Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Abend endet mit abgebissener Nase
Ein 54-jähriger Mann muss sich vor dem Sigmaringer Amtsgericht verantworten
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SIGMARINGEN/MESSKIRCH - Vor dem Amtsgericht Sigmaringen hat am gestrigen Dienstag ein mehrtägiger Prozess wegen schwerer Körperverletzung begonnen. Angeklagt ist ein 54-jähriger Unternehmer aus Meßkirch. Ende Juni vergangenen Jahres soll dieser bei einer Auseinandersetzung vor der Café Bar „Metropol“in Meßkirch einem 28-jährigen Mann die Nasenspitze abgebissen haben.
Eine Aussage wollte der Angeklagte vorerst nicht machen. Seine beiden Verteidiger aus Stuttgart und Ulm müssten sich noch über die gemeinsame Taktik beraten, sagte der neu hinzugekommene Verteidiger Manfred Gnjidic. Diese würde dann am kommenden Prozesstag am Dienstag, 21. November, folgen. Neben dem 28-jährigen Opfer, der als Nebenkläger und Zeuge vor Gericht fungiert, wurden noch sieben weitere Zeugen geladen.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, in einer Nacht im Juni vergangenen Jahres das Opfer auf der Straße von hinten mit einem Würgegriff attackiert und anschließend so gewaltsam in die Nase gebissen zu haben, dass er ihm dabei die Nasenspitze abriss. Auch wenn es keine direkten Augenzeugen für die Tat gab, konnte keiner der geladenen Zeugen den Angeklagten entlasten. Das engagierte Anwaltsduo versuchte unentwegt, die Zeugen im Laufe ihrer Aussagen in Widersprüche zu verwickeln. Doch um die abgebissene Nase des Opfers kamen sie nicht herum.
Opfer soll den Angeklagten provoziert haben
Ob es sich bei der Attacke um eine Notwehrsituation handelte oder ob der Angeklagte nur eingeschränkt schuldfähig war, muss das Gericht bewerten. Ein Sachverständiger hilft bei der Beurteilung der Situation, denn in der Tatnacht war laut deckender Zeugenaussagen eine Menge Alkohol mit im Spiel. Das Opfer selbst war an der Eskalation des Abends offenbar auch nicht unbeteiligt. Sowohl der Barinhaber als auch die weiteren Zeugen berichteten davon, wie der stark angetrunkene 28Jährige den ebenfalls alkoholisierten mutmaßlichen Täter über den gesamten Abend hinweg in der Bar immer wieder provozierte. Er soll ihn angepöbelt und sogar geschlagen haben. Danach schienen sie sich laut Zeugenaussagen wieder vertragen zu haben, bevor es dann vor der Bar eskalierte.
Die beiden betroffenen Männer kennen sich bereits von vergangenen Auseinandersetzungen. Laut Aussage des Opfers kam es vor etwa sechs Jahren bereits zu einer Schlägerei der beiden, bei der er dem jetzigen Angeklagten aus abwehrender Haltung heraus ins Gesicht schlug. Seitdem sei es immer wieder zu Reibungen zwischen den beiden gekommen. Am Tatabend soll der angetrunkene 28-Jährige den mutmaßlichen Täter immer wieder wegen einer Narbe auf dessen Nase aufgezogen haben. Dabei soll er geprahlt haben: „Das hab ich dir angetan“und „ich bin stärker als du“, wobei er offenbar auf die damalige Schlägerei anspielte. Der Angeklagte soll dabei zwar vorerst ruhig geblieben sein, doch am Ende habe er ihn dann doch attackiert. Laut Aussage des Opfers soll er ihn währenddessen mit den Worten angeschrien haben: „Jetzt siehst du, wie das ist!“
Nase musste mit Gewebe von Stirn replantiert werden
Das Opfer ist fast anderthalb Jahre nach der Attacke immer noch in ärztlicher Behandlung bei einem Spezialisten im Stuttgarter Marienhospital. Kommende Woche wird er bereits zum fünften Mal operiert. Mit den bleibenden Narben an Nase und Stirn wird der 28-Jährige weiterleben müssen. Für die Replantation der abgetrennten Nasenspitze musste ihm gesundes Gewebe von der Stirn entnommen werden, wodurch die beiden Narben entstanden. Außerdem wird er seine Nasenspitze nur noch vermindert spüren können.