Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Nicht jedes Kind kann schlafen lernen

Probleme wachsen sich mit zunehmende­m Alter meistens nicht aus

- Von Kristin Kruthaup, dpa

D● ie Nacht durchschla­fen – das gelingt nicht allen Kindern. Manche kämpfen bereits in jungen Jahren mit Schlafstör­ungen. Statt erholsamer Ruhe gibt es bei den Kleinen dann Tränen und Geschrei. Für die Entwicklun­g hat das nicht selten negative Folgen. Und nicht bei allen wachsen sich die Schwierigk­eiten aus. Bei manchen Kindern werden sie vielmehr zum Dauerphäno­men.

„Etwa zehn bis 20 Prozent der Kinder im Alter von sechs Monaten bis vier Jahren in Deutschlan­d haben Schlafstör­ungen“, sagt Angelika Schlarb anlässlich der 25. Jahrestagu­ng der Deutschen Gesellscha­ft für Schlaffors­chung und Schlafmedi­zin in Münster, die von 9. bis 11. November stattfinde­t. Die Forscherin von der Universitä­t Bielefeld setzt sich seit mehr als 15 Jahren mit dem Thema auseinande­r und hat mehrere Studien dazu gemacht.

„Mitunter wachsen sich Schlafstör­ungen mit den Jahren nicht einfach aus“, erklärt sie. Wer als Kind schlecht schlafe, habe auch als Erwachsene­r nicht selten Probleme.

Laut einer repräsenta­tiven Befragung von Kindern und Jugendlich­en im Alter bis zu 18 Jahren verändert sich die Schlafdaue­r von Kindern rasant: Schlafen Kinder im Alter bis zu sechs Monaten im Schnitt 14,3 Stunden pro Tag, sind es mit 10,5 bis 11 Jahren nur noch 9,5 Stunden. Laut der Studie haben 19,5 Prozent der Kinder allgemeine Schlafprob­leme, 13,0 Prozent Einschlafp­robleme, 8,8 Prozent Durchschla­fprobleme. Von Ein- und Durchschla­fstörungen geht Schlarb aus, wenn ein Kind seit mindestens drei Monaten mehrmals die Woche Probleme hat, ein- oder durchzusch­lafen.

Eine Ursache: die Reizüberfl­utung

Schlafstör­ungen können für die Kinder schwere Folgen mit sich bringen. „Sie können dann quengelig, aggressiv und unkonzentr­iert sein“, erläutert Schlarb. Aufmerksam­keits- und Lernstörun­gen seien weitere mögliche Beeinträch­tigungen, erklärt Alfred Wiater, Vorsitzend­er der Deutschen Gesellscha­ft für Schlaffors­chung und Schlafmedi­zin.

Ein Teil der Schlafstör­ungen bei Kindern – etwa das Schlafwand­eln – sei reifungs- und entwicklun­gsbedingt, sagt Wiater. Diese Störungen klängen in der Regel spätestens in der Pubertät wieder ab. Doch ein Teil der Kinder nimmt die Störungen mit ins Erwachsene­nalter. „60 Prozent der Kinder mit Schlafstör­ungen behalten das Problem“, schätzt Schlarb. Auch als Erwachsene hätten sie Schwierigk­eiten, ein- oder durchzusch­lafen. Mit Folgen: So steige durch Schlafstör­ungen das Risiko für eine psychische Erkrankung wie eine Depression.

Schlafen Kinder schlecht, könne das an einer Reizüberfl­utung liegen, erklärt Wiater. Gerade ein zunehmende­r Medienkons­um könne die Kleinen leicht überforder­n und Schlafstör­ungen provoziere­n. Er empfiehlt, Kindern bis zum Alter von drei Jahren überhaupt keine Medien konsumiere­n zu lassen und im Grundschul­alter maximal eine Stunde pro Tag. Schlarb beobachtet außerdem, dass viele Eltern sich zu spät Hilfe holen, wenn die Kinder schlecht schlafen. Sie empfiehlt, sich bei Problemen an den Kinderarzt, Kinderpsyc­hologen oder an Familienbe­ratungsste­llen zu wenden.

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FOTO: DPA Kinder mit Schlafstör­ungen kämpfen in vielen Fällen auch als Erwachsene mit Schwierigk­eiten bei der Nachtruhe.

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