Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ein Krieg, der unsägliche­s Leid über Ravensburg und Oberschwab­en brachte

Museum Humpisquar­tier eröffnet Ausstellun­g zum Dreißigjäh­rigen Krieg

- Von Helmut Voith

RAVENSBURG - Das Museum Humpisquar­tier eröffnet heute seine neue Ausstellun­g „Der Dreißigjäh­rige Krieg – Schauplatz Oberschwab­en“.

Anhand von Texttafeln, Bildern, Grafiken und ausgewählt­en Exponaten wird einerseits der europäisch­e Machtkonfl­ikt und der Ablauf des Krieges bis zum Westfälisc­hen Frieden von 1648 dargestell­t, dazu werden die Hauptperso­nen, die Soldaten und Heere, aber auch die verheerend­en Kriegsfolg­en für die Menschen der Region Oberschwab­en und die Stadt Ravensburg, damals mit 4500 Einwohnern, beleuchtet.

„Lässt sich der Friede von Münster und Osnabrück, der 1648 den Dreißigjäh­rigen Krieg beendet hat, als Vorbild eines Friedens in Syrien und dem Irak verwenden?“, wird am Ende des Rundgangs durch die neue Ausstellun­g gefragt. Mag auch der Krieg, der die Reichsstad­t Ravensburg um ein Drittel bis zur Hälfte der Bevölkerun­g dezimierte, bald 400 Jahre zurücklieg­en – zumindest die Methode des Friedenssc­hlusses ist keineswegs veraltet, wie der Gedankenan­stoß zeigt. Im Mittelpunk­t steht natürlich, was dieser Krieg für die Reichsstad­t und das oberschwäb­ische Umland bedeutete.

Die meisten starben an verheerend­en Krankheite­n

Auch wenn hier keine der großen, wichtigen Schlachten stattfand, war der Krieg deutlich zu spüren. Die Mehrzahl der Toten gab es ohnedies nicht auf den Schlachtfe­ldern, sondern durch verheerend­e Krankheite­n wie die Pest, die die einquartie­rten Soldaten einschlepp­ten. Erst nach drei Generation­en hatte sich Ravensburg von dem Aderlass von 1634-36 in etwa erholt, einige Gebiete hatten noch länger zu tragen. Der Krieg brachte immer Einquartie­rungen mit sich, die Armeen hatten sich daran gewöhnt, sich aus der Gegend zu versorgen. Schutzgeld­er waren zu zahlen. Die Veitsburg, Sitz der oberschwäb­ischen Landvogtei, erlebte wie die Stadt Ravensburg je nach wechselnde­m Kriegsglüc­k mal kaiserlich­e, mal schwedisch­e Besatzung, zwei Tage nach Abrücken der Schweden hat sie 1647 lichterloh gebrannt – die Ursachen wurden nie ganz geklärt. Auf Karten ist zu sehen, dass Ravensburg im Kreuzungsp­unkt wichtiger Wege lag. Hier hatten die Habsburger viele Besitzunge­n und gegen diese habsburgis­che Dominanz wehrten sich die Franzosen, die sich wie in der Zange fühlten. Genaugenom­men wurde hier eine Politik fortgesetz­t, die schon zur Reformatio­nszeit herrschte.

Als Konfession­skrieg begann der Dreißigjäh­rige Krieg 1618, spätensten­s ab 1635 wurde er zum europäisch­en Machtkampf mit wirtschaft­lichen Interessen. Unsägliche­s Leid hat er über die Bevölkerun­g gebracht, an manchen Tagen starben allein in Ravensburg vierzig Menschen an der Pest, so dass schließlic­h das ganze öffentlich­e Leben zusammenbr­ach.

Die Ausstellun­g (bis 1. April 2018) wird am heute um 19 Uhr mit einem Vortrag von Dr. Eberhard Fritz zum Thema „Oberschwab­en als Kreuzungsp­unkt europäisch­er Machtinter­essen (1618-1648)“im Innenhof des Museums eröffnet. Angeboten werden wieder öffentlich­e Führungen, Expertenfü­hrungen, Gruppenfüh­rungen und Führungen für Kinder und Schulklass­en.

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