geschäftsführer Wehr zusammen mit dem Aufsichtsrat des Flughafens und den Gesellschaftern einen Plan erarbeitet. Schon das Gutachten nach der InterSky-Pleite schlug eine umfassende Entschuldung vor, eine Art Schuldenschnitt. So weit scheinen die Stadt Friedrichshafen und der Bodenseekreis, mit je 39, 38 Prozent die größten Gesellschafter, dem Flughafenbetreiber nicht entgegenkommen zu wollen.
Beschlossene Sache ist das Millionendarlehen allerdings auch noch nicht. Die Gremien der Stadt und des Landkreises müssen noch zustimmen. Doch die Zustimmung gilt als sicher, „sonst hätte ich andere Signale bekommen“, sagt Wehr. Schließlich hängen nicht nur rund 700 Arbeitsplätze am Flughafen Friedrichshafen, sondern ein Teil des Darlehens (6,7 Millionen Euro) soll für sicherheitsrelevante Investitionen ausgegeben werden. Der Investitionsbedarf am Bodensee-Airport liege nach eigenen Angaben bei 13,2 Millionen Euro bis 2022. Darunter sind beispielsweise vorgeschriebene Verbesserungen bei der Sicherheitstechnik auf dem Rollfeld, um den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Der Rest des Investitionsbedarfs soll aus dem laufenden Geschäft finanziert werden. Damit bleiben 6,9 Millionen Euro aus der Darlehenssumme übrig für die Tilgung von Schulden und der damit verbundenen Senkung der Zinslast.
Geld vom Land
Weitere Zuschüsse könnten vom Land Baden-Württemberg kommen. Gerade bei den Investitionen für sicherheitsrelevante Technik macht sich FFG-Geschäftsführer ClausDieter Wehr Hoffnung auf Geld vom Land. Das wäre auch mit geltenden EU-Richtlinien konform, so Wehr. Zuschüsse für andere Investitionen müsse man noch „finalisieren“, damit sie EU-Recht entsprechen.
Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“teilte das baden-württembergische Verkehrsministerium mit, dass die Landesregierung „über die Anfrage des Flughafens Friedrichshafen bisher nicht entschieden“hat.
Zur Bedeutung von Regionalflughäfen äußerte sich die Sprecherin generell wohlwollend: „Die kleineren Flugplätze sind [...] für den Geschäftsund Werkflugverkehr von großer Bedeutung. Insgesamt kommt dem Luftverkehr in BadenWürttemberg als Verkehrsträger eine sehr wichtige Rolle bei der Erschließung nationaler und internationaler Ziele zu.“
Direkte Verbindungen zu nationalen Zielen, Ausbau der Drehkreuzverbindungen, Touristik und das bislang eher verschmähte Low-CostSegment, sprich Billigfluglinien wie Ryanair, sind alles Bereiche, die der Flughafen Friedrichshafen in Zukunft weiterentwickeln will. Die entsprechende Nachfrage sei vorhanden und Wehr zeigt sich überzeugt, hier überall positive Entwicklungen verzeichnen zu können. So sollen die Passagierzahlen 2018 auf 570 000 und 2019 auf 660 000 gesteigert werden – 2016 waren es 520 000, 30 000 weniger als 2015.
Doch um diese Ziele zu erreichen, braucht der Bodensee-Airport wieder einen Home Carrier. Die dänische Fluggesellschaft Sun Air of Scandinavia ist eine von drei Fluglinien, die dafür infrage kommen. Doch so dringend man einen fliegenden Partner in Friedrichshafen braucht, so genau schaut man auch hin nach den Pleiten der vergangenen Jahre. Dass in diesem Jahr hier eine Entscheidung fällt, scheint eher unwahrscheinlich.
Eine Video mit Äußerungen von Claus-Dieter Wehr zum Darlehen und den Verhandlungen mit Fluggesellschaften finden Sie auf: